Seit 1.001 Tagen keine Förderung für neuen Ökostrom
Österreich, ganz Europa, befindet sich in der größten Energiekrise seit Jahrzehnten. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine verursacht Preisrallyes an den Energiebörsen. Russlands Präsident Putin versucht, durch gedrosselte oder gestoppte Energieexporte Europa in die Knie zu zwingen. Eine Reaktion der Europäer ist der Fokus auf den Ausbau erneuerbarer Energien in Richtung mehr Energie-Unabhängigkeit. Mehr Ökostrom, und mehr Tempo beim Ausbau, so die Devise.
In Österreich hat hingegen seit 1.001 Tagen kein neuer Windpark eine Förderzusage bekommen. Mit insgesamt 140 Megawatt warten etwa 40 Windkraftanlagen seit dem Start von Türkis-Grün Anfang 2020 auf einen Startschuss.
Schuld ist seit Monaten das Fehlen einer simplen Verordnung: Die Marktprämienverordnung regelt eine garantierte Prämie für Ökostromanlagen. Diese Prämie liegt zwar deutlich unter dem aktuellen Strompreis je Kilowattstunde, dennoch ist sie wichtig, weil sie beispielsweise für Windkraftanlagen eine Art Versicherung ist, dass sie auch noch wirtschaftlich laufen können, wenn der Strompreis wieder so niedrig ist wie vor der Krise.
„Es ist jetzt Handlungsbedarf. Die fehlende Verordnung verhindert eine rasche Umsetzung des Ausbaus. Und je länger wir warten müssen, desto teurer werden die Anlagen, denn die Preise steigen stetig – für die Anlagen, für Stahl, Kupfer und den Transport“, zeigt Stefan Moidl vom Branchenverband IG Windkraft auf.
Nicht nur die Windkraft hat dieses Problem, sondern auch Groß-Fotovoltaik-Anlagen, große Biomassekraftwerke und sogar die Wasserkraft. Seit 1.001 Tagen gibt es keine neuen großen Ökostrom-Projekte. Alles, was derzeit noch an Ökostromanlagen gebaut wird, wurde noch 2019 bewilligt und gefördert. „Das betrifft auch uns“, bestätigt Paul Ablinger vom Kleinwasserkraft-Verband. Vera Immitzer vom Dachverband PV Austria kritisiert: „Die fehlende Verordnung verzögert bei uns alle größeren Projekte.“
„Finale Phase“
Verordnungen werden normalerweise einfach vom zuständigen Minister veröffentlicht. Bei der Marktprämien-VO müssen aber auch Konsumentenschutzminister Johannes Rauch, Wirtschaftsminister Martin Kocher und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig grünes Licht geben. Und genau das passiert nicht – seit Monaten. Warum das so ist, stellt die Betroffenen vor ein Rätsel.
Aus dem Ministerium von Gewessler heißt es dazu gegenüber dem KURIER: „Die umfangreichen Arbeiten zur Marktprämienverordnung sind aus unserer Sicht abgeschlossen. Die Verordnung kann sofort nach Abschluss der regierungsinternen Abstimmung erlassen werden. Klar ist: je rascher das passiert, desto besser. Denn der Ausbau der erneuerbaren Energien ist das Gebot der Stunde und von zentraler Bedeutung für die Unabhängigkeit unserer Energieversorgung.“
Aus dem Büro von Minister Totschnig wurde bestätigt, dass die Verordnung derzeit in der „finalen Phase“ sei, letzte fachliche Fragen würden noch geklärt. Das Ministerium hoffe „auf eine rasche Einigung zu den noch offenen Punkten“ und gehe von einem „zeitnahen Inkrafttreten der Verordnung aus.“
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