U-Ausschuss: Wie Pink bei Rot-Blau in Ungnade fiel

Stephanie Krisper, Kai Jan Krainer und Christian Hafenecker bildeten schon im Ibiza-U-Ausschuss ein ungewöhnliches Trio. Dass die Fraktionschefs von Neos, SPÖ und FPÖ so eng (und so harmonisch) zusammenarbeiteten, überraschte politische Beobachter.
Im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss setzte das Trio seine Zusammenarbeit ab Dezember 2021 fort. Ladungen, Akten, Strategie – all das haben die Oppositionsfraktionen miteinander geplant.
Bis jetzt. Das Trio ist Geschichte.
Krisper scherte aus, als sie ihre beiden Kompagnons vergangene Woche via Kleine Zeitung wissen ließ, dass die Neos einer Verlängerung des U-Ausschusses nicht zustimmen würden.
FPÖ und SPÖ wollen verlängern, ohne Neos geht es aber nicht. Alle Fraktionen, die den U-Ausschuss eingesetzt haben, müssten zustimmen – und das sind eben diese drei. Der U-Ausschuss endet damit planmäßig am 7. Dezember.
Rot und Blau nehmen das der pinken Kollegin merklich übel. Nicht nur, weil sie die Entscheidung vorab nicht mit ihnen besprochen hat. Auch der Zeitpunkt sei unklug.
Man könne davon ausgehen, heißt es, dass die Disziplin bei Ladungen und Aktenlieferungen ab jetzt deutlich abnehmen werde. Schlicht deshalb, weil die Betroffenen keine Konsequenzen mehr zu fürchten haben.
Bis beispielsweise eine Beugestrafe verhängt ist, ist der U-Ausschuss schon vorbei – in weniger als zwei Monaten ist Schluss.
Reformen statt weitere Fragen
Krisper erklärt, die Entscheidung, den U-Ausschuss auslaufen zu lassen, sei „intern“ bei den Neos gefallen. Grund: Die Mechanik der türkisen Postenbesetzungen, Auftrags- und Inseratevergaben sei im Wesentlichen geklärt: „Partei-Vertraute reinsetzen, dann die Kassa des Selbstbedienungsladens plündern.“
Anstatt im U-Ausschuss noch weitere Beispiele herunterzudeklinieren, sollte man sich jetzt auf die nötigen Reformen konzentrieren.
Kommende Woche wird im U-Ausschuss noch einmal der Themenkomplex NPO-Fonds beleuchtet. Auf Ladung der ÖVP werden zwei Personen befragt. Donnerstag ist „Innenministerium-Tag“ (siehe Kasten unten), darauf haben sich SPÖ, FPÖ und Neos zuletzt noch verständigt. Ab sofort werden die Karten aber neu gemischt.
Kommende Woche
werden Mitarbeiter des Austria Wirtschaftsservice (aws) zum Thema Covid-Hilfen befragt.
Donnerstag ist „Innenministerium-Tag“: Geladen sind eine Ex-Leiterin im Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) und Bundespolizeidirektor Michael Takàcs. Andreas Holzer, Chef des Bundeskriminalamts, hat abgesagt. Weitere Ladungen sind offen.
Am 7. Dezember
soll die Beweisaufnahme enden. Der Verfahrensrichter schreibt einen Abschlussbericht, ebenso die Fraktionen. Der Bericht dürfte im Jänner bzw. Februar im Nationalrat diskutiert werden.
Neos nicht erwünscht
Ladungsliste und Termine müssen SPÖ und FPÖ zwar weiterhin mit den Neos besprechen – sie sind ja, wie erwähnt, Teil der Minderheit, die den U-Ausschuss eingesetzt hat.
Bei strategischen Besprechungen sind die Pinken dem Vernehmen nach aber nicht mehr erwünscht. Rot und Blau wollen diese Woche unter sich verhandeln, wie die verbleibende Zeit genutzt wird.
Möglich ist, dass dem Wirecard-Skandal eine Befragungswoche gewidmet wird. Und: Thomas Schmid, Schlüsselfigur in den ÖVP-Chats, fehlt noch. Trotz mehrmaliger Ladung ist er nicht aufgetaucht.
Neuer U-Ausschuss?
Die Grünen wollen Ex-Kanzler Sebastian Kurz noch einmal laden, ein weiterer Wunschkandidat wäre Immobilieninvestor René Benko. Drängend wäre für Fraktionschefin Nina Tomaselli das Thema Abhängigkeit vom russischen Gas – dazu könnte sie sich auch einen eigenen U-Ausschuss vorstellen, sagt sie zum KURIER.
Die ÖVP-Fraktion hat bis auf Weiteres keine Pläne mehr. Dass der U-Ausschuss nicht verlängert wird, habe sich abgezeichnet, sagt Andreas Hanger: „Seit Wochen und Monaten werden enorme Ressourcen eingesetzt, aber keine nennenswerten Erkenntnisse erzielt. Der U-Ausschuss war ein heilloses Durcheinander.“
Hoffnung bis zum Schluss
Die Fraktionschefs von SPÖ und FPÖ, Krainer und Hafenecker, wollen sich auf KURIER-Nachfrage noch nicht festlegen – „aus Rücksicht aufeinander“, wie beide betonen. Aus dem Trio ist ein Duo geworden.
Ganz gibt Krainer die Hoffnung aber noch nicht auf: „Wer weiß, was in zwei Monaten ist“, sagt er. Die Neos hätten bis zum letzten Tag die Chance, umzuschwenken und einer Verlängerung doch noch zuzustimmen.
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