von Caroline Bartos, Diana Dauer und Philipp Hubmer
Stromanbieter wechseln, ja oder nein? Diese Frage stellen sich gerade viele der zwei Millionen Wien-Energie-Kunden. Zum allgemeinen Anstieg der Energiepreise kommen nun nämlich auch die Liquiditätsprobleme des Energieanbieters, die am Wochenende bekannt wurden.
Grundsätzlich gilt: Für Kunden, die Verträge mit Wien Energie haben, die eine Preisgarantie beinhalten (z. B. bei Optima Entspannt, dem Tarif für alle Neukunden), bleiben die Preise trotz allem für den vertraglich vereinbarten Zeitraum gleich. „Rein rechtlich kann Wien Energie in diesem Fall die Preise nicht erhöhen“, sagt Maximilian Kemetmüller, Jurist beim Verein für Konsumenteninformation.
Geändert werden kann der Stromarbeitspreis laut den Verträgen der Wien Energie nur nach Änderungen des österreichischen Strompreisindex – dieser wird von der Österreichischen Energieagentur errechnet. Der Grundpreis wird nur inflationsabgegolten, so Kemetmüller. Ist ein Preis vertraglich garantiert, bleibt er also ungeachtet der Liquiditätsprobleme aufrecht.
Alle Kunden, die alte Verträge ohne Preisgarantie haben, erhielten bereits vor einigen Wochen eine Mitteilung über die Erhöhung ihres Strompreises. Der höhere Preis gilt ab heute, 1. September, und hat laut Wien Energie nichts mit den Liquiditätsproblemen zu tun.
Große Verunsicherung
Dass die Kunden aufgrund der Nachrichten über die finanziellen Schwierigkeiten von Wien Energie nervös werden, bemerkt man auch beim Tarifvergleichsportal Durchblicker. Seit Sonntag sei die Zahl der Tarifvergleiche bei Strom um zwei Drittel und bei Gas um die Hälfte gestiegen.
„So eine außergewöhnliche Situation, dass ein Landesenergieversorger in finanzielle Probleme dieser Dimension gerät, gab es in Österreich noch nie. Immer mehr Kunden fragen bereits an, ob sie zu einem anderen Energieanbieter wechseln sollen“, sagt Stefan Spiegelhofer, der bei dem Vergleichsportal den Energie-Bereich leitet.
Und was rät der Experte? Bestehende Wien-Energie-Kunden sollen vorerst beim Anbieter bleiben – alle Alternativanbieter seien derzeit noch teurer. Heißt: Dass der Konzern massive Liquiditätsprobleme hat und deswegen der Bund mit einem Darlehen in Höhe von zwei Milliarden Euro einspringen muss, hat keinen Einfluss auf dessen aktuelle Position im Preis-Ranking.
Erst vor zwei Wochen machte Post von Wien Energie einige bestehende Kunden nervös. Damals hatte Wien Energie für den Großteil ihrer Haushaltskunden einen automatischen Wechsel in den Ökostrom-Tarif Optima Entspannt angekündigt. Dieser ist durchschnittlich um ein Viertel teurer. Wer sich aktiv dagegen ausspricht, bleibt im bestehenden Tarif. Auch dieser wird aber künftig laut Durchblicker um vieles teurer werden. Ein Wechsel zum Optima Entspannt-Tarif zahlt sich also aus.
Zuletzt gab es eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen am 15. August, die auch die Preisanpassungsmodalitäten betraf. Für jene Bestandskunden, die sich aktiv dafür ausgesprochen haben, nicht in den neuen Tarif wechseln zu wollen, gelten die neuen Preisanpassungsmodalitäten. Durch diese wird der Strompreis ab 2023 nicht mehr jährlich am 1. Jänner angepasst, sondern gleich zwei Mal, zu den Stichtagen 1. April und 1. Oktober. Konsumenten, die mit 1. 9. auf den neuen Tarif Optima Entspannt wechseln, sieht das Preisblatt eine jährliche Preisanpassung am Tag des Vertragsabschlusses vor.
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