Anschober-Brief an Kurz wegen "Gesprächsverweigerung"

Anschober-Brief an Kurz wegen "Gesprächsverweigerung"
Grüner Landesrat erhöht Druck für Initiative "Ausbilden statt Abschieben". Launsky-Tieffenthal widerspricht Darstellung.

Oberösterreichs Integrationslandesrat Rudolf Anschober erhöht den Druck für seine Initiative "Ausbilden statt Abschieben" für Asylwerber in Lehre. In einer Pressekonferenz in Wien kündigte er am Freitag einen Offenen Brief an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) an, damit diese ihre "Gesprächsverweigerung" beenden, um eine Lösung für die von Abschiebung bedrohten Asylwerber in Lehre zu finden.

Gesprächsverweigerung der Regierung

Seit einem Jahr habe er mehrmals um einen Gesprächstermin gebeten, um eine "Lösung der Menschlichkeit und der wirtschaftlichen Vernunft" zu erzielen. Da es bisher keine Reaktion gegeben habe, will Anschober nun den Druck erhöhen. Deshalb habe er am Freitag einen Offenen Brief online gestellt. Ein konkretes Ziel an Unterschriften wollte er nicht nennen - je mehr, desto besser. Ein Probelauf in den vergangenen Tagen habe schon einige Tausend Unterstützer gefunden. Früher sei es für jede Regierung "Normalität" gewesen, bei Auftauchen von Problemen das Gespräch zu suchen. Anschober sagt, in einer halben Stunde könnte eine einfache Lösung gefunden werden, es gehe nur um das Einfügen eines Satzes in ein Gesetz.

Die Online-Petition "Ausbildung statt Abschiebung" unterstützen bereits knapp 70.000 Personen, 119 Gemeinden mit 2,8 Millionen Einwohnern haben Unterstützungsbeschlüsse gefasst. 1.217 Unternehmen tragen die Initiative mit und über 100 Prominente sind an Bord. An neuen Promi-Unterstützern nannte Anschober u.a. AMS-Chef Johannes Kopf, Investmentbanker Willi Hemetsberger, Niederösterreichs Ex-Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), die Tiroler ÖVP-Landesrätin Beate Palfrader und SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner. Auch Voest-Chef Wolfgang Eder habe seine Unterstützung mündlich zugesagt.

Gutachten in Arbeit

Anschober verwies auch auf ein Gutachten des Linzer Volkswirtschaftlers Friedrich Schneider, das in zwei Wochen fertig sein soll. Darin soll es um die Verluste für die Volkswirtschaft gehen, wenn Asylwerber in einem fortgeschrittenen Ausbildungsstand abgeschoben werden.Angesichts des sich zuspitzenden Lehrlings- und Fachkräftemangels ist es für Anschober "absurd" und ein Zeichen "blanker Unvernunft", bestens ausgebildete Lehrlinge mit guten Deutschkenntnissen abzuschieben.

1.061 Asylwerber in Lehrausbildung

Aktuell befinden sich in Österreich 1.061 Asylwerber in Lehrausbildung. Rund zwei Drittel davon haben in erster Instanz einen negativen Bescheid erhalten, einige von ihnen auch schon in zweiter Instanz, denen nun die Abschiebung droht. Als Beispiel nannte Anschober den pakistanischen Lehrling Ali Wajid, der nach siebenmonatigem Kirchenasyl nun in Schubhaft sitzt. Deshalb sei eine politische Lösung jetzt umso dringender, damit nicht Hunderten anderen ein ähnliches Schicksal droht.

Für Oberösterreich kündigte der Landesrat einen Antrag für eine Unterstützung an. "Dann heißt es Farbe bekennen", sagte er in Richtung ÖVP und FPÖ in der Landesregierung.

Regierungssprecher widerspricht Anschober

Das Büro von Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal wies am Freitag den Anschober-Vorwurf zurück: Es hab sehr wohl eine Antwort auf seine wiederholten Bitten um einen Gesprächstermin gegeben. Launsky habe am 6. September im Namen der Regierung auf einen Offenen Brief vom 4. September geantwortet, hieß es aus Launskys Büro. Der Grüne Anschober müsse entscheiden, ob er die Antwort der Bundesregierung veröffentlichen wolle.

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