"Moderne Feministinnen setzen Frauen mit Kindern unter Druck"

KURIER: Sie wären für eine Koalition mit der FPÖ gewesen. Wie sehen Sie die ÖVP heute?
Laura Sachslehner: Die ÖVP hat keine leichte Zeit hinter sich. Mit einem klaren Mitte-Rechts-Kurs, für den Christian Stocker steht, kann sie wieder erfolgreich sein.
Die ÖVP ist aber – auch wegen der Koalitionen – nach links gerückt.
Ich war ja der Meinung, dass man mit Kickl eine Koalition andenken hätte sollen – einfach, weil die FPÖ stärkste Kraft geworden ist. Herbert Kickl hat eine große Chance vertan.
Überlässt die ÖVP der FPÖ zu viele Themen?
Lustig, dass Sie das fragen. Ich selbst bin ja viele Jahre lang, auch von Journalisten, als „Krawallmacherin“ belächelt worden, weil ich darauf gepocht habe, dass die Migration eines der wichtigsten Themen und wahlentscheidend ist.
Sie gehen mit Ihren Ansichten oft mit der FPÖ konform. Hat Ihnen diese jemals ein Angebot gemacht?
Nein, kein ernsthaftes, und ich hätte es auch nie in Betracht gezogen.

Waren Sie gelegentlich zu laut?
Ich bin sicher ab und zu angeeckt. Oft konnte ich die Aufregung aber gar nicht nachvollziehen. Ich bin Fan einer klaren Sprache und mag es nicht, wenn alles mit weichgespülten Phrasen umschrieben wird. Natürlich macht man sich damit nicht nur Freunde.
Geht einem manche harte Kritik dann nicht doch unter die Haut?
Nur in ganz wenigen Momenten hat mich etwas wirklich verletzt, sonst versuche ich, es auszublenden. Der Ton in der öffentlichen Auseinandersetzung ist sehr rau.
Es gibt die These, dass man freiheitliche Themen wie Migration, auch deshalb mit Vorsicht aufgreifen muss, weil das letztlich nur die Blauen groß macht.
Wird das Thema der FPÖ überlassen, kann sie so tun, als wäre sie die Einzige, die das Problem sieht. Der Bundeskanzler hat ja angesprochen, dass die Europäische Menschenrechtskonvention, die uns in dieser Frage am meisten hemmt, reformiert werden muss. Ich kann nur an alle appellieren, das zu unterstützen.
Sie haben ein Buch über „Fake Feminismus“ geschrieben: Erreicht der Feminismus überhaupt die Migrantinnen?
Nein, ich denke nicht. Wir leben in einer Zeit, wo teilweise schon sehr junge Frauen zum Kopftuch gedrängt werden, wo Frauen Opfer patriarchaler Wertvorstellungen werden. Gleichzeitig haben wir einen Feminismus, der über Gratis-Menstruationsartikel und darüber diskutiert, was die Definition einer Frau ist. Das sind keine zentralen Fragen.
Welche wären das denn?
Sicherheit ist wieder zentral geworden. Außerdem setzen moderne Feministinnen Frauen mit Kindern extrem unter Druck und versuchen, ihnen ein bestimmtes Lebensmodell aufzuzwingen.
Ist der Regierungsplan, das Kopftuch für Mädchen unter 14 Jahren zu verbieten, richtig?
Es ist sicher richtig, geht aber nicht weit genug. Wollen wir generell in einer Gesellschaft leben, wo ein Symbol der Unterdrückung und des politischen Islam so präsent ist? Ich finde, dass das Kopftuch im öffentlichen Bereich nichts verloren hat: in Schulen, wie in Ämtern.
Das ausführliche KURIER TV-Gespräch mit Laura Sachslehner
Die Zahl verschleierter Frauen nimmt stark zu. Ist der Trend nicht ohnehin unumkehrbar?
Das glaube ich nicht. Aber umso entscheidender ist es, dagegen anzutreten und klarzumachen, wie wir uns unser gesellschaftliches Zusammenleben vorstellen. Wir brauchen Konsens darüber, dass wir null illegale Zuwanderung wollen und null Toleranz gegenüber importierten Wertvorstellungen haben, die nicht mit unseren konform gehen. Das muss der Rechtsstaat gegebenenfalls auch mit Härte verteidigen.
Wie kann die Politik den Kontakt zu den Jungen wieder herstellen?
Die Jugend ist wesentlich konservativer, als man annehmen würde. Sie will Familie gründen, sich ein Eigenheim schaffen und erwartet Antworten auf Fragen der Zuwanderung. Wenn man da Klartext spricht, lassen sich junge Menschen wieder von der Politik ansprechen.
Haben Sie für immer Adieu gesagt zur Politik?
Mein Mann meint, dass ich das nicht einmal fünf Jahre aushalte, ich wette dagegen. In den nächsten Jahren ist das für mich sicher kein Thema. Aber ich bin erst 31. Wer weiß, was in 20 Jahren ist.

