U-Ausschuss: Neuer brisanter Vorwurf in Eurofighter-Affäre

Hamberger äußerte neue Verdachtsmomente
Der Vertrag zum Ankauf der Kampf-Jets könnte im letzten Moment zum Nachteil der Republik manipuliert worden sein.

Auch in seiner dritten Auflage ist der Eurofighter-U-Ausschuss noch für Überraschungen gut: Wie bei der Befragung des Eurofighter-Task-Force-Leiters Hans Hamberger am Donnerstag herauskam, könnte der Eurofighter-Vertrag im letzten Moment vor der offiziellen Unterzeichnung im Jahr 2003 noch zum Nachteil der Republik manipuliert worden sein.

Neuer brisanter Vorwurf in Eurofighter-Affäre

Schlechtere Tranche "liefern" statt nur "anbieten"

In der ursprünglichen Version hatte der Hersteller die Möglichkeit, Österreich Flieger der schlechteren Tranche 1 anzubieten, wenn er die vereinbarte Tranche 2 nicht liefern hätte können. Die Republik hätte das aber nicht annehmen müssen. Über ein Wochenende im Juni 2003 wurde die Passage verändert, das Wort "anbieten" sei ersetzt worden durch "liefern", schilderte Hamberger. Daraus ergab sich, dass Eurofighter Flieger der Tranche 1 liefern durfte - und nicht bloß anbieten. Die Republik hätte nichts dagegen tun können.

Laut einer erst jetzt aufgetauchten Notiz von Airbus-Anwälten, hat sich der für das Verteidigungsministerium zuständige Vertragsverhandler und -unterzeichner Edwin Wall am Samstag (28. Juni 2003) vor der Unterzeichnung am Montag (30. Juni 2003) mit einem Airbus-Manager getroffen, sagte Hamberger. Am Sonntag (29. Juni) habe Wall den von der Revision des Verteidigungsministeriums (BMLV) bereits abgesegneten und versiegelten Vertrag neuerlich geöffnet, um ihn "auf die Unterzeichnung vorzubereiten". Das geht laut Hamberger aus einer Notiz aus dem BMLV hervor.

Nadel im Heuhaufen gefunden?

Vor der Staatsanwaltschaft habe Wall ausgesagt, zu diesem Vorgang keine Angaben machen zu können, sagte Hamberger am Ende seiner Befragung. Er sehe dies nun als "Auftrag" für den U-Ausschuss, diese Sache aufzuklären, was für großes Interesse sorgte. Seine Befragung durch die Abgeordneten war zu diesem Zeitpunkt schon zu Ende, so dass er dazu nicht weiter befragt werden konnte.

Dass die Hinweise erst jetzt auftauchen, liegt offenbar daran, dass Hamberger gezielt gesucht habe und es geschafft habe, "die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen zu finden", wie es ein Abgeordneter ausdrückt.

Ex-Beamter weist Anschuldigungen zurück

Wall weist die Anschuldigungen gegenüber dem KURIER als „absurd“ zurück: „Die Finanzprokuratur und die Revision waren zu jedem Zeitpunkt eingeschaltet. Manipulation ist da ausgeschlossen.“  

Veränderungen an dem Text seien auch nicht möglich gewesen, da dieser zu diesem Zeitpunkt schon „gestempelt und gesiegelt“ gewesen sei, so Wall. Auch ein Treffen mit einem Airbus-Manager habe es zu dem Zeitpunkt nicht gegeben. 

Neos sehen "Knalleffekt", Pilz großen Schritt zur Aufklärung

Von einem "Knalleffekt" sprach Neos-Fraktionsführer Michael Bernhard“Die Position der Republik Österreich hat sich dadurch massiv verschlechtert", sagt Bernhard. Durch diese "Ersetzungsbefugnis", wie Bernhard es nennt, habe die Republik dem EADS-Konzern "hochoffiziell gestattet, auch veraltete Flieger liefern zu dürfen, ohne irgendwelche Konsequenzen". Der Wert des Vertrages hebe sich "über das Wochenende extrem verschlechtert, während der Kaufpreis völlig gleichgeblieben ist.”  

Peter Pilz (Jetzt), der krankheitsbedingt nicht im Ausschuss war, sprach von einem "großen Schritt zur Aufklärung". "Das ist unglaublich, für mich war Edwin Wall immer einer der Hauptverdächtigen", sagte Pilz. "Mit diesen neuen Beweisen sind wir der Klärung des Falles einen großen Schritt näher", sagte Pilz.

Pilz hatte als Ausschussvorsitzender 2007 von einem Hinweis auf angebliche - und damals unbewiesene - "beträchtliche Vermögenszuwächse" bei Wall während der Eurofighter-Beschaffung gesprochen. Der Beamte bezeichnete diesen Vorwurf bei seiner Befragung damals als "existenzbedrohend" und wies die Anschuldigung zurück.

