Schramböck leistete sich ORF3-Spezial-Sendungen für 320.000 Euro

Schramböck leistete sich ORF3-Spezial-Sendungen für 320.000 Euro
Neos werfen der Wirtschaftsministerin vor, "Steuergeld mit beiden Händen beim Fenster hinauszuwerfen". ÖVP-nahe Agentur würde davon profitieren. ORF und Ministerin dementieren.

Drei Spezial-Sendungen zu "Digital Austria", einer Initiative des Wirtschaftsministeriums von Margarete Schramböck (ÖVP), wurden vergangenes Jahr auf ORF3 ausgestrahlt - im Juni, Oktober und November 2020.

Kostenpunkt: 321.117 Euro. 

Das geht aus einer parlamentarischen Anfrage der Neos hervor, über die der Standard am Freitag berichtete

Zu Beginn der Sendung wies Moderatorin Nina Kraft darauf hin, dass es sich um eine "Sonderproduktion von ORF3 in Kooperation mit dem Digitalisierungsministerium" handle, am Ende hieß es dann: "Eine Produktion des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort".

Schramböck skizziert darin den Digitalisierungsplan ihres Ministeriums, die Initiative solle ein "Job-Motor" sein. Interviewt wurden außerdem Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer, einige Wirtschafts- und Digitalisierungsexperten und auch ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. 

ÖVP-nahe Agentur

Umgesetzt wurden die Spezial-Sendungen von der Agentur GKP Live, die laut zackzack.at bestens mit der ÖVP vernetzt sein soll. So sei die Agentur 2014 auch für den EU-Wahlkampft von Othmar Karas zuständig gewesen und habe immer wieder Aufträge von Ministerien erhalten.

Für den aktuellen Auftrag verrechnete GPK Live dem Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort über 140.000 Euro. 

Moderatorin Nina Kraft, die beim ORF als freie Journalistin Formate wie "Guten Morgen Österreich", "Daheim in Österreich" oder "Licht ins Dunkel" moderiert, erhielt jeweils 5.400 Euro für ihre drei Moderationen. Für die Miete im ORF-Funkhaus fielen 19.000 Euro an.

Steuergeld

"Erst das Kaufhaus Österreich, dann die Digitalisierungsagentur und jetzt das – niemand wirft besser mit beiden Händen Steuergeld zum Fenster hinaus als Ministerin Schramböck", sagt Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter, die die parlamentarische Anfrage gestellt hat.

"Eine Wirtschaftsministerin sollte dafür sorgen, dass es der gesamten österreichischen Wirtschaft gut geht, nicht nur ÖVP-nahen Agenturen. Mehr als 320.000 Euro Steuergeld für eine substanzlose ÖVP-Dauerwerbesendung auszugeben, und das mitten in der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg, ist an Unanständigkeit kaum mehr zu überbieten."

Und die pinke Abgeordnete fragt: "Wenn es eine rein redaktionelle Entscheidung war, diese Off-house-Produktionen der ÖVP-Ministerin unentgeltlich zu senden – an wen dürfen wir uns zwecks Ausstrahlung wenden, wenn wir das nächste Neos-Video mit Informationen für Klein- und Mittelbetriebe und Ein-Personen-Unternehmen drehen?"

ORF: "Redaktionelle Entscheidung"

Der ORF hat den Vorwurf, dass es sich bei dem Format um Werbesendungen gehandelt habe, bereits im Mai 2021 zurückgewiesen - diese Stellungnahme habe auch jetzt noch Gültigkeit, heißt es aktuell zum Standard.

Die Ausstrahlung sei eine "redaktionelle Entscheidung" gewesen. Der ORF habe während der Pandemie verschiedene Programminitiativen gesetzt: "Eine davon ist es, Symposien und Kongressen zu relevanten Themen aus den verschiedensten Bereichen wie zum Beispiel Digitalisierung, Wirtschaft, Nachhaltigkeit et cetera, die aufgrund der Corona-Sicherheitsmaßnahmen nicht wie geplant stattfinden können, eine mediale Plattform zu geben."

Ministerium: "Generalthema mit ORF beschlossen"

Laut Beantwortung der parlamentarischen Anfrage durch Ministerin Schramböck wurden mögliche Inhalte und Sendungsformate in "mehreren Besprechungen zwischen den fachlich zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Kabinetts, der Digitalisierungsagentur und des ORF" diskutiert.

Mit dem ORF wurde dann ein "Generalthema" beschlossen, "anschließend erfolgte die Detailausarbeitung der Inhalte durch mein Ressort und die Digitalisierungsagentur", schreibt Schramböck. Für die Ausstrahlung erhielt der ORF jedenfalls kein Geld.

Dass auch ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz seinen Auftritt bekam, sei "naheliegend" gewesen, heißt es, "da sich der ORF selbst in einer Phase der digitalen Transformation befindet".

Die Anfragebeantwortung samt Aufschlüsselung der Kosten finden Sie hier, auf der Website des Parlaments.

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