Nur 35 Prozent zufrieden: Teuerung trübt Österreichs Demokratie

Eine Statue mit goldenen Verzierungen steht vor einer wehenden rot-weiß-roten Flagge mit Adler.
Laut der Studie ist die Zufriedenheit mit dem politischen System in allen Bevölkerungsgruppen gesunken.

Zusammenfassung

  • Nur 35 Prozent der Bevölkerung sind mit dem politischen System in Österreich zufrieden, Hauptgründe sind Teuerung und mangelnde Interessenvertretung.
  • Vertrauen in gewählte Institutionen ist gesunken, während Polizei, Gerichte und Verwaltung weiterhin hohe Werte aufweisen.
  • Trotz sinkender Systemzufriedenheit halten 89 Prozent die Demokratie für die beste Staatsform, wobei die Teuerung das wichtigste politische Anliegen bleibt.

Nur 35 Prozent der Bevölkerung finden, dass das politische System in Österreich gut funktioniert. Für die sinkenden Werte sind vor allem die Teuerung und die Erfahrung verantwortlich, dass die eigenen Interessen nicht vertreten werden, erklärte Martina Zandonella. Sie präsentierte am Mittwoch die Ergebnisse des Demokratie Monitors des Instituts Foresight. Die Haltung gegenüber der Demokratie blieb hingegen gleich: 89 Prozent halten sie für die beste Staatsform.

Befragt wurden im Oktober und November 2.005 in Österreich lebende Menschen ab 16 Jahren (Schwankungsbreite 2,2 Prozent). 2018, als das jährliche Projekt erstmals durchgeführt wurde, war die Zustimmung noch fast doppelt so hoch: 64 Prozent meinten damals, das politische System in Österreich funktioniere sehr gut oder ziemlich gut. 2024 waren es zumindest noch 43 Prozent.

Krise der Repräsentation

Zandonella sieht eine Krise der Repräsentation. Die negative Entwicklung betrifft nämlich gewählte Institutionen und Personen. 48 Prozent vertrauen dem Bundespräsidenten (2018: 58 Prozent), 41 Prozent dem Parlament (2018: 48 Prozent) und 32 Prozent der Bundesregierung (2018: 43 Prozent). Diese Entwicklung sei in den meisten westlichen Demokratien bemerkbar, sagte die Forscherin. Bessere Vertrauenswerte haben hierzulande die Polizei (73 Prozent), die Gerichte (64 Prozent) und die Verwaltung (60 Prozent) - diese Zahlen haben sich seit 2018 auch kaum verändert.

Gesunken sei die Zufriedenheit mit dem politischen System in allen Bevölkerungsgruppen. Besonders relevant dafür ist die finanzielle Situation: So denken nur 19 Prozent im untersten Einkommensdrittel, dass das System gut funktioniert (2018: 49 Prozent). Im mittleren Einkommensdrittel glauben das 38 Prozent (2018: 66 Prozent), im obersten Einkommensdrittel 50 Prozent (2018: 85 Prozent).

Menschen mit geringerem Einkommen hätten besonders selten Erfahrungen gemacht, die dem Demokratie-Ideal entsprechen - etwa, dass jede Stimme gleich viel zählt, so Zandonella. So glauben nur 17 Prozent im untersten Drittel, dass Menschen wie sie im Parlament gut vertreten sind, im obersten Drittel sind es 45 Prozent. Zudem sind sie stärker von der Teuerung betroffen - 79 Prozent im untersten Drittel gaben an, dass sie beim Lebensmitteleinkauf sparen mussten. Über alle Befragten hinweg waren es 47 Prozent.

Teuerung als wichtigstes Anliegen

Die Teuerung ist für die Bevölkerung auch das Top-Thema: 35 Prozent nannten sie als ihr derzeit wichtigstes politisches Anliegen, und dabei insbesondere die hohen Lebensmittel-, Energie- und Wohnkosten. Für 23 Prozent sind Verteilungsfragen wie Armutsbekämpfung und Wohlstandssicherung die wichtigsten Anliegen. 18 Prozent nennen die Zuwanderung - zehn Prozent äußerten sich besorgt darüber, beispielsweise wegen der Integration, acht Prozent nutzten abwertende Formulierungen sowie rechtsextreme Begriffe wie Remigration, führte Zandonella aus. Für weitere acht Prozent stehen jeweils Wirtschaft und Arbeit, Gesundheitsversorgung sowie innere und äußere Sicherheit im Fokus, für sieben Prozent das Thema Klima und Nachhaltigkeit.

Kaum Veränderungen gibt es beim Ansehen der Demokratie. 89 Prozent halten sie für die beste Staatsform, einen "starken Führer" wünschen sich gleichzeitig 20 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigte sich bereits 2018. Beim demokratischen Bewusstsein gebe es Luft nach oben, die Demokratie würde aber nicht an Zustimmung verlieren, resümierte Zandonella.

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