U-Ausschuss: Lehren aus dem Kurz-Urteil
Im Mai mündlich verkündet, liegt nun auch das schriftliche Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Wien vor, das Ex-Kanzler Sebastian Kurz bescheinigt, im Ibiza-U-Auschuss nicht gelogen zu haben.
Das Urteil ist insofern bemerkenswert, als man es als Handlungsanleitung verstehen könnte, wie Abgeordnete im U-Ausschuss Auskunftspersonen sinnvoll befragen.
Vorab noch einmal der Sachverhalt: Nachdem Sebastian Kurz im Juni 2020 befragt worden ist, ob er als Kanzler in die Besetzung der Aufsichtsräte der Öbag eingebunden war, hatte dieser geantwortet, von „Überlegungen und Gesprächen“ im Finanzministerium gewusst und „manchmal mehr, manchmal weniger informiert“ worden zu sein.
Wahrheitspflicht
Einzelne Abgeordnete und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sahen darin den Tatbestand der Falschaussage. Kurz habe seine Rolle und sein Wissen kleingeredet und damit unvollständig geantwortet.
Der Erstrichter folgte der Ansicht. Die zweite Instanz, das OLG, sah die Sache völlig anders – und sprach Kurz frei.
Spannend ist: Laut OLG kann man sich sehr wohl durch das bewusste Weglassen von Informationen der Falschaussage schuldig machen. Bei Kurz sei das aber nicht passiert.
Vielmehr ist der OLG-Senat der Meinung, dass die gestellte Frage verschiedene Themen beinhaltete, nämlich: Ob er allgemeine Wahrnehmungen zur Besetzung der Aufsichtsräte hat und, zweitens, ob er selbst in die Entscheidung eingebunden war. Auf den zweiten Teil der Frage ging kurz laut OLG nie ein. Und da ihn die Parlamentarier nicht konsequent zu allen Aspekten der Doppelfrage befragt haben, könne keine Falschaussage feststellen.
Für die Abgeordneten bedeutet die OLG-Entscheidung, dass sie bei künftigen Auskunftspersonen mehrere Dinge beherzigen müssen: Erstens sollten die Fragen nicht zu kompliziert sein. Denn bei Auskunftspersonen kommt es vor, dass sie nur Teil-Aspekte beantworten, das ist noch keine Lüge.
Ein weiterer Punkt ist das Nachfragen: Nur wenn Auskunftspersonen auf präzise Nachfragen keine oder irreführende Antworten geben, kann man eine Falschaussage in Erwägung ziehen.
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