Prozess um Pilnacek-Buch: Gerichtsmediziner sah "keinen Hinweis auf Tötungsdelikt"

Der von Bundespolizeidirektor Michael Takacs und weiteren Spitzenpolizisten angestrengte Prozess gegen die Zack Media GmbH mit Herausgeber Peter Pilz ist am Donnerstag fortgesetzt worden. Die Beamten werfen ihm wegen der Kritik an der Polizei in seinem Buch rund um das Ableben von Ex-Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek üble Nachrede vor. Die Gemeindeärztin, die am Unfallort den Tod feststellte, widersprach als Zeugin den Aussagen von Pilnaceks damaliger Freundin.
Diese hatte noch am Dienstag selbst als Zeugin am Wiener Landesgericht gemeint, die Gemeindeärztin hätte ihr gesagt: "Niemals hat sich der umgebracht. Männer gehen nicht ins Wasser, Männer erschießen sich, erhängen sich, aber niemals in Wasser." Dem entgegnete die Medizinerin scharf: "Sicher nicht hab ich so einen Blödsinn gesagt."
Widerstand gegen Obduktion
Zu Beginn des heutigen Prozesstages, in dem es den Klägern auch um die Einziehung des Buches ("Der Tod des Sektionschefs") geht, schilderte die Gemeindeärztin, dass sie zum Fundort gerufen wurde, um dort den Tod festzustellen. Auffällig gewesen sei der "tiefblaue Schädel". Weil sie nicht gewusst habe, woran er gestorben sei, habe sie bei den Polizisten eine Obduktion angeregt. Dabei sei ihr "mit massivem Widerstand" begegnet worden. "Das ist mir noch nie passiert. Das ist auch völlig unübliches Verhalten gegenüber einer Ärztin." Normalerweise habe sie in so einer Situation keinen Streit mit der Polizei. "Wenn a Leich is, braucht mich ja die Polizei. Nicht umgekehrt."
Schließlich habe eine Polizistin mit der zuständigen Staatsanwältin telefoniert. Die Ärztin kann eine Obduktion nur anregen, anordnen muss sie die Staatsanwaltschaft. Sie habe schließlich das Telefon bekommen und zu der ihr gut bekannten Staatsanwältin gesagt: "Schnucki, wenn ich jetzt ah Hackn' hab, hast'as du auch. Wir brauchen eine Obduktion." Diese hätte ihr entgegnet: "Nur weil der bekannt ist, brauchen wir keine Obduktion", woraufhin die Gemeindeärztin wieder meinte: "Ich brauch keine Obduktion, weil er bekannt ist, sondern weil ich nicht weiß, wie er gestorben ist". Auch heute unterstrich sie: "Ob das jetzt der Herr Pilnacek oder ein Sandler ist, ist mir persönlich wurscht." Letztlich habe sie einen auf Anweisung der Staatsanwältin einen "Zweizeiler" geschrieben und der Polizei übergeben, die Obduktion sei daraufhin angeordnet worden.
Mit Pilnaceks damaliger Freundin sei sie "nicht befreundet" gewesen, habe aber mit ihr über das Vorgehen der Polizei gesprochen, "weil ich so erbost war".
Gerichtsmediziner: Keine Hinweise auf Tötungsdelikt
Am Nachmittag war dann der Gerichtsmediziner geladen, der die Obduktion durchführte. Dabei fand er keine Hinweise, die auf ein Tötungsdelikt schließen lassen, antwortete er auf eine entsprechende Frage. Der Leichnam habe typische "Ertrinkungsbefunde" wie wässrigen Mageninhalt aufgewiesen. Er hatte ein paar Hämatome, diese könnten aber auf einen Sturz zurückzuführen sein. Außerdem sei keine der Verletzungen als "schwer" zu klassifizieren. "Für Schläge wären diese Verletzungen absolut untypisch", betonte er. Auch Hinweise auf eine Herzvorerkrankung hätte die Obduktion nicht ergeben.
Er habe die Obduktion sechs Tage nach dem Tod Pilnaceks durchgeführt, da er zum Zeitpunkt des Todes auf Reisen gewesen sei. Das sei kein unüblicher Vorgang und auch mit der Staatsanwaltschaft abgeklärt gewesen. Der Leichnam sei ordnungsgemäß gekühlt gewesen und habe kein Zeichen von Fäulnis aufgewiesen. Interventionen von Politikern oder Journalisten, das Gutachten "auf eine gewisse Weise zu gestalten", habe es nicht gegeben. Bei der Obduktion sei eine Alkoholisierung von 1,4 Promille festgestellt worden. Der Todeszeitpunkt lasse sich bei Wasserleichen schwer feststellen.
Für den Gerichtsmediziner ist ein Suizid plausibel. Einerseits gäbe es Schuhspuren zum Wasser, andererseits würde ein Sturz ins Wasser in der Regel auch keine Verletzungen hinterlassen. Zu beurteilen, ob es sich um einen Unfall oder Selbstmord handle, sei aber nicht seine Aufgabe.
Mail von Katharina Nehammer
Gleich am Anfang des heutigen Verhandlungstages waren die Aussagen von Pilnaceks damaliger Freundin am Dienstag Thema. Diese hatte als Zeugin ausgesagt, nach dem Tod hätte sie die damalige Kanzlergattin Katharina Nehammer angerufen und Unterstützung angeboten, obwohl sich die beiden nicht kennen. Heute früh habe er eine Mail von Nehammer bekommen, indem sie angibt, die damalige Freundin Pilnaceks nicht zu kennen, sagte Richter Daniel Potmesil. Sie unterstellte ihr falsche Beweisaussage und kündigte Sachverhaltsdarstellung an.
Wie schon beim letzten Prozesstag am Dienstag war auch heute der Ton zwischen den Parteien durchaus rau. Nur wenige Minuten nach Beginn musste Potmesil das erste Mal eingreifen: "Es ist erst 9:34 Uhr, wir müssen nicht gleich streiten."
Daran änderte sich auch nach 13 Uhr nichts, als die Anwältin der Klägerseite, Linda Poppenwimmer, Pilz in den Zeugenstand rief. Sie wollte von ihm wissen, ob er die vielen Fragen, die er heute an den Gerichtsgutachter richtete, ihm auch im Zuge seiner Recherche für das Buch gestellt hat. "Nein, ich habe das Gutachten anderen Gutachtern vorgelegt", und diese um ihre Meinung gefragt, so Pilz. Befragt wurde er weiter zu dem Gutachten von Michael Tsokos, dass auf "zackzack" veröffentlicht wurde. Dieser sei etwa zum Schluss gekommen, dass relevante Ertrinkungsbefunde fehlen würden.
Urteil "hoffentlich" im November
Eben jenen Gutachter wollte Pilz noch als Zeuge laden, das wies der Richter jedoch ab, da er (genauso wie der ebenfalls beantragt und abgewiesene Jurist Martin Kreutner) keine direkten Wahrnehmungen habe. "Es geht hier auch nicht darum, die Todesursache des Christian Pilnacek festzustellen." Noch offen ließ sich Potmesil, ob er der Ladung des "Krone"-Journalistin Erich Vogl stattgibt. Der Prozess wurde vertagt, um einen Termin für eine Befragung der am Dienstag krankheitsbedingt verhinderten Mitbewohnerin von Pilnaceks Lebensgefährtin zu finden. Dieser solle "hoffentlich" noch im November, vielleicht aber auch erst im Dezember stattfinden. An diesem Tag soll es auch ein Urteil geben.
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