Streit um Spitzenposten: Entschädigung für Bewerber, der bei Türkis-Grün durchfiel?

Streit um Spitzenposten: Entschädigung für Bewerber, der bei Türkis-Grün durchfiel?
Nach Besetzung der Bundeswettbewerbsbehörde macht ein Gerücht um ein "Vergleichsangebot" die Runde. Neos-Abgeordneter Loacker fordert jetzt Aufklärung von Minister Kocher.

Wirtschaftsminister Martin Kocher soll kürzlich Post von einem Bewerber erhalten haben, der bei der Besetzung eines Spitzenpostens leer ausgegangen ist: Michael Sachs soll ihm eine Art „Vergleichsangebot“ unterbreitet haben. Für eine gewisse Entschädigung wäre er bereit, die Sache auf sich beruhen zu lassen.

Sachs, derzeit Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG), hatte sich für die Leitung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) beworben und wurde von einer Personalkommission – knapp, aber doch – erstgereiht. Stattdessen wurde Natalie Harsdorf-Borsch, die die Behörde zuvor interimistisch geleitet hatte, als Generaldirektorin bestellt. 

Der Besetzung war ein monatelanger Streit in der türkis-grünen Koalition vorausgegangen.

➤ Mehr dazu: Regierung einigte sich auf Harsdorf-Borsch als BWB-Generaldirektorin

Streit um Spitzenposten: Entschädigung für Bewerber, der bei Türkis-Grün durchfiel?

Natalie Harsdorf-Borsch leitet die BWB seit November 2023

„Eine Zumutung“

Nachdem die Geschichte des „Vergleichsangebots“ seit einiger Zeit kursiert, fordert nun der Neos-Abgeordnete Gerald Loacker Aufklärung: In einer parlamentarischen Anfrage an Kocher will er wissen, ob es dieses Angebot gibt, welche Summe Sachs vorschlägt und ob das Ministerium mit ihm verhandelt bzw. ob bereits ein Vergleich geschlossen wurde. 

Für Loacker steht fest: „Es wäre eine Zumutung gegenüber den Steuerzahlern, wenn sich der Minister darauf einließe.“

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Neos-Abgeordneter Gerald Loacker

Worum ging's im Streit?

Die BWB ist eine Behörde, die gegen illegale Preisabsprachen u. a. im Bau und im Handel vorgeht. Sie ermittelt in millionenschweren Verfahren im Bereich des Kartellrechts und schützt damit die Interessen der Konsumenten.

Für die Besetzung des Direktorpostens braucht es einen Beschluss der Bundesregierung. Der ressortzuständige Minister Kocher hat Sachs vorgeschlagen, der grüne Koalitionspartner lehnte den Kandidaten aber ab – und tat die Gründe auch medial kund: erstens, weil Sachs laut einem Gutachten die Formalkriterien nicht erfülle; zweitens, weil es Zweifel an der Objektivität der Personalkommission gebe.

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Michael Sachs, derzeit BVwG-Vize, wollte BWB-Chef werden

Im Oktober wurde dann publik, dass Sachs als Richter am BVwG mehrere Fehlentscheidungen getroffen hat und die Republik Schadenersatz berappen musste. Das Justizministerium führt gerade eine dienst- und disziplinarrechtliche Prüfung durch.

Sachs leitet derzeit interimistisch das BVwG als Vizepräsident, weil sich die Regierung auch hier mit der Neubesetzung der Leitung plagt.

➤ Mehr dazu: Streit um Spitzenjobs: Justizministerium prüft Vorwürfe gegen BVwG-Vize

Diskriminierung

Wie aber könnte Sachs als unterlegener Bewerber fürs BWB auf die Idee kommen, dem Minister einen „Vergleich“ vorzuschlagen? Gesetzlich vorgesehen ist das nicht – der Minister ist bei seiner Auswahl frei.

Sachs könnte allenfalls vor die Bundesgleichbehandlungskommission ziehen. Weil ihm nachgesagt wurde, er sei der „türkise Wunschkandidat“, könnte er eine Diskriminierung aus Gründen der Weltanschauung ins Treffen führen. Erst, wenn festgestellt würde, dass Minister Kocher rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat, hätte Sachs Anspruch auf Schadenersatz.

Ob er diesen Weg beschreitet, war am Dienstag nicht zu eruieren. Auf KURIER-Anfrage beim BVwG wollte Sachs keine Stellungnahme abgeben. 

Im Wirtschaftsministerium heißt es: „Wir geben grundsätzlich zu ressortinternen Themen, die Personalentscheidungen betreffen, keine Auskunft.“

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