Ministerrat: SPÖ will erste Punkte des "Plan A" einbringen

Laut einem Entwurf handelt es sich um die von der SPÖ angestrebte Selbstbehalt-Abschaffung für Selbstständige beim Arztbesuch sowie um bessere Unterstützung von KMUs bei der Entgeltfortzahlung.

Die SPÖ will bereits am Dienstag erste Teile des von SP-Chef Christian Kern vorgestellten "Plan A" in den Ministerrat einbringen. Laut einem der APA vorliegenden Entwurf, der am Montag an die ÖVP übermittelt wurde, handelt es sich um die von der SPÖ angestrebte Selbstbehalt-Abschaffung für Selbstständige beim Arztbesuch sowie um bessere Unterstützung von KMUs bei der Entgeltfortzahlung.

Begründet wird das Ansinnen im Entwurfs-Text damit, dass Österreich "gesunde und leistungsstarke" Klein- und Mittelbetriebe brauche. "Im Interesse der Österreichischen Wirtschaft muss sichergestellt werden, dass NeugründerInnen, Ein-Personen-UnternehmerInnen sowie mitarbeitende EigentümerInnen von KMU rechtzeitig zum Arzt gehen und nicht notwendige Arztbesuche aus Kostenüberlegungen hinauszögern." Der Selbstbehalt betrage für Betroffene 20 Prozent (in Ausnahmefällen 10 Prozent) - und das, "obwohl selbständig Erwerbstätige mit 7,65 Prozent den gleichen Beitragssatz in der sozialen Krankenversicherung wie unselbständig Erwerbstätige haben", so das Papier.

Die Kosten für den Entfall der Mehreinnahmen für die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft (SVA) beziffert die SPÖ mit 54 Mio. Euro pro Jahr. Finanziert werden soll dies zunächst über die Auflösung von Rücklagen der SVA (laut Papier derzeit insgesamt rund 475 Mio. Euro inkl. Leistungssicherungsrücklage). Nach Abbau der Rücklagen soll der finanzielle Mehraufwand über Effizienzsteigerungen finanziert werden. In Kraft treten soll die Regelung bereits Anfang März.

Einigung bis Dienstagvormittag

Der zweite Punkt im SPÖ-Entwurf betrifft die Mitarbeiter-Entgeltfortzahlungen: "Gerade für Kleinstbetriebe kann eine Erkrankung oder Arbeitsunfall eines Mitarbeiters, einer Mitarbeiterin oft existenzbedrohend sein" - und das trotz Zuschüsse, so die Begründung.

Laut Entwurf soll der derzeitige Zuschuss von 50 Prozent der Kosten für die Entgeltfortzahlung für Kleinstunternehmen (mit bis zu fünf Beschäftigten) erhöht werden - und zwar auf 100 Prozent. Für Betriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern soll der Zuschuss auf 75 Prozent erhöht werden. Von dieser Maßnahme würden rund 290.000 KMUs, "also fast 90 Prozent aller KMUs in Österreich", profitieren, heißt es in dem Papier. Der zusätzliche Mehraufwand für die AUVA, den die SPÖ auf 60 Mio. Euro schätzt, soll aus Rücklagen der AUVA beglichen werden, die derzeit über rund 1,3 Mrd. Euro hoch seien (inkl. Leistungssicherungsrücklage).

Seitens der SPÖ hofft man, mit dem Koalitionspartner ÖVP bis Dienstagvormittag eine Einigung herbeiführen zu können.

Kritik von WKÖ und SVA

Angesichts von Wortmeldungen seitens der SVA und der Wirtschaftskammer scheint es aber noch Diskussionsbedarf zu geben. Alexander Herzog, Obmann-Stv. der SVA, sprach sich am Montag via Aussendung dezidiert gegen einen Eingriff der Politik in die Selbstverwaltung der Sozialversicherung aus: "Bundeskanzler Kern darf mit seiner Forderung einer Abschaffung der Selbstbehalte nicht über die SVA-Versicherten drüberfahren - bei der Urbefragung zum Thema 'Selbstbehalte' haben sich 80 Prozent für ein Beibehalten des Systems ausgesprochen".

