Riskante Spekulationen schon 2001

Ein Mann mit grauem Haar und Anzug sitzt in einem Publikum.
Neue Unterlagen eines Finanzexperten besagen, dass das Land Salzburg bereits 2001 riskant spekuliert habe.

Der Linzer Finanzexperte und Universitätsprofessor Meinhard Lukas hat am Mittwochabend in der letzten Sitzung des Finanzausschusses des Salzburger Landtages vor der Wahl neue Unterlagen präsentiert, wonach das Land bereits wesentlich früher als bekannt begonnen hat, hochriskant zu spekulieren. Die Opposition forderte volle Aufklärung.

Der Finanzexperte legte eine im Oktober 2001 vom damaligen Landes-Finanzreferenten LHStv. a.D. Wolfgang Eisl unterfertigte Vollmacht vor, die auf Monika Rathgeber und den Leiter der Finanzabteilung, Eduard Paulus, ausgestellt ist und auch zu riskanten Geschäften ermächtigt. Laut Lukas seien die gelisteten Finanzinstrumente und die als Folge abgeschlossenen Finanzgeschäfte sehr kritisch zu sehen. "Bei den Veranlagungen handelt es sich zum Teil um illiquide Anleihen mit Verzinsungen, die schwer nachvollziehbar sind", so Lukas. Bei Derivaten mit Fremdwährungsanteilen habe Salzburg eine Rolle eingenommen, wie das "üblicherweise nur Investmentbanken" tun.

Eisl schloss riskante Finanzgeschäfte aus

Eisl hatte zuletzt betont, nie spekuliert zu haben. "Ich schließe nahezu aus, dass es in meiner Zeit riskante Finanzgeschäfte gegeben hat", sagte der Ex-Politiker etwa bei seiner Befragung am 22. Februar vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. "Mir ist bis zum heutigen Tag kein einziges solches Geschäft aus meiner Amtszeit bekannt." 2000 bis 2004 habe das Finanzmanagement im Wesentlichen aus einfachen Zinsgeschäften bestanden, die an Grundgeschäfte gebunden gewesen seien. „Ich habe nie den Auftrag erteilt, losgelöst von Grundgeschäften, Spekulationsgeschäfte zu betreiben. Das hätte ich auch nie geduldet“, so Eisl damals.

Auch in der ÖVP-Stellungnahme zum Ergebnis des Untersuchungsausschuss heißt es: "Eisl persönlich kontrollierte die Tätigkeit des Finanzmanagements laufend und achtete darauf, dass die Geschäfte nicht so weit ausuferten, dass sie unkontrollierbar wurden." In den ersten beiden Jahren habe sich Eisl sogar die Genehmigung der einzelnen Geschäfte vorbehalten.

Retourkutsche?

Im Gespräch mit der APA am Donnerstag meinte der Ex-Politiker: "Ich kann mich nicht mehr an die Vollmacht erinnern, das ist zwölf Jahre her. Ich weiß auch nicht, ob das Schreiben echt oder das Datum echt ist." Sollte - "und ich sage das bewusst im Konjunktiv" - das Dokument tatsächlich aus seiner Zeit stammen, hätten seine Nachfolger jedoch Zeit genug gehabt, die entsprechenden Passagen zu ändern. Eisl sieht im Auftauchen der Vollmacht "eine Retourkutsche im Wahlkampfgetöse", weil er jüngst Finanzlandesrat Georg Maltschnig geklagt habe.

Auch ein zweites am Mittwoch bekannt gewordenes Dokument weist darauf hin, dass das Land schon früh mit sehr riskanten Finanz-Deals befasst war. Laut Lukas ist im Jahr 2003 ein Wiener Beratungsunternehmen, das dem Land bei Spekulationsgeschäften helfen sollte, wegen riskanter Währungsgeschäfte aus seiner Tätigkeit für das Land ausgestiegen.

