Transparenz-Senat darf nicht transparent sein

Ein älterer Mann sitzt in einem Anzug in einem leeren Saal auf einem Stuhl.
Verhängung von Geldstrafen darf nicht öffentlich gemacht werden. Adamovich: "zweifellos nicht befriedigend".

Etwas skurril mutet es schon an: Der Parteien-Transparenz-Senat zeigt sich untransparent und veröffentlicht keine Daten zu Verwaltungsstrafen. Konkret geht es um Entscheidungen über die Verhängung von Geldstrafen im Zusammenhang mit der Wahlkampffinanzierung der Parteien. Diese dürfen laut Verwaltungsstrafgesetz nicht öffentlich bekannt gegeben werden - im Gegensatz zu Geldbußen, die jedoch erst im Herbst nächsten Jahres durch den Rechnungshof untersucht werden.

"Im Gesetz steht, dass Entscheidungen über Geldbußen zu veröffentlichen sind. Über Geldstrafen steht nichts, also gehen wird davon aus, dass die allgemeinen Regeln des Verwaltungsstrafgesetzes gelten", sagte der Senats-Vorsitzende, der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofes Ludwig Adamovich am Freitag zur APA. Dieses sieht nur eine Parteienöffentlichkeit vor.

Geldstrafen sind keine Geldbußen

"Das ist zweifellos nicht befriedigend", sagte Adamovich. Um das auszugleichen, habe der Senat am Donnerstag auf der Webseite des Bundeskanzleramts die Leitsätze seiner Rechtsprechung veröffentlicht. "Geldbußen" (gegen Parteien) und "Geldstrafen" (gegen Einzelpersonen) werden im Parteiengesetz unterschiedlich behandelt. Erstere können nur auf Antrag des Rechnungshofes verhängt werden. Dieser befasst sich aber erst mit dem Thema, wenn im Herbst kommenden Jahres die Parteibilanzen für 2013 vorliegen. Somit wird der Transparenz-Senat frühestens in einem Jahr Entscheidungen veröffentlichen.

Bisher keine Verstöße

Welche Anzeigen bereits bearbeitet wurden, konnte Adamovich also nicht sagen. Bisher seien keine Verstöße festgestellt worden, sagte er im Ö1-Mittagsjournal. Unter den noch offenen Fällen befinde sich auch ein Fall, der das Team Stronach betreffe, bei dem die Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens notwendig sei: "Darüber, wie weit nach bestehenden wirtschaftlichen Gepflogenheiten ein zinsenfreies Darlehen als eine Spende zu werten ist", sagte Adamovich.

Rund um die Nationalratswahl haben sich die Parteien gegenseitig mit Vorwürfen eingedeckt, der Senat muss nun in 17 Fällen klären, ob tatsächlich gegen die Vorschriften zur Wahlkampffinanzierung verstoßen wurde. Die Anzeigen richten sich gegen alle Parteien, prominentester Fall ist die von den Grünen aufgezeigte Finanzierung der SPÖ-Plakatkampagne durch den roten Parlamentsklub.

Das Amtsgeheimnis in Österreich schützt den Staat bestens vor seinen Bürgern: Steuerzahler haben kaum Möglichkeit zu erfahren, wofür der Bund Geld ausgibt. Intransparenter als hierzulande ist die Lage nirgendwo, bemängeln nun Experten: In einem international anerkannten Ranking ist Österreich Schlusslicht unter 95 vergleichbaren Staaten, berichtet das Ö1-Morgenjournal.

Das kanadische Zentrums für Gesetz und Demokratie und die spanischen-britischen Organisation Access-Info Europe haben Länder auf ihre Transparenzregeln abgetestet - 61 Indikatoren hat man zur Bewertung herangezogen. "Es gibt bei Ihnen ein paar unglaublich schwache Regeln, die den Bürgern ein Auskunftsrecht ermöglichen sollten. Und auf der anderen Seite hat Österreich das Amtsgeheimnis in der Verfassung. Also insgesamt hat Österreich da die weltweit schlechteste Gesetzgebung", so Direktorin Helen Darbishire.

Slowenien auf Platz eins

Auf Platz eins der Studie liegt unser südlicher Nachbar, Slowenien. "Es gibt eine tolle Internetseite der slowenischen Regierung. Da können Sie die Namen von Firmen eingeben und alle öffentlichen, staatlichen Aufträge sehen, die das jeweilige Unternehmen bekommen hat. So kann man hinterfragen, ob Firmen gleich behandelt werden und ob es Korruption gibt", führt Darbshire ein Positiv-Beispiel an.

Eines von vielen, wohlgemerkt: Man käme auch leicht an Informationen über Sozial- oder Umweltdaten - etwa über Bienen gefährdende Pestizide: "Wir haben Informationsfreiheits-Beauftragte in vielen Staaten, an die man sich wenden kann, wenn man keine Information bekommt. Und die können dann die Informationsfreigabe anordnen. Das gibt es nicht in Österreich."

„Wenn es Sierra Leone kann, dann kann es Österreich wohl auch“

Die negative Konsequenz liegt für die Studienautoren auf der Hand. "Es zeigt sich immer wieder: Mehr Transparenz bewirkt, dass Beamte und Politiker sich korrekter verhalten und unser Geld, das Geld der Steuerzahler, klüger einsetzen." Sie appelliert an Österreich, es Sierra Leone nachzumachen: "Sierra Leone hat letzte Woche ein neues Transparenzgesetz beschlossen. Wenn es Sierra Leone kann, dann kann es Österreich wohl auch."

Wie lange es bis dahin dauert, darf man sich durchaus fragen – denn die Gesetzesentwürfe von SP und VP zu mehr Transparenz wurden vor der Wahl auf die lange Bank geschoben. Immerhin: In den Koalitionsverhandlungen ist das Transparenzpaket Thema. Der burgenländische Landeshauptmann Franz Niessl (SPÖ) und Seniorenbundobmann Andreas Kohl (ÖVP) verhandeln darüber.

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