Ein Nein kam auch vom Leiter der Abteilung Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer (WKÖ), Martin Gleitsmann. Die Erfahrung zeige, "dass Selbstbehalte zu einer bewussteren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen führen und daher kostendämpfend wirken". Kostenbeteiligungen würden vor allem Arztbesuche gesunder Menschen reduzieren, aber keineswegs Kranke oder Bedürftige davon abhalten, sagte er in einer Aussendung.

Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) ist "absolut" für ein Mehrheitswahlrecht. Ein solches ließe sich, wie von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) vorgeschlagen, auch minderheitenfreundlich gestalten, sagte Niessl am Montag und ergänzte: "Wir sind natürlich auch noch für die schärfere Form, dass die stärkste Partei die Möglichkeit hat, die komplette Regierungsverantwortung zu übernehmen."

"Die stärkste Partei stellt den Landeshauptmann, das ist das, was wir immer fordern", meinte Niessl. Das sei demokratiepolitisch ein "wesentlicher Bereich", stellte der Landeshauptmann fest: "Wir von der Sozialdemokratie im Burgenland sind bereit, wir haben die Ressourcen. Wir können das". Bereits vor sechs, sieben Jahren habe man im Burgenland ein Mehrheitswahlrecht vorgeschlagen.

Burgenland-SPÖ steht hinter Volksbegehren

Niessl bekräftigte bei der Pressekonferenz nach dem SPÖ-Landesparteivorstand in Eisenstadt die Unterstützung des Volksbegehrens gegen TTIP, CETA und TiSA durch die burgenländischen Sozialdemokraten. Im Augenblick werde verhandelt, "dass der Gesundheitsbereich und auch der Sozialbereich privatisiert werden soll. Ich spreche mich da eindeutig dagegen aus."

Die Landespartei sowie Bezirks- und Ortsparteiorganisationen stünden hinter dem Volksbegehren und würden versuchen, so viele Burgenländer zu mobilisieren wie nur möglich, ergänzte der neue SPÖ-Landesgeschäftsführer Christian Dax, der die Funktion des Parteimanagers zum Jahresanfang von Helmut Schuster übernommen hatte.

Es gebe einen Wandel in der Gesellschaft, die Parteistrukturen würden heute nicht mehr funktionieren wie in der Vergangenheit. Er sehe seine Kernaufgabe besonders darin, mit seinem Team "die SPÖ Burgenland fit für die Zukunft zu machen", meinte Dax.

"Thementalks" geplant

Er wolle sich um die Basis der Partei mit ihren derzeit etwa 13.000 Mitgliedern im Burgenland kümmern. Vor allem bei der Kommunikation müsse man "definitiv besser werden". Man werde neue Wege finden, um die Mitglieder "mehr, voller und schneller zu informieren", sagte Dax. Auch bei der ebenfalls "verbesserungswürdigen" Diskussionskultur in der SPÖ wolle man ansetzen und mit den Mitgliedern wieder ins Gespräch kommen.

Das "Um und Auf" werde die Öffnung der Partei sein, kündigte der neue SPÖ-Landesgeschäftsführer an. Um dies zu erreichen, plane er unter anderem "Thementalks" mit den zuständigen Regierungsmitgliedern sowie Umfragen "Face to Face" und über Social Media. Auch einen "Tag der offenen Tür" im Roten Haus der SPÖ Burgenland in Eisenstadt wolle er veranstalten.

Der von der Regierungsspitze in die Diskussion gebrachte "Generalkollektivvertrag" für einen Mindestlohn von 1.500 Euro stößt bei den Sozialpartnern auf wenig Gegenliebe. "Theoretisch gibt es das natürlich schon", sagte am Montag Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB. Besser wäre aber eine "Generalvereinbarung" der Präsidenten der Sozialpartnerorganisationen.

