Nach dem Wahldämpfer denkt die SPÖ wieder über den Asylkurs nach
Einmal mehr ist nach dem schwachen Abschneiden der SPÖ bei der EU-Wahl Wundenlecken angesagt; und einmal mehr steht bei den Roten der eigene Kurs in der Migrationsfrage auf dem Prüfstand bzw.: Er wird Thema, denn auch die für manche unklare Linie der SPÖ wird mit dafür verantwortlich gemacht, dass man bei Umfragen wie Wahlen nicht vom Fleck kommt.
Als Konsequenz hat die Bundespartei nach der Wahlschlappe eine Arbeitsgruppe einberufen, die am Samstag in Wien zusammentrifft.
Das Ziel: Ein Nachschärfen des SPÖ-Papiers zum Thema Asyl und Migration, das noch 2018 unter dem damaligen Parteichef Christian Kern von den Landeshauptleuten Hans Peter Doskozil und Peter Kaiser erarbeitet wurde.
Das siebenseitige Papier enthält vor allem grundsätzliche Standpunkte wie die Forderung nach einem gemeinsamen europäischen Asylsystem, die Kontrolle der Außengrenzen, die Erstellung eines österreichischen Integrationsleitbildes und nicht zuletzt das Prinzip „Integration vor Zuzug“.
Bei dem Treffen am Samstag sind neben der Parteispitze auch Vertreter der Landesparteien und der Teilorganisationen, aber auch externe Experten eingeladen.
"Kommunikatives Nachschärfen"
Insgesamt rechnet man mit rund 20 Teilnehmern. „Es geht vor allem um das kommunikative Nachschärfen der drei bis vier wichtigsten Punkte“, sagt eine Parteisprecherin zum KURIER. Erarbeitet werden sollen auch konkrete Maßnahmen, mit denen die Ziele umgesetzt werden sollen. „Die Herausforderung wird sein, dass sich alle in der Partei darin wiederfinden.“
Dass man neben FPÖ und ÖVP die dritte Partei sein werde, die im Herbst einen Ausländer-Wahlkampf führt, verneint die Sprecherin. Im Zentrum werden soziale Themen stehen wie etwa die Gesundheitsversorgung oder ein leistbares Leben.
"Am Samstag geht es primär um die Kommunikation nach außen", sagt der Kärntner Landesgeschäftsführer Andreas Sucher. "Es ist für uns unverständlich, dass – obwohl die SPÖ als einzige Partei seit nunmehr sechs Jahren ein Konzeptpapier mit klaren Positionen in diesen Themenbereichen/Fragestellungen hat – dies noch immer zu wenig bekannt ist."
Inhaltlich werde man sich vor allem der Abschiebung von straffällig gewordenen Asylwerberinnen und Asylwerbern widmen und hier nachschärfen.
Ohne die SPÖ Burgenland
Nicht dabei sind am Samstag die Genossen aus dem Burgenland. Die Landespartei bzw. ihr Chef Hans Peter Doskozil hat schon vor Tagen erklärt, "dass wir am Ergebnis nicht mitwirken" - und dabei bleibt es.
Die burgenländische SPÖ habe ein eigenes Papier zum Thema erarbeitet. Und da man kommunikativ seit Monaten für eine "Asyl-Obergrenze" von 10.000 Verfahren eintrete, sei es im Sinne der innerparteilichen Ruhe sinnvoller, derartige Termine auszulassen. "Wir sind auch für die Beendigung von Sozialleistungen nach dem negativen Abschluss eines Asylverfahrens", sagt Klubchef Roland Fürst zum KURIER. Auch diese Forderung ist in der Sozialdemokratie durchaus umstritten.
A propos Verschärfungen: Einen härteren Kurs beim Thema Migration hatte zuletzt auch Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer gefordert. Er gibt sich im Vorfeld der Arbeitsgruppe, bei dem er online teilnehmen wird, bedeckt. Er begrüße das Treffen. Welche Forderungen er einbringen wird, will er vorab nicht kommunizieren.
Positive Signale aus der Wiener SPÖ
Bleibt die Wiener SPÖ: „Inhaltlich ist das bestehende Papier in Ordnung“, heißt es bei der Stadtpartei. „Wenn es auf einige Kernbotschaften verdichtet werden soll, unterstützen wir das auf jeden Fall.“
Das Wiener Statement umreißt vorab ziemlich genau, womit am Samstag zu rechnen ist, nämlich: einer Art "Übersetzungshilfe", wie die Inhalte des Grundsatzpapiers von Funktionären im Straßenwahlkampf erklärt werden können.
Dass Andreas Babler wenige Monate vor der Nationalratswahl über die Integration und Migration diskutieren und nachdenken lässt, war laut KURIER-Informationen intern durchaus umstritten.
Weckt die SPÖ "schlafende Hunde"?
Insbesondere in Landesparteien wie Nieder- und Oberösterreich, dem Burgenland, der Steiermark und Tirol hat man Bedenken, ob Babler mit dem Gipfel nicht "schlafende Hunde" weckt. "Mit dem Thema der Migration und Zuwanderung gewinnt die Sozialdemokratie keine Sympathien. Insofern ist es unklug, es selbst aufs Tapet zu bringen, wo wir inhaltlich keine bahnbrechend neuen Festlegungen treffen werden", beschreibt ein roter Landesgeschäftsführer die Problematik.
Das wahrscheinlichste Ergebnis ist daher, dass sich die Parteispitze um Andreas Babler darauf verständigt, die Inhalte des Kaiser-Doskozil-Papiers akzentuierter und klarer nach außen zu tragen.
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