Regierung: Match um die Edtstadler-Nachfolge

Regierung: Match um die Edtstadler-Nachfolge
Die FPÖ will das Staatssekretariat ins Sozialressort verschieben, die Volkspartei winkt ab. Was steckt dahinter?

Der Bundesregierung steht eine personelle Umstellung ins Haus. Die Staatssekretärin im Innenministerium, Karoline Edtstadler, kandidiert auf Platz 2 der türkisen EU-Liste und wechselt nach der EU-Wahl, spätestens heuer im Herbst, von Wien nach Brüssel.

Zwischen FPÖ und ÖVP sind bereits Diskussionen über Edtstadlers Nachbesetzung in Gang. Die FPÖ möchte das Staatssekretariat im Innenressort abschaffen und stattdessen bei Beate Hartinger-Klein im Sozialministerium ansiedeln. Die FPÖ-Argumentation für die Umstellung lautet: Im Innenministerium sei das Staatssekretariat „überflüssig“, denn Minister Herbert Kickl schaffe seine Aufgaben allein.

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Hingegen habe Beate Hartinger-Klein ein riesiges Ressort mit neun Sektionen zu bewältigen – eine noch nie dagewesene Akkumulation von Zuständigkeiten: Gesundheit, Soziales und Arbeitsmarkt seien stets auf zumindest zwei Ressorts verteilt gewesen. Hartinger-Klein, so heißt es in der FPÖ, könnte ein Staatssekretariat zu ihrer Entlastung gut gebrauchen.

Aber da beißen die Blauen bei den Türkisen auf Granit. Die ÖVP winkt beim Staatssekretariats-Transfer ab. Sie hat dafür weniger praktische als vielmehr strategische Gründe. Edtstadler erfüllt für die ÖVP die Rolle der strengen Sicherheitspolitikerin. Weil die ÖVP bei der Regierungsbildung beide Sicherheitsressorts – das Innen- und das Verteidigungsministerium – der FPÖ überlassen hat, will sie ihren einzigen Außenposten im Sicherheitsbereich nicht aufgeben.

Hinter dem Tauziehen um die Positionierung des Staatssekretariats steckt eine weitere türkis-blaue Differenz: die Suche nach einer Pflegefinanzierung.

Kanzler Sebastian Kurz hat bereits auf seiner Wahlsieg-Jahrestagsrede im Oktober 2018 ein nachhaltiges Finanzierungsmodell für die Pflege angekündigt. Und zwar bis Jahresende 2018.

Diese Frist ist inzwischen nachweislich verstrichen.

In Wirklichkeit hat die Koalition für die Pflegefinanzierung keine Lösung. Die FPÖ will eine Genossenschaft schaffen, über die pflegende Verwandte angestellt werden und Pensionszeiten erwerben können.

Die ÖVP hält von dem FPÖ-Modell jedoch wenig. Sie überlegt eine Pflege-Versicherung nach dem Muster der Kranken- und Pensionsversicherung.

Dagegen sind wiederum die Blauen. Eine Versicherung würde auf eine Beitragserhöhung bzw. eine neue Belastung hinauslaufen, heißt es. Selbst wenn unterm Strich real eine Entlastung herauskäme, indem anderswo mehr gestrichen würde als eine Pflegeversicherung kostet, schreckt die FPÖ vor einer „Belastung“ zurück.

Das Thema der Pflegefinanzierung scheint im Moment nur schwer lösbar. Nun argwöhnt die ÖVP, die FPÖ hätte deswegen gern einen türkisen „Pflege-Staatssekretär“ installiert, damit dieser sich mit dem Mega-Thema herumschlagen muss. Die FPÖ bestätigt einen solchen Hintergedanken indirekt, indem man dort beklagt: Hartinger-Klein habe de facto alle großen Reformbrocken des ersten Jahres gestemmt, von der Kassenreform über die Mindestsicherung bis zur laufenden Reform des Arbeitsmarktservices. „Wo bleibt eigentlich die Leistung von Reformminister Josef Moser?“, fragt man sich in den Reihen der FPÖ.

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Die wiederkehrenden FPÖ-Attacken auf Moser entspringen nicht nur Revanchegefühlen, weil Moser von Blau zu Türkis wechselte. Auch das Match, welche Partei die schwierigen Brocken anpacken muss, führt zu den Reibereien.

Mit dem Nachweis, die Bevölkerung massiv entlastet zu haben, will die FPÖ in die Nationalratswahl 2022 ziehen. FPÖ-Finanz-Staatssekretär Hubert Fuchs hat intern vorgerechnet, dass am Ende der Periode 40,4 Prozent Abgabenquote erreicht sein werden. 2019 hält Österreich bei 42,1 Prozent, fehlen also 1,7 Prozent des BIP, das sind grob gerechnet 6,5 Milliarden Euro, die die Regierung bei abflauender Konjunktur wird auftreiben müssen.

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