Interviews mit Erwin Pröll sind eine Seltenheit. Der frühere Landeshauptmann hat sich zur Regel gemacht, die Tagespolitik nicht groß zu kommentieren.
Umso bemerkenswerter ist, welch’ klaren Ratschlag Pröll am Donnerstag für den früheren ÖVP-Chef bereit hielt. „Wenn jemand wie Sebastian Kurz agiert, muss er aufpassen, dass nicht jemand auf die Idee kommt, er (Kurz, Anm.) habe das Amt um seiner selbst willen und nicht der Republik willen ausgeübt“, sagt Pröll in der Kronenzeitung – und empfiehlt dem vormaligen Kanzler einen „klaren Rückzug“.
Warum fühlt sich ein Kaliber, wie Pröll bemüßigt, Klarheit einzufordern, wo doch Kurz ohnehin beteuert, keine Lust auf Politik zu haben?
Das ist unter anderem damit zu erklären, dass die „Kurz-Frage“ in der ÖVP offensichtlich bis heute nicht geklärt ist, im Gegenteil: Je hartnäckiger der unfreiwillig Gegangene versichert, er wolle nicht retour, desto schneller steigt der Erklärungsbedarf im Team Nehammer.
Genährt wird die Skepsis der Kurz-Beobachter durch diverse „Indizien“: Da ist die weidlich bekannte Tatsache, dass sich in Kurz’ Innenstadt-Büro einige alte Mitstreiter – darunter die Ex-Minister Elisabeth Köstinger und Gernot Blümel – eingemietet haben.
Dem nicht genug, sorgt das Timing der Kurz-Auftritte für Getratsche in der Partei.
Das jüngste Beispiel liegt nur zwei Wochen zurück: Florian Tursky lud auf eine Wiener Bude. Der Staatssekretär galt schon vor seiner Zeit in der Bundesregierung als Kurz-Vertrauter im Westen, man ist seit geraumer Zeit befreundet. Zu seinem 35. Geburtstag richtete Tursky nun ein Fest im Haus der Rudolfina Wien aus, eine Hundertschaft an Gästen war geladen, darunter Karl Nehammer und Sebastian Kurz. Doch wie es der Zufall wollte, trafen die beiden nicht aufeinander. Erst als Nehammer gegangen war, mischte sich sein Vor-Vorgänger unter die Partygäste.
War’s ein sorgfältig abgestimmtes Manöver, damit man einander aus dem Weg geht? Mitnichten, heißt es im Kanzleramt, wo man derartige Vermutungen mit einem Schmunzeln abtut. „Der Karl musste an dem Abend einfach früher weg, sonst wäre er geblieben. Aber Sebastian und er verstehen sich blendend, sie haben sich halt ausnahmsweise einmal nicht getroffen“, heißt es im Umfeld des ÖVP-Chefs, der am Donnerstag von Journalisten auf das Pröll-Interview angesprochen wurde. Nehammers Antwort: „Ich schätze beide sehr (Pröll und Kurz, Anm.).“
Der eine, Pröll, sei ein wichtiger „Lehrmeister“. Und Kurz habe das gute Recht, sich zu wehren, wenn er sich im Unrecht sehe. So seien auch dessen öffentliche Auftritte zu erklären.
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