Die zwei Politik-Erklärer sind bisweilen Politik-Verteidiger. „Ich habe geradezu den pawlowschen Reflex gegen die Behauptung, früher wäre alles besser gewesen“, sagt Filzmaier. „Früher waren wir nicht einmal eine Demokratie – und zusätzlich ist alles viel komplexer geworden.“
Soll heißen: Den Problemen, mit denen die Politik heute zu kämpfen habe, könne man nicht länger mit „Insel-Lösungen im kleinen Österreich“ begegnen. Fragen wie die Teuerung und Klimakrise seien nur in Europa oder global zu lösen.
Und auch, was die Medienlandschaft angeht, wurde einiges schwieriger. „Es gibt unendlich viel mehr Medienkanäle“, sagt Wolf. „Den ganzen Tag strömen Informationen auf uns ein. Und den Menschen ist dabei nicht immer klar, was davon auch nur annähernd stimmt.“
Charisma
Die Bürger seien deshalb aber keineswegs dümmer als früher. „Der Informationsbedarf ist einfach viel größer.“
Das schlechte Image von Politik und Politikern erklärt Wolf unter anderem mit der neuen Nähe: „Wir wünschen uns oft Politiker mit Charisma und Aura. Aber dazu braucht es auch eine gewisse Distanz zum Publikum.“
Durch die sozialen Medien sei diese weitgehend verloren gegangen. „Politiker stehen 24 Stunden unter Dauerbeobachtung. Das hält niemand aus, und vor allem: Wenn man jemanden 24 Stunden lang beobachtet, werden die kleinsten Schwächen und Unzulänglichkeiten deutlicher sichtbar. Niemand kann ununterbrochen perfekt sein.“
Frustration
Was nicht bedeutet, dass manche Probleme nicht hausgemacht wären. Filzmaier bringt ein Beispiel: „Wenn Politiker dummdreiste Wahlversprechen abgeben, sorgen sie später fast zwingend für Enttäuschung.“
Und wenn diese Versprechen, wie jetzt, auf Wähler mit überzogenen Erwartungen treffen, die sich von Politikern „Instant-Lösungen in Sekundenschnelle“ erwarten, ist die Frustration am Ende maximal.
Wie hält man sie widerstandsfähig, die Demokratie? Die Experten haben eine schlichte Antwort: „Bildung.“ Nur sie helfe, Verschwörungsmythen und autoritäre Tendenzen einzudämmen.
Das Dilemma sei nur: „Wenn ich Jahre oder Jahrzehnte etwas versäumt habe, brauche ich Jahre und Jahrzehnte, um ordentlich gegenzusteuern.“
Infos zum Buch finden Sie hier.
Kommentare