Ähnlich sieht es Martin Gleitsmann, Leiter der sozialpolitischen Abteilung in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Er will sich Gesprächen über eine schrittweise Erhöhung der kollektivvertraglichen Mindestlöhne nicht verschließen und sagt: "Wenn wir uns dem Thema nähern, dann würden wir den gleichen Weg wählen wie 2007" - damals gab es eine Generalvereinbarung, schrittweise einen Mindestlohn von 1.000 Euro einzuführen. Einen gesetzlichen Mindestlohn, wo also der Gesetzgeber und nicht die Sozialpartner den niedrigsten erlaubten Stundenlohn bestimmt, "lehnen wir grundsätzlich ab", betont Gleitsmann.

Für Branchenkollektivverträge

Hier treffen sich die Interessen mit der Gewerkschaft. Auch Achitz sagt, ein gesetzlicher Mindestlohn "ist nie gefordert worden, ich hielte das auch für einen Fehler". Er plädiert für Branchenkollektivverträge. Diese könnten nicht nur den untersten Mindestlohn, sondern auch für höhere Gehaltsstufen Mindestsätze fixieren, argumentiert er. Wie beim Mindestlohn von 1.000 Euro wolle man auch jetzt auf die Normwirkung der Branchen-Kollektivverträge setzen - und nicht auf einen Generalkollektivvertrag.

Die Vertreter der Sozialpartner berufen sich darauf, dass in Österreich 95 bis 98 Prozent der Arbeitnehmer unter den Kollektivvertrag fallen. In Deutschland sind es hingegen nur etwa die Hälfte der unselbstständig Beschäftigten.

Die Generalvereinbarung der Sozialpartner-Präsidenten ist zwar keine bindende Norm, drückt aber eine Grundsatzvereinbarung und den klaren politischen Willen aus. "Alle Branchen haben das dann gemacht", erinnert sich Achitz an die Einführung der 1.000 Euro Mindestlohn im Jahr 2007. Zugleich hatten die Sozialpartner selber damals den Branchenvertretern mit einem Generalkollektivvertrag gedroht.

Keine Einigung: gesetzliche Maßnahme

Auch wenn bei der Vorgangsweise Einigkeit herrscht, der Weg ist noch weit. Gleitsmann ist gesprächsbereit, sagt aber ausdrücklich, dass er die 1.500 Euro als Ziel nicht außer Streit stellen will. Wenn man die Erhöhung unüberlegt mache, dann gefährde man viele Arbeitsplätze im Billiglohnsektor, der ohnehin stark unter Druck sei. Erst 2007 habe man (mit Übergang bis 2009, Anm.) die 1.000 Euro Mindestlohn beschlossen, "ein paar Jahre später 50 Prozent mehr umzusetzen, ist nicht ganz einfach", sagt Gleitsmann. Und erinnert daran, dass die Arbeitgeberseite bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit noch einige Wünsche offen hat.

Aber auch Achitz geht das Thema behutsam an. "Ob manche Branchen die 1.500 Euro nicht verkraften können, kann ich schwer sagen", antwortet er auf eine entsprechende Frage. Man könne aber stufenweise Angleichungen vorsehen. Wenn jetzt eine Branche einen Mindestlohn von 1.250 Euro habe, dann wäre eine Erhöhung auf 1.500 Euro ein Sprung um 20 Prozent, gibt er zu bedenken. Aber die Initiative diene jedenfalls dazu, dass "die, die hinten sind, weiter nach vorne kommen".

Die Gewerkschaft hat in letzter Zeit regelmäßig einen Mindestlohn von 1.700 Euro gefordert. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) pocht auf eine Einigung über einen Mindestlohn von 1.500 Euro noch 2017, sollten dies die Sozialpartner nicht schaffen werde man gesetzliche Maßnahmen in Erwägung ziehen.

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