Kritik

Kritik kommt nach Auftauchen der neuen Unterlagen auch von der Opposition: "Allein diese Beispiele zeigen, dass noch ausreichend Aufklärungsbedarf besteht", so FPÖ-Klubobmann Karl Schnell am Mittwoch in einer Aussendung.

Auch die grüne Landesprecherin Astrid Rössler sprach gegenüber der APA von einer wichtigen neuen Erkenntnis: "Vor allem die Art und Vielzahl der Geschäfte zeigt, dass das Spielcasino schon unter Eisl in der vollen Dimension stattgefunden hat. Hier muss sich die ÖVP schon den Vorwurf gefallen lassen, nicht - wie behauptet - vorsichtig in die Welt der Derivate eingestiegen zu sein."

Ins gleiche Horn bläst die SPÖ: "Die neuen Erkenntnisse belegen, dass es nicht erst - wie von der ÖVP suggeriert - langsam begonnen hat. Schon 2001 ist es mit dem Spekulieren voll los gegangen", so SPÖ-Klubchef Roland Meisl.

Dass es für die Länder noch immer kein Spekulationsverbot in Verfassungsrang gibt, hat am Donnerstag wieder einmal den Nationalrat beschäftigt. Das BZÖ sorgte erneut für eine Einwendungsdebatte zu dem Thema, die von gegenseitigen Schuldzuweisungen gekennzeichnet war. Einig war man sich nur, einen Beschluss vor der Nationalratswahl im Herbst zusammenbringen zu wollen.

Pattsituation

Niemand in Österreich verstehe, dass man sich nicht auf Regelungen gegen das Spekulieren mit Steuergeldern und auf ein einheitliches Haushaltsrecht einigen könne, sagte BZÖ-Kluchef Josef Bucher. "Der Grund kann nur der sein, dass man es dem Rechnungshof so schwer wie möglich machen will, in die eigene Buchhaltung Einblick zu nehmen."

Die Länder und die rot-schwarze Rücksichtnahme auf deren Blockadehaltung machte auch der Grüne Bruno Rossmann für die aktuelle Pattsituation verantwortlich. Das Verbot über eine 15a-Vereinbarung statt über eine Verfassungsregelung umzusetzen wäre ein "Verwässerungsstück", das Argument des Eingriffs in die Finanzautonomie "lachhaft". Ähnlich sah man das beim Team Stronach. "Letzten Endes geht es darum, dass man die Länder in die Schranken weist", so Klubchef Robert Lugar.

Bis zum Scheitern der Verhandlungen im März hatten die Regierungsfraktionen auf die FPÖ als Mehrheitsbeschaffer für die notwendige Zweidrittelmehrheit gehofft. FP-Finanzsprecher Elmar Podgorschek zeigte sich auch weiter für eine gemeinsame Regelung bereit. Das einheitliche Rechnungswesen könne man sofort beschließen, beim eigentlichen Spekulationsverbot müsse man einzelne Formulierungen nur noch wasserdicht machen, sagte er. Man hätte sich Zeit erspart, wäre die Materie schon vor vier Wochen in den Ausschuss rückverwiesen worden.

"Wahltaktik" und "billiges Manöver"

Ganz andere Ursachen, nämlich Wahltaktik, vermutete SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer hinter dem Widerstand der Opposition, speziell der FPÖ. "Ich hoffe, dass nach den Landtagswahlen in Tirol und Salzburg die Oppositionsparteien bereit sind, diesen wichtigen Weg mit uns zu gehen." An den Sozialdemokraten werde die Verfassungsregelung jedenfalls nicht scheitern.

Ein billiges Manöver des BZÖ ortete ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll hinter der Debatte. "Das Spekulationsverbot wird auf jeden Fall vor dem Sommer beschlossen", fraglich sei nur, ob als einfaches oder als Verfassungsgesetz. Die ÖVP bekenne sich jedenfalls zur gemeinsamen Verantwortung von Bund, Ländern und Gemeinden, man dürfe "nicht über die Länder drüberfahren".

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