Keine neuerliche Ladung vor den Ausschuss

Zu klären ist freilich, ob sich die aktuellen Manipulationsvorwürfe bestätigen. Pilz und Bernhard wollen Wall so schnell wie möglich in den Ausschuss laden. Dazu wird es aber vorerst nicht kommen: ÖVP, FPÖ und SPÖ haben den Neos-Antrag auf Ladung Walls abgelehnt, da dieser ja bereits mehrmals vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt habe.

Neos und Liste-Jetzt reagierten empört. ÖVP, FPÖ und SPÖ seien offensichtlich nicht an einer Aufklärung der Causa interessiert.

Task-Force-Leiter verteidigt Klage

Die Klage der Republik gegen Airbus verteidigte Hamberger bei seiner Befragung vehement. Ein vom Landesgericht Wien in Auftrag gegebenes Gutachten über die Lieferfähigkeit der Eurofighter stellte der Generalmajor am Donnerstag massiv infrage.

Dieses Gutachten des Schweizer Experten Jürg Weber ist im Ausschuss heftig umstritten. Die Opposition hält es wie Hamberger für sehr hinterfragenswert. So habe Eurofighter im Verfahren zunächst Einspruch gegen den Gutachter eingelegt und diesen zurückgenommen, als das Gutachten vorgelegen ist. Das Gutachten bescheinigt Eurofighter, keine Lieferschwierigkeiten gehabt und Österreich immer richtig über die Lieferfähigkeit informiert zu haben.

Dieser Befund widerspricht diametral der Klage der Republik, diese zielt nämlich auf Betrug und arglistige Täuschung in Bezug auf die Lieferfähigkeit ab. Hamberger warf dem Gutachter "Befangenheit" vor. Er habe diesen nur ein Mal getroffen und sei "schockiert" gewesen, so Hamberger wörtlich. Der Gutachter habe bei diesem Gespräch gesagt, dass er schon wisse, was bei seinem Gutachten herauskommen werde, bevor er begonnen habe, dieses zu erstellen.

Objektivität des Gutachters bezweifelt

Weber habe gesagt, "er weiß, was rauskommt, aber fangen wir an". Im Gutachten fänden sich "fast idente Passagen wie bei Airbus". "Der Gutachter ist aus meiner Sicht befangen", sagte Hamberger und sah nun die Justiz gefordert, die Objektivität des Gutachters zu prüfen. Das Ministerium habe jedenfalls entsprechende Anträge gestellt.

Hamberger zitierte aus zahlreichen Eurofighter-internen Dokumenten, aus denen hervorgeht, dass Eurofighter nicht vertragsgemäß lieferfähig war. So sei in einem Schreiben die Rede davon, dass "die vereinbarte Lieferung von Tranche 2 (im Jahr 2007, Anm.) illusorisch ist". Inwiefern die verantwortlichen Politiker in Österreich darüber informiert waren, wisse er nicht, dazu gebe es keine Unterlagen, so Hamberger. Aber auf Nachfragen von Beamten des BMLV habe es seitens der Jet-Hersteller "immer geheißen, dass alles in Ordnung ist". Und das sei "die arglistige Täuschung", so der Generalmajor.

Warum der mittlerweile vom Fall abgezogene Staatsanwalt Michael Radasztics diesen Gutachter beauftragt habe, beantwortet Hamberger damit, dass es schwierig sei, im deutschsprachigen Raum einen Sachverständigen zu finden, der keine Berührungspunkte mit den Eurofighter-Herstellern habe. Das habe Staatsanwalt Radasztics ihm so erklärt, führte Hamberger aus.

ÖVP kritisiert Zusammenarbeit mit Pilz

Den Vorwurf der FPÖ, dass die Klage der Republik "politisch motiviert sei", wies er entscheiden zurück. Es sei "sachlich und korrekt gearbeitet" worden. Er würde diese Klagen heute nicht nur noch einmal einbringen, als Beamter müsste er das sogar tun. Vom ÖVP-Versuch, die Rolle von Jetzt-Gründer Peter Pilz bei der Klagserhebung als fragwürdig darzustellen, zeigte sich Hamberger unbeeindruckt. Pilz sei immer ein Träger von Informationen gewesen, daher habe er als Task-Force-Leiter mit ihm - wie mit jedem anderen Informanten - Kontakt aufgenommen, rechtfertigte er die Zusammenarbeit.

Über den Eurofighter-Vertrag sagte Hamberger wörtlich: "Es war nicht der beste aller Verträge, wenn ich es doch zynisch sagen darf."

