SPÖ-Staatssekretärin: „Das mutet hinterwäldlerisch an“

Ulrike Koenigsberger-Ludwig
Ulrike Königsberger-Ludwig, Staatssekretärin für Gesundheit, über das fehlende Vertrauen der Patienten, die schlechte Koordination von Intensivbetten und niedrige Umfragewerte.

SPÖ-Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig bremst, wenn es um die zukünftige Bündelung der Gesundheitskompetenzen geht.

KURIER: Frau Königsberger-Ludwig, derzeit wird sehr viel über unsere Gesundheitsversorgung diskutiert. Wie gut oder schlecht ist dieses System aufgestellt?

Ulrike Königsberger-Ludwig: Im Vergleich mit vielen anderen Ländern haben wir sicher eine sehr gute Gesundheitsversorgung. Wenn man Menschen fragt, die im Krankenhaus gewesen oder im niedergelassenen Bereich behandelt worden sind, wie zufrieden sie mit dem System sind, dann ist die Rate durchwegs unglaublich hoch. Wo es Probleme gibt, sind jene Bereiche, wo man erst ins System hineinkommen muss. Das sind vor allem die Wartezeiten. Da spüren die Menschen, dass sich da in den vergangenen Jahren tatsächlich etwas verändert hat. Wir müssen daran arbeiten, dass die Menschen das Vertrauen in das öffentliche Gesundheitssystem zurückbekommen.

Da wird viel zu tun sein. Es gibt immer mehr Wahlärzte. Vielfach haben die Menschen das Gefühl, dass sie ohne Zusatzversicherung nicht mehr rasch zu Arzt- oder Spitalsterminen kommen.

Es geht um das Vertrauen. Warum nehmen sich die Menschen eine private Zusatzversicherung? Weil sie in das öffentliche Gesundheitssystem nicht das Vertrauen haben, das sie eigentlich haben könnten. Auf die Menschen, die im öffentlichen Gesundheitssystem arbeiten, kann man sich hundertprozentig verlassen. Davon bin ich fest überzeugt. Wir müssen das Vertrauen zurückgewinnen, dass die Menschen nicht glauben, dass es ihnen mit einer Privatversicherung besser geht. Daran müssen wir mit unseren Partnern, den Ländervertretern, der Sozialversicherung und den Ärzten arbeiten.

Wenn Sie die Ärzte als Partner ansprechen, da hat man das Gefühl, das für sie das Wahlarzt-Dasein lukrativer ist.

Das ist schon eine gemeinsame Herausforderung. Das Medizinstudium ist eines, das wie alle anderen Studien öffentlich finanziert wird. Deshalb möchte ich mit den Partnerinnen und Partnern gemeinsam daran arbeiten, dass die jungen fertigen Mediziner gerne bei uns im öffentlichen Gesundheitssystem solidarisch arbeiten. Da gibt es mehrere Überlegungen, wie wir dahin kommen. Es wird immer wieder angedacht, den Medizin-Aufnahmetest zu überarbeiten. Da sind wir mit den Rektorinnen und Rektoren in einem intensiven Austausch. Oder man könnte auch die freiwillige Verpflichtung andenken, wo es Bonuspunkte dafür gibt, dass im öffentlichen Gesundheitssystem gearbeitet wird.

Manche fordern bereits, dass es als Gegenleistung für das lange Studium sogar eine Verpflichtung gibt, eine Zeit lang im öffentlichen Gesundheitssystem zu arbeiten.

Ich bin eher ein Fan von Anreizen als von Sanktionen.

Jetzt hat es den Fall in Oberösterreich gegeben, dass eine Frau gestorben ist, weil in einem Spital kein Intensivbett frei war und im anderen kein OP-Team zur Verfügung gestanden ist. Dazu hat es eine Sitzung gegeben. Woran muss da gearbeitet werden?

Das war wirklich ein unglaublich tragischer Fall, der uns alle, die wir in irgendeiner Art und Weise Mitverantwortung tragen, sehr betroffen gemacht hat. In der Herzchirurgie ist es jetzt schon so, dass wir im Österreichischen Strukturplan Gesundheit gemeinsam festgelegt haben, wo welche Krankenhäuser welche Regionen versorgen. Ich möchte da wirklich die Angst nehmen. Es gibt auch bundesländerübergreifende Versorgungszonen, speziell in der Herzchirurgie. Notwendig ist dennoch, dass man rascher Entscheidungen treffen kann, wo ein Operationssaal und wo Intensivbetten frei sind. Es mutet hinterwäldlerisch an, wenn man dafür noch zum Telefon greifen muss und das nicht irgendwie auf Knopfdruck haben kann. Daran wird jetzt in erster Linie gearbeitet. Manche Bundesländer haben ja bereits sogenannte Intensiv-Koordinatoren.

Zur Sendung "bei Gebhart" mit Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig

Ein Thema im Gesundheitsbereich, das momentan diskutiert wird, ist die Änderung der Kompetenzen. Wenn es nach der Salzburger Landeshauptfrau Edtstadler geht, sollten diese – damit auch die Spitäler – an den Bund abgegeben werden.

