"Revolution" abgeblasen: SPÖ pfeift auf Meinung ihrer Mitglieder

"Revolution" abgeblasen: SPÖ pfeift auf Meinung ihrer Mitglieder
SPÖ-Wien und Bundespartei drehen neue Mitgliederrechte ab. Widerstand formiert sich, Streit auf Parteitag ist programmiert.

Die SPÖ-Spitze um Pamela Rendi-Wagner hat auf Geheiß der Wiener SPÖ die lang debattierte Parteireform entsorgt. Im Juni gab es dazu eine Mitgliederbefragung, bei der 22 Prozent mitgemacht und sich mit Zustimmungsraten von 70 bis 80 Prozent für einzelne Reformpunkte ausgesprochen haben.

Ab 20 Prozent ist die Mitglieder-Befragung bindend. Das hat der Parteivorstand noch unter Christian Kern beschlossen. Aber das zählt jetzt nicht mehr. Kern und die von seinem Geschäftsführer Max Lercher ausgerufene „Revolution“ wird um mindestens zwei Jahre verschoben. Lercher wurde mittlerweile abgelöst. Kern ist gegangen.

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Gegen Husch-Pfusch

Dennoch, die SPÖ-Landeschefs in Wien, Eisenstadt, Klagenfurt und St.Pölten unterstützen das Aussetzen der eigenen Beschlüsse. Man brauche mehr Zeit, wolle keine Husch-Pfusch-Aktion, der Parteitag im November sei mit der Wahl von Rendi-Wagner und Andreas Schieder sowie dem Beschluss des neuen Parteiprogramms ohnehin vollgestopft.

Er wolle den Fokus nun auf die Inhalte der Partei und nicht auf „Vereinsmeierei“ legen, sagt Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. „Statutenreiterei“ bringe nichts in dieser „doch sehr herausforderenden Situation für die Sozialdemokratie“.

Der heikelste Punkt der Parteireform wäre gewesen, dass SPÖ-Politiker künftig nur zehn Jahre im Amt bleiben dürfen. Außer, sie werden von einer Zweidrittelmehrheit der Delegierten bestätigt. Das Problem: Heute sitzen 23 der 52 SPÖ-Abgeordneten schon die zweite Periode im Parlament – würden also im Fall einer Wiederkandidatur eine Zweidrittelbestätigung brauchen. Ludwig war stets gegen diese Hürde.

Nicht alle lassen sich die Absage der Reform gefallen, denn diese soll Jungen Aufstiegschancen bieten und vor allem die Mitbestimmung der Mitglieder ausweiten (z.B. Urabstimmung über Koalitionsabkommen). Die Jungen in der Partei schimpfen, die SPÖ-Oberösterreich, die Sektion 8 aus Wien und Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler protestieren. Babler zum KURIER: „Die Öffnung der Partei ist die entscheidende Zukunftsfrage. Eine Mitgliederpartei darf sich nicht vor Mitgliederentscheidungen fürchten. Die neue Vorsitzende muss gestärkt werden, auch gegen bestimmte Cliquen, die nur an ihren Machterhalt denken.“

Babler will dafür sorgen, dass auf dem Parteitag sehr wohl über die Parteireform abgestimmt wird: „Keine Rede von Husch-Pfusch, wir diskutieren das seit Jahren.“

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