Spionageverdacht: Der unauffällige Bundesheer-Oberst Martin M.

Roßauer Kaserne in Wien
Die Staatsanwaltschaft hat U-Haft wegen Fluchtgefahr und Tatbegehungsgefahr beantragt. Heute fällt die Entscheidung.

Über den pensionierten Oberst Martin M. (70), der jahrelang für den russischen Militärgeheimdienst GRU spioniert haben soll, sollte eigentlich am Montag die Untersuchungshaft verhängt werden. Doch die Anhörung des Verdächtigen wurde laut Richter Peter Egger auf heute, Dienstag, verschoben.

Für den Offizier im Ruhestand steht viel auf dem Spiel. Die Staatsanwaltschaft Salzburg wirft ihm den Verrat von Staatsgeheimnissen, die Preisgabe von militärischen Geheimnissen und Tätigkeit für einen fremden Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs vor. Die Strafdrohung beträgt bis zu zehn Jahre Haft. „Die Tathandlungen ereigneten sich fortlaufend in den Jahren 1992 bis Ende September 2018, wobei Tatorte auch im Bundesland Salzburg lagen“, bestätigt Staatsanwalt Robert Holzleitner dem KURIER.

Wegen des Verdachts der Tatbegehungs- und Fluchtgefahr wurde die U-Haft beantragt. Im Verteidigungsressort ist der Fall M. seitens der Spionageabwehr de facto abgeschlossen. Dass es sich bei dem Oberst um einen dicken Fisch handeln könnte, wird bezweifelt.

„War ein U-Boot“

„Es ist zwar kein Rohrbruch, weil er wahrscheinlich nicht die großen Geheimnisse abgesaugt hat“, sagt ein Offizier zum KURIER. „Aber steter Tropfen höhlt auch den Stein, ein Informationsabfluss über längere Zeit kann auch einen großen Schaden anrichten.“

Der pensionierte Oberst fiel in seiner aktiven Zeit eigentlich nicht sonderlich auf und galt eher als introvertiert. „Im Ministerium war er ein U-Boot“, ätzt ein hochrangiger Offizier. In seinem frühen Jahren beschäftigte sich M. mit der Panzer-Doktrin, unter anderem mit dem Einsatz von Jagdpanzern; er war im UN-Einsatz im Ausland und außerdem im Bereich Luftraumüberwachung tätig.

Bis zu seiner Pensionierung vor fünf Jahren werkte der Oberst in der Abteilung Strukturplanung des Ministeriums. Diese Abteilung beschäftigt 22 Mitarbeiter. Zu ihren Aufgaben zählen die Strukturplanung in Sachen Personal und Material einschließlich der Truppenausstattung und persönlichen Ausrüstung der Soldaten. „Die Materialplanung hat die Russen sicher interessiert“, sagt der deutsche Geheimdienst-Experte Erich Schmidt-Eenboom.

Ein Spion im BVT?

Der nun aufgebauschte Spionage-Verdacht gegen den früheren BVT-Mitarbeiter O. ist weniger spektakulär. Wie der KURIER Anfang Juni 2018 berichtete, soll O. klassifizierte Unterlagen von seiner dienstlichen eMail-Adresse an seinen Google-Account verschickt haben. Außerdem dürfte O. Unterlagen aus dem Mailanhang einem russischen Nachrichtendienst weitergegeben haben. O. wurde bei der Staatsanwaltschaft Wien angezeigt.

„Aus der Übermittlung von sieben eMails an seine private Mailadresse lässt sich (...) noch nicht ein begründeter Verdacht ableiten, dass der BVT-Beamte O. unbefugt Staatsgeheimnisse (...) weitergeleitet hat“, stellte das Bundesverwaltungsgerichts Mitte Juni 2018 fest. O. selbst hat die Vorwürfe von Anfang an bestritten.

Spionage-Verdacht beim Heer

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