Türkis-Blau: Hofer gesteht "Dissonanzen" in der Regierung

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Die BVT-Affäre kratzt am "neuen Stil" der Bundesregierung. Der Regierungskoordinator sieht Unstimmigkeiten.

Es sollte ein "neuer Stil" werden, der mit "Türkis-Blau" in die Regierung einzieht. Gemeint war, dass man die Streitereien früherer Koalitionen nicht zu wiederholen gedachte. Schon in der Vergangenheit ist das nicht immer ganz gelungen, nun kratzt aber etwas über acht Monate nach dem Amtsantritt offenbar auch die Affäre um die Hausdurchsuchung beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorabwehr am Nervenkostüm von ÖVP und FPÖ.

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) versucht den Skandal um die - inzwischen als illegal entpuppte - Aktion gegen den eigenen Nachrichtendienst und die - mittlerweile vom Gericht aufgehobene - Suspendierung des BVT-Chefs schon seit einiger Zeit vor allem ÖVP-Justizminister Josef Moser und dessen Ressort umzuhängen. Die Ermittlungen seien schließlich Sache der Justiz, lautet die Logik. Freilich wusste Moser im Gegensatz zu Kickls Ministerium aber vor der umstrittenen Razzia nichts von dieser.

Dass Moser deshalb von der Schuldzuweisung nichts wissen, den fraglichen Ablauf überprüfen und aufklären lassen will, ob das Innenministerium Druck auf die Ermittler ausgeübt hat, hat schon am Mittwoch den FPÖ-Klubobmann zu abfälligen Bemerkungen über den Koalitionspartner hingerissen. Moser wolle sich "abputzen" und das Problem "wegschieben", sagte Rosenkranz. Während Rosenkranz die Opposition bezichtigte, "an Dummheit nicht zu überbieten" zu sein, meinte er, der Justizminister habe sich vom "Oppositionsvirus" anstecken lassen. 

"Dissonanzen"

Da wäre es nicht mehr ganz glaubwürdig, gewisse Unstimmigkeiten zu leugnen. Gegenüber dem Standard sagte Regierungskoordinator Norbert Hofer (FPÖ) am Mittwoch, dass es tatsächlich "Dissonanzen" in der Regierung gibt - nicht ohne den neuen Stil schließlich schnell wieder einzufangen. Die Meinungsverschiedenheiten seien alles in allem dann doch nur "ein Sturm im Wasserglas", meinte Hofer

Dass Moser die Informationspflicht für die Staatsanwaltschaft als Folge der Causa wieder einführen will - eine Bestimmung die 2015 abgeschafft wurde, um politische Einflussnahme zu verhindern - war laut Bundeskanzler Sebastian Kurz übrigens mit ihm abgesprochen. Koalitionspartner Hofer meinte zwar skeptisch, aber immerhin doch, man wolle sich das "genau anschauen".

Die bereits dritte Sondersitzung des Nationalrats in Sachen BVT findet Freitag kommender Woche statt. Initiiert hatten das außerordentliche Plenum gemeinsam SPÖ, NEOS und Liste Pilz. Zu erwarten ist eine Dringliche Anfrage bzw. ein Dringlicher Antrag an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), gegen den auch ein Misstrauensantrag geplant ist.

Videokommentar: Nach dem OLG-Urteil bleiben die politisch heiklen Fragen weiterhin offen – vorerst zumindest:

Christian Böhmer zur BVT-Affäre

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