"Stand nie vor Gericht": Grosz' Aussagen im Faktencheck

"Stand nie vor Gericht": Grosz' Aussagen im Faktencheck
Hofburg-Kandidat Gerald Grosz behauptet, nie vor Gericht gestanden sein. Wieso das trotz Verurteilung irgendwie richtig ist.

Bundespräsidentschaftskandidat und Ex-BZÖ-Abgeordneter Gerald Grosz hat in seinem ORF-Interview zur Bundespräsidentenwahl wieder einmal für Aufsehen gesorgt – und für Fragezeichen. Die Aufregung lag aber nicht an Beschimpfungen in Richtung des amtierenden Staatsoberhaupts, Alexander Van der Bellen, oder der Bundesregierung, wie er sie im Wahlkampf häufig äußerte. Viel mehr an einer Drohung gegen die ORF-Journalistin Susanne Schnabl, die beim Interview-Reigen gemeinsam mit ihrem ORF-Kollegen Armin Wolf allen sieben Hofburg-Kandidaten diese Fragen stellte.

"Ich rate Ihnen, das zurückzunehmen"

„Ich rate ihnen eines. Wenn Sie nicht in der Sekunde den insinuierten Vorwurf einer strafrechtlichen Verurteilung zurücknehmen, dann nehmen Sie ihn in einer Belangsendung zurück“, drohte Grosz der Journalistin Schnabl. Sie hatte Grosz auf seine rechtskräftige Verurteilung angesprochen, nachdem dieser behauptet hat: „Ich bin noch nie vor Gericht gestanden“.

Entrüstet erklärte Grosz daraufhin, dass er einen zivilen Prozess verloren habe und dass das etwas völlig anderes sei, als eine strafrechtliche Verurteilung. Auch wenn das Wort "strafrechtlich" überhaupt erst von Grosz ins Spiel gebracht wurde. 

Im KURIER-Faktencheck werden die Behauptungen dieses Schlagabtauschs beleuchtet und geklärt, ob Grosz wirklich noch nie vor Gericht gestanden ist und worin der Unterschied zwischen zivilrechtlichen und strafrechtlichen Verurteilungen liegt.

Behauptung 1: „Ich bin noch nie vor Gericht gestanden.“

Im wörtlichen Sinne ist das wohl richtig. Bei der Urteilsverkündigung war weder Gerald Grosz noch sein Anwalt anwesend. Das Urteil wurde vom Richter als Versäumnisurteil ausgesprochen. Er ist also physisch wirklich nicht vor Gericht gestanden. Rechtskräftig verurteilt wurde Grosz 2007 aber schon. Und zwar wegen Ehrenbeleidigung, Kreditschädigung und übler Nachrede. Er hat einer ORF-Journalistin fälschlicherweise eine sexuelle Beziehung zu BZÖ-Politikern unterstellt.

Behauptung 2: „Ein ziviles Urteil, wo man vor Gericht verliert, hat nichts mit einer strafrechtlichen Verurteilung nichts zu tun“.

Ja und nein. Ja, natürlich besteht ein Unterschied zwischen Strafrecht und Zivilrecht. Zivilrecht regelt Verhältnisse zwischen Privaten. Der zivile Kläger erkämpft sein persönliches Recht und Wiedergutmachung.

Beim Strafrecht geht der Staat gegen einen Angeklagten vor. Darunter fällt etwa Mord, Raub, Vergewaltigung. Es gibt allerdings auch Tatbestände, die in beiden Rechtsgebieten verhandelt werden. Bei Diebstahl etwa kann der Staat Klage erheben und den Täter bestrafen. Im Zivilprozess klagt das Opfer sein Opferrecht auf Wiedergutmachung ein – etwa die Rückgabe des Diebesgut.

Interessant ist die Lage beim Tatbestand Ehrenbeleidigung, wegen der auch Grosz verurteilt wurde. Auch hier kann sowohl das Zivilrecht als auch das Strafrecht greifen. In aller Regel ist es aber ein zivilrechtliches Delikt. Im Fall von Gerald Grosz, hat das Opfer zivilrechtlich geklagt und Recht bekommen.

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