U-Ausschuss: Neuer brisanter Vorwurf in Eurofighter-Affäre

Peschorn bei einer früheren Sitzung des U-Ausschusses

Peschorn rechnet mit baldigem Verfahren

Als weitere Auskunftsperson war heute der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, geladen. Zu dem von Hamberger geäußerten Verdacht, es könnte 2003 beim Thema Ersatzbefugnis im letzten Moment zu einer Vertragsänderung zum Nachteil der Republik gekommen sein, konnte Peschorn noch nichts sagen. Er sprach von einer sehr neuen Entwicklung, die man sicher in die Bewertung einbeziehen werde.

Peschorn hält es allerdings für möglich, dass die Causa Eurofighter innerhalb eines Jahres vor Gericht landen könnte. Das rechtliche Vorgehen gegen Airbus verteidigte er vehement. "Ich gehe davon aus, dass man nicht der Republik Österreich entgegengekommen ist, sondern dass man die Republik Österreich betrogen hat", sagte er am Donnerstag im U-Ausschuss.

Der Ansatz der Strafanzeige der Republik sei deshalb auch der Betrug, nämlich die Täuschung über den Kaufgegenstand und den Wert. Korruption oder Zahlungsflüsse an politische Entscheidungsträger oder Beamte müssten dafür nicht nachgewiesen werden: "Nichts von dem ist Bestandteil des Skeletts der Überlegungen der Anzeige."

Deutliche Kritik äußerte Peschorn - als Anwalt der Republik auch Mitglied der Eurofighter-Task Force des Verteidigungsministeriums - am Tempo der Justiz in der Vergangenheit. "Ich glaube, dass man rasch ermitteln kann und mehr als vier Personen in zwei Jahren vernehmen kann, wie das in der Vergangenheit der Fall war", sagte er. Den Zeithorizont für ein Verfahren schätzte er auf zwölf Monate, "wenn man das mit Akribie und Nachdruck macht".

Diagramm mitgebracht

Dem U-Ausschuss streute Peschorn für die bisherigen Befragungsergebnisse Rosen. Als Zeichen der Hochachtung brachte er den Abgeordneten ein Diagramm mit, in dem alle aus dem Strafakt bekannten relevanten Zahlungsflüsse mit Airbus "im Mittelpunkt dieser Spinne" sowie die über das Vector-Netzwerk abgewickelten 114 Mio. Euro angeführt waren. Speziell wies er auf den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly hin, ohne ihn namentlich zu nennen.

Kein gutes Haar ließ er - wie auch schon Task Force-Leiter Hans Hamberger - am Gutachten des Schweizers Jürg Weber zur seinerzeitigen Lieferfähigkeit des Flugzeugherstellers. Weber habe eine "unglaubliche Nähe" zum Beschuldigten (also zu Eurofighter/Airbus) gezeigt. Sein Gutachten leide unter "schweren Mängeln" und entspreche zur Gänze nicht den Anforderungen des Obersten Gerichtshofs.

Wichtig sei jedenfalls, "dass die Republik geschlossen ist, denn das führt dazu, dass der andere an den Verhandlungstisch kommt", formulierte Peschorn einen Appell an die Politik. Er spielte damit vermutlich auf kolportierte jüngste Kontakte seitens der türkis-blauen Regierung mit Airbus an. Die SPÖ-Frage, ob er eine neuerliche Auftragsanbahnung mit dem Unternehmen für politisch vertretbar halte, wollte er dann aber doch nicht beantworten: "Ich bin Anwalt der Republik und versuche die Steuerzahler zu vertreten. Ich kann da über Parteipolitisches keine Angaben machen."

Verfahren in den USA bleibt geheim

Wenig Erhellendes ergab die Befragung des dritten Zeugen des Eurofighter-U-Ausschusses am Donnerstag. Anwalt Stephan Hutter verteidigte die hohe Vertraulichkeit rund um die österreichische Sachverhaltsdarstellung bezüglich des Vorgehens gegen Airbus an die USA.

Hutter hatte die Republik hier bei der Einreichung unterstützt und betonte im Ausschuss, dass Vertraulichkeit und das Vermeiden von "Leaks" in der Zusammenarbeit mit dem US-Department of Justice von hoher Bedeutung sei. Ob nun in den USA ein Verfahren anhängig sei oder nicht, wisse er nicht.

Warum die Causa auch in den USA ein Thema sei, hatte zuvor schon Finanzprokuratur-Chef Wolfgang Peschorn erläutert. Österreich habe insbesondere über die OSZE internationale Verpflichtungen, als Republik beim Verdacht von Korruption oder unlauterem Verhalten im Wettbewerb auch anderen Ländern zu ermöglichen, eine Verfolgung aufzunehmen. Die Causa habe jedenfalls einen klaren US-Bezug.

Eurofighter-U-Ausschuss

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