Petritsch: Regierung bringt "Südtiroler in unangenehme Situation"

Wolfgang Petritsch.
Der Spitzendiplomat sieht ein "aufgelegtes Eigentor" im Vorstoß für einen österreichisch-italienischen Doppelpass.

Der Spitzendiplomat Wolfgang Petritsch hat scharfe Kritik an den Doppelpass-Plänen der türkis-blauen Regierung für deutsch- und ladinischsprachige Südtiroler geübt. "Das ist alles kurzsichtig, undurchdacht und ein aufgelegtes Eigentor", sagte Petritsch der Wiener Zeitung. "Man hat durch diesen Vorstoß die Südtiroler in eine unangenehme Situation gebracht", fügte er hinzu.

Petritsch charakterisierte die Lage als "außenpolitisches Kuddelmuddel" und verwies darauf, dass Österreich beim Flucht- und Migrationsthema eng mit Italien zusammenarbeiten müsse. Rom hatte sich zu Wochenbeginn verstimmt über Berichte gezeigt, wonach der auf Drängen der FPÖ ins Regierungsprogramm aufgenommene Plan schon im September unter Dach und Fach gebracht werden soll. Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal dementierte umgehend. Außerdem wurde in Wien bekräftigt, dass man sich bei dem Plan mit Bozen und Rom abstimme.

"Völlig unnötiger Konflikt"

Für Petritsch zeigt dies, dass Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) "das Problem erkennt und irgendwie aus dem Eck, in das sie die FPÖ gestellt hat, herauszukommen versucht". Es sei zu hoffen, dass auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) "rasch erkennt, dass diese Politik zu einem völlig unnötigen Konflikt mit Italien führt", sagte der SPÖ-nahe Diplomat.

In Südtirol gebe es nämlich eine "vorbildliche Regelung" und der Doppelpass habe "nichts mit einer Erleichterung für die Südtiroler Bürger zu tun, sondern rein nur mit einer nationalistischen Provokation Ewiggestriger dies- und jenseits des Brenners", kritisierte der Kärntner Slowene, der auch handfeste Umsetzungsprobleme sieht.

Verweis auf ehemalige Habsburger-Gebiete

Schließlich seien nicht nur die deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler Altösterreicher, sondern auch Slowenen in Triest und im ehemaligen Küstenland der Habsburger-Monarchie bis nach Montenegro. "Was passiert, wenn sich dort jemand als 'Österreicher' bekennt?", äußerte Petritsch die Erwartung, "dass das Gesetz letztlich nicht zur Umsetzung kommen wird". Stattdessen plädierte er für ein "vorwärtsgerichtetes Signal" durch den aktuellen österreichischen EU-Ratsvorsitz: "Um dieser Debatte über Doppelstaatsbürgerschaften einen Sinn zu geben, könnte man endlich über eine europäische Staatsbürgerschaft nachdenken."

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