Wird die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel doch gesenkt?

INTERVIEW: VIZEKANZLER ANDREAS BABLER (SPÖ)
Finanzminister Markus Marterbauer lehnte WIFO-Vorschlag ab, Vizekanzler Andreas Babler will ihn aber diskutieren. ÖVP ist nicht abgeneigt, Neos skeptisch.

Kommt nun doch "Bewegung in die Sache"? WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr hat am Sonntag in der ORF-Pressestunde vorgeschlagen, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Lebensmittel von zehn auf fünf Prozent zu halbieren. Im Gegensatz sollte der Steuersatz auf andere Produkte erhöht werden.

Die SPÖ, in diesem Fall Finanzminister Markus Marterbauer, erteilte dem Vorstoß am Montag postwendend eine Absage. Eine Mehrwertsteuersenkung sei vor dem Hintergrund der laufenden Budgetsanierung schlicht "nicht leistbar". Am Abend änderte Vizekanzler Andreas Babler die Linie der Partei gegenüber der Krone.

Er habe bereits mit Marterbauer gesprochen und man sei sich einig, dass nun Modelle geprüft würden. "Welche Nahrungsmittel es betrifft und in welcher Höhe die Mehrwertsteuer sinken soll, wird Sache von Verhandlungen sein. Klar ist, dass das nicht ohne Gegenfinanzierung passieren wird. Angesichts der aktuellen Preise ist es aber wichtig, dass jetzt mehr Bewegung in die Sache kommt", so Babler.

Eibinger-Miedl: "Meinen Vorschlag noch einmal prüfen"

Die ÖVP ist dem Vernehmen nach gesprächsbereit. Finanz-Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl hatte den Koalitionspartnern bereits im Sommer einen ähnlichen Vorschlag unterbreitet, der in der Regierungsklausur aber abgelehnt wurde. "Nach den jüngsten Äußerungen des Vizekanzlers gehe ich davon aus, dass mein Vorschlag vom Sommer nun von der SPÖ nochmals eingehend geprüft wird", heißt es in einem neuen Statement Eibinger-Miedls.

Der Staatssekretärin sei wichtig, "dass wir seitens der Bundesregierung nachhaltig wirkende Maßnahmen gegen die Teuerung setzen. Dabei müssen wir genau darauf achten, wie sich diese auf Budget und Konjunktur auswirken".

Und die Neos? Wirtschaftssprecher Markus Hofer zeigt sich auf KURIER-Anfrage skeptisch: "Eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel wäre teuer, wenig treffsicher und würde in vielen Fällen gar nicht bei den Konsumentinnen und Konsumenten ankommen", heißt es. Der wirksamste Beitrag der Politik wäre, für mehr Wettbewerb und Preistransparenz zu sorgen und den "Reformmotor in den nächsten Gang zu schalten".

Bonin und Bauern kritisch

Anderer Meinung als Felbermayr ist wiederum IHS-Chef Holger Bonin. Die Maßnahme sei aus sozialpolitischer Sicht "nicht so treffsicher", sagt Bonin am Dienstag bei der Konjunkturprognose. Wichtiger sei, mehr Wettbewerb im Lebensmittelhandel zu schaffen. 

Für die FPÖ sind die zahlreichen Aussagen ein Beweis für "Chaostage". Als "Schmierentheater auf dem Rücken der Bevölkerung" bezeichnet FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch die Wortmeldungen. Die Bauern wiederum reagieren verunsichert. "Die Preisdebatte rund um Lebensmittel ist längst aus dem Gleichgewicht geraten. Wer glaubt, man müsse jetzt ausgerechnet bei dem ansetzen, was wir täglich essen, hat das Problem nicht verstanden", so Bauernbund-Präsident Georg Strasser (ÖVP).

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