Die SPÖ-Blockade würde vor allem den Klimaschutz treffen

Die SPÖ will nicht mehr mit der Regierung zusammenarbeiten. Und zwar so lange, bis diese „preissenkende Maßnahmen“ setzt. Das verkündete Parteichefin Pamela Rendi-Wagner am Freitag. Die SPÖ-Blockade trifft alle Gesetze, die eine Verfassungsänderung und die Stimmen von SPÖ oder FPÖ benötigen: Diese muss das Parlament mit einer Zweit-Drittel-Mehrheit beschließen. Und das trifft hauptsächlich noch offene Energiegesetze, die von den Grünen forciert werden. Wenig verwunderlich, dass die Grünen die SPÖ nun besonders laut kritisieren.
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Was fordern die Roten jetzt konkret? Etwa Preisbremsen auf Wohnen und Heizen oder eine Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel. Es gehe nicht darum, „die SPÖ-Vorschläge eins zu eins umzusetzen“, heißt es auf KURIER-Anfrage. Die SPÖ hat also keine fixe Vorgabe, was die Regierung beschließen muss, damit sie im Bund wieder mitarbeitet.
Welche Gesetze nun zu scheitern drohen – und warum die Blockade ein riskanter Schachzug ist.
Erneuerbaren-Wärme-Gesetz: Das EWG soll regeln, dass es in Österreich ab 2035 keine Öl- und ab 2040 keine Gasheizungen mehr gibt. Das betrifft vor allem die Stadt Wien – weshalb der Wiener SPÖ eine schnelle Lösung recht sein müsste. Wer dieses Gesetz bisher blockierte, ist nicht ganz klar. Die Regierung behauptet: die SPÖ. Die SPÖ meint: die ÖVP. ÖVP und Grüne hätten sich prinzipiell auf eine Regelung geeinigt.
Energieeffizienzgesetz: Das EEG definiert Energiesparziele für Bund und Länder. Es handelt sich um eine EU-Richtlinie. Setzt Österreich diese nicht um, drohen Strafzahlungen von mindestens sieben Millionen Euro. ÖVP und Grüne haben sich auf eine Vorlage geeinigt. Die SPÖ hat diese schon bisher blockiert und bezeichnet sie als „nicht beschlussfähig“. Auch weitere Energiegesetze wären betroffen. Die Grünen müssten die ÖVP ohnehin schon drängen, diese Gesetze zu beschließen, kritisiert Lukas Hammer, grüner Energiesprecher. Die SPÖ-Blockade freue die Wirtschaftskammer.
Informationsfreiheitsgesetz: Diesen Sommer sollte es nach zähen Verhandlungen endlich so weit sein: Türkis-Grün will das Amtsgeheimnis abschaffen. Nachdem bisher vor allem die Länder und Gemeinden blockierten, ist es nun zuvorderst die SPÖ.
Verbotsgesetz: Auch das wäre Zwei-Drittel-Materie: ÖVP und Grüne haben sich vergangenen November darauf verständigt, noch schärfer gegen NS-Wiederbetätigung und Rechtsextremismus vorzugehen. Wie? Das „koordinieren“ sie derzeit noch.
Für ÖVP verkraftbar
Strategisch durchdacht sei das Vorgehen der SPÖ nicht, sagt Politikberater Thomas Hofer zum KURIER: „Man gibt der Regierung die Möglichkeit, der SPÖ alle Punkte, bei denen ohnehin nichts weitergeht, in die Schuhe zu schieben. Das könnte ein Running Gag werden.“
Zudem hätten Energiegesetze bei der ÖVP ohnehin keine Priorität, meint Hofer. „Jetzt können sich die Grünen an der SPÖ abarbeiten.“ Eventuell bis zum dem Ende der Legislaturperiode, im Herbst 2024. Hofer stellt infrage, ob der SPÖ Fundamentalopposition für einen so langen Zeitraum nützt: „Im Gegensatz zur FPÖ hat die SPÖ ein sehr starkes staatstragendes Element. Sie war für Jahrzehnte Kanzlerpartei.“
"Täter-Opfer-Umkehr"
Auch wenn die Ankündigung nicht abgesprochen war: Rendi-Wagner erhält unerwartete Schützenhilfe von Widersacher Hans Peter Doskozil. Die Regierung sei nicht mehr handlungsfähig, sagt Roland Fürst, SPÖ-Landesgeschäftsführer im Burgenland: „Sie betreibt jetzt eine wehleidige Täter-Opfer-Umkehr.“
Der dritte Kandidat für die SPÖ-Spitze, Andreas Babler, äußert sich pragmatischer: „Wenn ein Gesetz gut ist und Verbesserungen für die Bevölkerung bringt, sollte man zustimmen – ist es ein schlechtes Gesetz, dagegen.“
Montag, 8. Mai
Vizekanzler Werner Kogler, Sozialminister Johannes Rauch (beide Grüne) und Agrarminister Norbert Totschnig (ÖVP) treffen sich mit rund 40 Vertretern der Handelsbranche zu einem Lebensmittelgipfel. Danach gibt es viel Kritik, weil keine wirklichen Ergebnisse vorgelegt werden können.
Dienstag, 9. Mai
Um das negative Bild des gescheiterten Lebensmittelgipfels rasch wegwischen zu können, wird in der Regierung intensiv über ein Anti-Teuerungspaket verhandelt. Am Abend sickert durch, dass man bereits am Mittwoch beim Ministerrat etwas vorlegen kann.
Mittwoch, 10. Mai
Nach dem Ministerrat präsentieren Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) das Anti-Teuerungspaket der Regierung. Die zentralen Punkte sind die Energiekonzerne, die Lebensmittelpreise und die Bundesgebühren.
Freitag, 12. Mai
Wirtschaftsminister Martin Kocher trifft sich mit Ökonomen und der Wettbewerbsbehörde, um über mehr Preistransparenz im Lebensmittelhandel zu diskutieren. In der kommenden Woche will er Maßnahmen vorlegen. Im Parlament findet auf Antrag der SPÖ eine Sondersitzung zur Teuerung statt. Alle Misstrauensanträge der Opposition gegen die Bundesregierung finden keine Mehrheit. Genauso der Antrag für eine Millionärssteuer.
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