Warum gleich zwei Kurz-Dokus ins Kino kommen

FILE PHOTO: Austrian People's Party conference in Graz
Was sich die Filmemacher davon erhoffen und warum Kurz nur einem Filmteam Rede und Antwort stand.

„Vielleicht a bissl drüber, aber geil“, sagt Philipp Maderthaner, einst Kampagnen-Leiter von Sebastian Kurz, am Ende des Trailers von „Kurz – Der Film“.

Der Satz könnte stellvertretend dafür stehen, was sich seit Monaten hinter den Kulissen zweier Filmfirmen abgespielt haben muss und deren Intention war und ist: Jeweils einen Film über Ex-ÖVP-Chef und Ex-Kanzler Sebastian Kurz zu machen – möglichst öffentlichkeitswirksam und erfolgreich.

Ersteres dürfte vor den Kinostarts im September gelungen sein, denn Kinodokumentationen über ein und dieselbe Person zur gleichen Zeit: Das gab es in Österreich noch nie. Und das kam laut KURIER-Recherchen so:

Warum gleich zwei Kurz-Dokus ins Kino kommen

Projekt Ballhausplatz. Filmstart 21.9.

Zwei Filmemacher – Regisseur Kurt Langbein und Produzent Michael Reisch – wollen die Karriere des jüngsten Kanzlers der II. Republik für die Kinoleinwand dokumentieren.

Warum gleich zwei Kurz-Dokus ins Kino kommen

Kurz - Der Film. Startet am 8.9.2023

Getrennt voneinander buhlen sie ab 2022 um Sebastian Kurz’ Mitwirkung an ihren Projekten.

Während Langbein um öffentliche Filmförderungen für „Projekt Ballhausplatz – Aufstieg und Fall des Sebastian Kurz“ ansucht, sie bekommt (Herstellungsförderung Filminstitut inkl. ORF 305.000€/,Herstellungsförderung ÖFI 164.000€) und das Projekt damit publik wird, agiert der österreichische Produzent Michael Reisch „unter dem Radar“, wie er im KURIER-Gespräch sagt. Bis jetzt. (Aufmerksamen Beobachtern hätte schon vor einer Woche auffallen können, dass hinter Kurz’ Anwesenheit bei Reischs Kitzbühel-Filmfestival mehr steckt.)

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Reischs Dokufilm „Kurz – Der Film“ kommt „absichtlich ohne Förderungen und damit Steuergeld aus“, wie er sagt, und ist eine Co-Produktion der österreichischen Pongo Film und der deutschen Opus-R, die „das Projekt vorfinanziert hat“.

„Überredungskunst“

Langbeins Film soll unter anderem laut Eigenbewerbung zeigen, wie es „einer Gruppe junger Männer gelang, die Regierung zu übernehmen und bis an den Rand der Demokratie zu führen. Was die ,Prätorianer‘ antrieb und weshalb ihnen fast das ganze Land zu Füßen lag.“

Reischs Intention sei es von „Anbeginn an gewesen, Kurz kritisch und von allen Seiten zu beleuchten.“ Am Anfang hätte es einiger „Überredungskunst“ bedurft, so Reisch zum KURIER, „Sebastian Kurz von der Mitwirkung zu überzeugen und davon, wohin wir mit dem Film wollen. Hätte er nach den vielen Gesprächen nicht zugesagt, hätten wir den Film nicht gemacht.“

Langbein macht seine Doku ohne Kurz’ Zusage. „Er wurde umfangreich gebeten, mehrfach Stellung zu nehmen. Sebastian Kurz hat ein Interview leider abgelehnt“, sagt Filmemacher Langbein zum KURIER.

"Ich habe immer gewusst,  wo die Licht- und Schattenseiten sind“     

von Sebastian Kurz in "Kurz - Der Film"

Aus Kurz’ Umfeld begründet man die Absage damit, dass „Langbein sich nicht einmal die Mühe gemacht hat, objektiv sein zu wollen. Wer eine demokratische Wahl als illegale Machtübernahme darstellt wie Langbein, der hat ein problematisches Demokratieverständnis.“

Die Dreharbeiten zu „Kurz“ und „Projekt Ballhausplatz“ beginnen im Frühjahr 2023 und dauern rund drei Monate.

Langbein will „Aufstieg und Fall über Erzählungen von Wegbegleitern und einer Collage aus Videos- und Filmarchiven“ zeichnen, bittet dafür u. a. Ibiza-Drahtzieher Julian Hessenthaler, Ex-FPÖ-Politiker Johann Gudenus, Korruptionsexperte Martin Kreutner und Falter-Journalistin Barbara Tóth zu Wort.

Warum gleich zwei Kurz-Dokus ins Kino kommen

Kanzler Sebastian Kurz und SPÖ-Chef Christian Kern 2018 im Parlament

Ex-Neos Chef Matthias Strolz steht beiden Filmemachern Rede und Antwort. Vor der „Kurz-Der Film“-Kamera nehmen u. a. Ex-SPÖ-Chef Christian Kern, Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel, Investigativjournalist Michael Nikbakhsh und neben Kurz einige aus seinem ehemaligen Team (u. a. Elisabeth Köstinger, Gerald Fleischmann, Stefan Steiner) Platz. Die Dreharbeiten mit Kurz selbst fanden laut Reisch „größtenteils in Wien, aber auch auf Reisen in New York und Israel statt“.

MINISTERRAT: KÖSTINGER / KURZ

Ministerrat während der Pandemie: Ministerin Elisabeth Köstinger und Kanzler Sebastian Kurz

"Er hat einen großen Teil der Medien gekauft“

von Ex-Neos-Chef Matthias Strolz

Ziel: 40.000 Zuschauer

Dass beide Filme nun partout im September in den heimischen Kinos anlaufen, das „überrascht“ Langbein, wie er dem KURIER sagt. „Ich habe aus den Medien erfahren, dass jetzt eine zweite Doku gedreht worden ist. Ich fühle mich geehrt, dass mein Film so ernst genommen wird.“

Dezidiert keinen Zusammenhang erkennen will, was die zeitliche Nähe der Filmstarts betrifft, Produzent Reisch. „Wir wissen seit zwei Monaten, dass unser Film am 8. September starten wird.“ In 27 Kinos soll „Kurz – Der Film“ österreichweit gezeigt werden. Ziel sei es, die 40.000 Zuschauer-Marke zu überschreiten. Wenn das gelingen sollte, werde überlegt, die Doku einem Streaming-Dienst anzubieten.

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