Unsere Zeit ist sehr polarisiert.
Ich tue mir schwer damit, wenn Menschen anderer Meinung als radikal, Schwurbler oder Leugner von irgendetwas bezeichnet werden. Das sind mundtotmachende Argumente. Sobald es auf diese moralische Ebene gehoben wird, gibt es keinen Diskurs mehr. Gerade Parteien links der Mitte sind darin Meister.
Leben Sie nicht auch selbst irgendwie in Ihrer eigenen Blase?
Sich nur in der eigenen Echokammer aufzuhalten, ist sicher nicht schlau. Ich kann nur jedem empfehlen, auch Bücher und Medien zu lesen, die nicht die eigene Meinung wiedergeben. Ich habe viele Freunde, die überhaupt nicht meine politische Meinung teilen.
Kann es sich die ÖVP leisten, auf Laura Sachslehner zu verzichten?
Meine Heimat war immer die ÖVP Wien, und da haben wir heuer eine schmerzliche Niederlage erlitten, wo auch mein Grundmandat in Wien-Landstraße verloren ging. Damit war für mich klar, dass ich die Politik verlasse.
Zur Person:
Laura Sachslehner studierte Publizistik sowie Kultur- und Sozialanthropologie. Über Freunde kam sie zur JVP, die damals von Sebastian Kurz geleitet wurde.
Sie arbeitete für die ÖVP Wien, wurde 2022 Generalsekretärin der Bundes-ÖVP, legte das Amt aber nach inhaltlichen Differenzen im selben Jahr nieder. Sachslehner ist Kolumnistin und Autorin mehrerer Sachbücher. Nach der Wien-Wahl verlor sie ihr Mandat im Landtag und verließ die Politik. Im Juli wurde sie Mutter.
Als Generalsekretärin wurden Sie oft als „Frau fürs Grobe“ bezeichnet. Waren Sie das wirklich?
Ich sah es als meine Aufgabe, das Profil der ÖVP zu schärfen – natürlich auch in Abgrenzung zu anderen Parteien. Für manche hat es nicht zusammengepasst, weil ich damals eine erst 27-jährige Frau war.
Sind Sie auch für manche ÖVPler zum Feindbild geworden?
Nein. Ich denke, ich habe mir mit meiner fehlenden Konfliktscheu auch Respekt erarbeitet.
Provozieren Sie gerne? Sie schreiben im für seine Ruppigkeit bekannten Medium Exxpress, dessen Reputation nicht gut ist.
Das liegt eher an der Berichterstattung anderer Medien über den Exxpress. Ich glaube, dass es auch ein Medium braucht, dass rechts der Mitte Position bezieht.
Was bedeuten Ihre polnischen Wurzeln für Sie? Sie sind zweisprachig aufgewachsen, Ihre Mutter ist Polin.
Ich habe Werte wie Fleiß, Disziplin und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn von daheim mitbekommen. Man müsste meine Mama fragen, ob das mit den polnischen Wurzeln zusammenhängt.
Hat Ihre neugeborene Tochter Ihre Sicht auf die Welt verändert?
Es hat meine Ansicht in vielen Dingen gefestigt.
Wo wird man Sie beruflich in Zukunft antreffen?
Jetzt bin ich erst einmal Mama: die aufregendste und anstrengendste Aufgabe, die ich bisher übernommen habe. Nebenbei bin ich Autorin und Kolumnistin. Weitere Zukunftspläne will ich noch für mich behalten. Da bin ich abergläubisch.
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