ÖBAG-Aufsichtsratschef verteidigt Schmid-Bestellung

Erneut Vorwürfe gegen ÖBAG-Chef Schmid
Neben "fachlichen und persönlichen Kriterien" seien bei der Bestellung Schmids auch die Präsentation eines Konzepts, Einschätzung von Führungsqualität und Gesamtbild entscheidend gewesen.

ÖBAG-Aufsichtsratschef Helmut Kern hat am Dienstag im Ibiza-Untersuchungsausschuss die Bestellung von Thomas Schmid zum alleinigen Vorstand der staatlichen Beteiligungsgesellschaft verteidigt. Das Bewerbungsverfahren sei "professionell" abgelaufen. Schmid habe er erst nach seiner Designierung als Aufsichtsratschef bei einem Treffen mit Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) kennengelernt, so Kern. Das sei unmittelbar vor der Umwandlung der ÖBIB in die ÖBAG gewesen.

Neben "fachlichen und persönlichen Kriterien" seien bei der Bestellung Schmids auch die Präsentation eines Konzepts, Einschätzung von Führungsqualität und Gesamtbild entscheidend gewesen. Kern verwies auf "unabhängige Gutachter", die bescheinigten, dass der Übergang von ÖBIB auf ÖBAG "nach höchsten Standards" abgelaufen sei. Nachrichten von Schmid legen hingegen nahe, dass er als ÖBAG-Chef fest stand, noch bevor der Aufsichtsrat bestellt wurde. Der ÖVP-Minister Gernot Blümel schrieb ihm: "Schmid AG fertig". Schmid antwortete: "Habe noch keinen Aufsichtsrat".

SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer fragte Kern, ob er die ÖBAG-Mitarbeiter darauf angesprochen habe, dass sie mit dem Bewerber Schmid am Ausschreibungstext für den ÖBAG-Chefposten feilten. Krainer sprach von "Manipulation", was die ÖVP-Fraktion und Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka als unterstellend werteten. Kern verneinte Krainers Frage, es sei nicht Aufgabe des Aufsichtsrates, Zeitungsberichte mit Mitarbeitern zu besprechen. Wie aus den Chatnachrichten hervorgeht, hatte Schmid darum gebeten, dass "internationale Führungserfahrung" aus dem Ausschreibungsentwurf gestrichen wird. Denn diese hatte Schmid nicht.

Dass der Aufsichtsrat Schmid nach Kenntnis über die Ermittlungen im Casag-Komplex gegen ihn nicht abberufen habe, rechtfertigt Kern damit, dass sich der Aufsichtsrat, deren Mitglieder persönlich haftbar seien für ihre Entscheidung, mit dem Thema detailliert befasst habe. Nach gründlicher Abwägung, in die auch ein in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten eingeflossen sei, sei man zu dem Schluss gekommen, dass der Schaden einer Abberufung Schmids größer gewesen wäre als sein Verbleiben. Etwa seien auch dienstrechtliche Pflichten als Arbeitgeber zu bedenken gewesen, die rechtliche Nachteile nach sich ziehen können, wie eine Lawine an Rechtskosten oder einen handlungsunfähigen Vorstand.

Wiederholt auf konkrete Chatnachrichten Schmids angesprochen, sagte Kern: "Wir haben wichtige Themen in der ÖBAG, inzwischen 26 Milliarden Euro an Vermögen zu verwalten und wahrlich andere Sorgen als über solche Chats zu sprechen."

Löger habe ihn Ende Jänner bzw. Anfang Februar 2019 angerufen und gefragt, ob er Aufsichtsratschef der ÖBAG werden wolle, schilderte Kern. Das habe ihn "sehr gefreut" und daher habe er zugesagt. Dann habe er begonnen, sich bis zum 15. Februar, dem Tag der konstituierenden Aufsichtsratssitzung einzuarbeiten. Zu Löger habe damals ein "professioneller Kontakt" bestanden, den er aus seiner Zeit bei Uniqa kannte. Seit 2004 sei er durchgehend in Aufsichtsratsfunktionen tätig gewesen, betonte Kern.

In die Bestellung des FPÖ-nahen Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria sei er in "keiner Weise" involviert gewesen. Diese erfolgte durch den Aufsichtsrat der Casag, damals sei die ÖBAG noch nicht aktiv gewesen. Zu einem etwaigen "Hintergrunddeal" habe er keine Wahrnehmungen. Im Übrigen sei er auch nie Mitglied einer Partei gewesen, oder habe an "irgendeine Partei" gespendet.

Die Umwandlung der ÖBIB in die ÖBAG sei ein "ausgezeichneter Schritt in die Richtung einer gut konstruierten Staatsholding" gewesen. Kern erinnerte daran, dass die gesetzliche Grundlage dafür mit "breiter parlamentarischer Mehrheit von ÖVP, FPÖ und SPÖ" beschlossen wurde. Auch die NEOS hätten damals im Finanzausschuss zugestimmt, der endgültigen Beschlussfassung dann jedoch nicht.

Mit dem Gesetz für die ÖBAG sei eine Beteiligungsholding geschaffen worden, "die genau jenen Schritt von der Politik entfernt ist", um ein gutes Management zu ermöglichen, zeigte er sich überzeugt. Denn der Einfluss der Regierung ende bei der Bestellung der Aufsichtsräte der ÖBAG und der Wahrnehmung der Eigentümerrechte bei der Hauptversammlung. Seiner Beobachtung nach hätten diese die Minister Löger, Übergangsfinanzminister Eduard Müller und der nunmehrige Finanzminister Blümel "höchst professionell" wahrgenommen.

Wie Krainer vor der Befragung betont hatte, soll heute auch beleuchtet werden, wie es sein kann, dass Schmid noch immer ÖBAG-Chef sein kann. Ähnlich äußerten sich Grüne und FPÖ vor Beginn des Ausschusstages. Die ÖVP hingegen will den U-Ausschuss so schnell wie möglich beenden. Der neue Fraktionsführer Andreas Hanger beklagte eine "dramatische Steuergeldverschwendung" und keinen Erkenntnisgewinn.

Nach dem ÖBAG-Aufsichtsratschef ist die ehemalige Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) an der Reihe, die wie etliche andere Minister der türkis-blauen Ära zuvor über die Vorgänge und die Usancen in der Regierung berichten soll. Selbiges erwarten sich die Abgeordneten auch von der dritten Auskunftsperson, Bernhard Bonelli. Der Kabinettschef von ÖVP-Kanzler Kurz ist bereits zum zweiten Mal im Ausschuss zu Gast.

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