Jede Reform, die gemacht wird, muss einem einzigen Ziel dienen: den Patientinnen und Patienten die bestmögliche Versorgung angedeihen zu lassen. Das klingt zwar unheimlich platt, es ist aber tatsächlich so. Ich bin auch ein Fan davon, dass man nicht zu Beginn eines Prozesses bereits das Ergebnis voraussagt. Es gilt einmal darauf zu schauen, wie und wo ich in Zukunft Leistung anbieten will. Ist es im Krankenhaus besser oder im niedergelassenen Bereich? Das sollte man sich ehrlich anschauen. Dann muss ich natürlich darauf achten, wie ich das finanzieren kann. Es muss über Bundesländergrenzen hinaus gedacht werden. Ob das am Ende aber eine Finanzierung aus einer Hand oder ein neues System ist, dazu etwas zu sagen, ist noch zu früh.

Da gibt es momentan aber schon einige Druckpunkte. Der eine ist die Spitalplanung in den Bundesländern, der andere die Frage der Gastpatienten in Wien, die zu heftigen Debatten geführt hat.

Da möchte ich ein wenig die Angst nehmen. Es ist unsere Aufgabe in der Politik, den Menschen manchmal zu sagen, dass vielleicht manches ein bisschen schlimmer geschrieben wird, als es im Endeffekt dann ist. Wenn es einen Akutfall gibt, dann wird immer geholfen, das möchte ich schon sagen. Die Gastpatientenregelung gilt vor allem für elektive, also geplante Operationen. Es gibt seit vielen Jahren den Finanzausgleich, bei dem die Zahlungen nach Wien höher sind, weil die Stadt als großer Spitalträger Aufgaben übernimmt, die in anderen Bundesländern nicht übernommen werden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es da Lösungen gibt, weil Stadtrat Peter Hacker mit dem neuen niederösterreichischen Gesundheitslandesrat Anton Kasser in Gespräche eingetreten ist. Auf Sicht gesehen hätte man eine gute Lösung, wenn man – wie der Wiener Bürgermeister vorgeschlagen hat – in Gesundheitsregionen denkt.

Tatsächlich gibt es aber Ärger, wenn bei jemandem eine Operation verschoben wird, weil er nicht Wiener ist. Wird da nicht ein Konflikt über Finanzen auf dem Rücken von Patienten ausgetragen?

Deswegen halte ich es für sehr, sehr gut, dass jetzt Gespräche geführt werden. Ich weiß, dass das in den vergangenen fünf Jahren nicht der Fall war, ohne das bewerten zu wollen. Meines Wissens waren die Gespräche sehr gut. Deswegen bin ich zuversichtlich, dass es Lösungen geben wird.

Sie waren Landesrätin in St. Pölten und sind nun Staatssekretärin in der Bundesregierung. Was hat sich für Ihre politische Tätigkeit am gravierendsten geändert?

Aus meiner persönlichen Situation ist es so, dass ich jetzt nicht mehr in einer Proporzregierung wie in Niederösterreich Verantwortung trage. Es ist ein Vorteil, wenn man jetzt – ich bin mit Ministerin Korinna Schumann extrem eng abgestimmt – in der Regierung auf Augenhöhe verhandeln kann. Im Gegensatz zu einer Proporzregierung.

Ulrike Koenigsberger-Ludwig

ZUR PERSON

Ulrike Königsberger-Ludwig (60)
Die Politikerin aus Amstetten (NÖ) hat in der SPÖ schon viele Positionen bekleidet. Von 2002 bis 2018 war sie Nationalratsabgeordnete, von 2018 bis 2025 Landesrätin, seit März ist sie Staatssekretärin.

Sie sind eine Politikerin, die viel unterwegs ist. Wie sind die Reaktionen der Menschen, die Sie treffen, auf die Arbeit der Regierung? Mir persönlich gegenüber sagen die Menschen, dass sie es sehr gut finden, dass Ruhe hineingekommen ist, dass man das Gefühl hat, es wird miteinander gearbeitet, und dass Menschen am Werk sind, die tatsächlich etwas gestalten wollen. Das habe ich in den vergangenen Monaten immer wieder gehört. Natürlich ist auch der Wunsch da, dass wir manche Dinge schneller erledigen. Eines, was mir immer wieder gesagt wird, ist der Anstieg der Preise. Das beschäftigt die Menschen extrem. Da wird gewünscht, dass wir rasch zu einem Ergebnis kommen.

Die niedrigen Werte in den aktuellen Umfragen, sorgen die bei Ihnen nicht für Frust?

Eigentlich nicht. Ich habe eher einen Frust, wenn ich das Gefühl habe, dass etwas schneller gemacht werden müsste und das aber nicht funktioniert, weil verhandelt werden muss. Aber das ist eben die Challenge, wenn drei Parteien in einer Koalition sind. Wobei uns das aus meiner Sicht recht gut gelingt.

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