Diese Premiere war dem Staatsoberhaupt dann sogar ein kurzfristig anberaumtes Pressestatement wert. Van der Bellen kommentierte die Causa so: „Die Situation mag überraschend sein, nicht aber für die Bundesverfassung“.
Allerdings sind die Wege, die dem Bundespräsidenten offen stehen, die Maßnahme durchzuführen, durchaus pikant: Laut Verfassung stehen dem Staatsoberhaupt alle Landes- und Bundesbehörden einschließlich des Bundesheeres zur Verfügung. Überspitzt formuliert könnte Van der Bellen das Bundesheer ins Finanzministerium schicken, um die geforderten Unterlagen für den Ibiza-U-Ausschuss sicherzustellen. Seit zwei Monaten weigert sich Finanzminister Blümel, Mails in der Causa ÖBAG zu liefern.
Für die Opposition ist diese Entscheidung des VfGH eine „politische Bombe“, wie es Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger nennt. „Hier sieht man wieder einmal, dass Sebastian Kurz und Gernot Blümel glauben, dass die Gesetze für sie nicht gelten“, kommentiert SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer die Entwicklung.
Zu einer tatsächlichen Exekution kam es nicht. Blümel hatte dem Bundespräsidenten in einem Telefonat versichert, dass er alle geforderten Unterlagen liefern würde. Und das geschah dann auch.
„Wenn alle Unterlagen vollständig eingelangt sind, erübrigt sich die Exekution“, meinte Van der Bellen.
"Ein fatales Bild"
Aber warum ließ es Blümel überhaupt auf diese Eskalationsstufe ankommen? Die Oppositionsparteien forderten eine Fülle an eMails von Kabinettmitarbeitern und Beamten aus dem Finanzministerium. Und zwar die Korrespondenz zwischen Ministeriumsmitarbeitern und dem nunmehrigen ÖBAG-Chef Thomas Schmid, der damals Generalsekretär im Finanzministerium war.
Es geht also nicht um dem eMail-Account von Gernot Blümel – auch nicht um die Causa Novomatic, wo vor wenigen Wochen eine Hausdurchsuchung bei Blümel durchgeführt wurde.
Die Anforderung ist zu umfassend und somit eine zu große Verletzung des Persönlichkeitsschutzes der Mitarbeiter, weil es auch um höchstpersönliche Daten geht, argumentierte Wolfgang Peschorn, der Anwalt der Republik, warum das Finanzministerium die Daten nicht liefern will. Der VfGH hat hier offenbar eine andere Rechtsmeinung und beharrt auf der Anlieferung.
Insgesamt ist diese Maßnahme des Gerichtshofes aber ein Image-Desaster für die ÖVP, meint Politik-Berater Thomas Hofer: „Das gibt ein fatales Bild ab.“
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