ÖVP zur Trans-Debatte: "Dialog ja, aber wir dürfen uns nicht treiben lassen"

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ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti stimmt El-Nagashi zu: Nicht jede Forderung einer NGO ist sinnvoll und machbar.

Die Grünen lassen sich als Partei beispielsweise beim Transgender-Thema von Aktivisten und NGOs treiben; man leide an "intellektueller Faulheit" und es fehle die Courage, um gefährliche bis unrealistische Forderungen der Community auf deren Politik-Tauglichkeit zu prüfen.

So lautete, vereinfacht gesagt, der Befund der langjährigen Grünen-Politikerin Faika El-Nagashi. Am Sonntag hat sich die frühere Nationalratsmandatarin, die mittlerweile aus der Partei ausgetreten ist, im KURIER zur problematischen Haltung der Grünen bei der Transgender-Debatte geäußert - und dabei ausgerechnet die ÖVP gelobt, die bei der Frage, ob Minderjährige selbst ihr Geschlecht festlegen sollen, richtigerweise blockiere.

In der ÖVP sieht man sich ob des Interviews durchaus bestätigt. „Was die Frage des Geschlechtsausdrucks bzw. der Geschlechtsidentität angeht, sind wir als ÖVP sehr zurückhaltend. Vieles, was hier an Ideen und Forderungen kursiert, ist nicht wissenschaftlich oder evidenzbasiert, sondern allein ideologisch getrieben und vor allem: nicht zu Ende gedacht", sagt ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti zum KURIER. 

Marchetti ist selbst homosexuell, er kennt die Community und ihre Anliegen. Umso bemerkenswerter ist, dass auch er die politischen Forderungen mitunter für ausnehmend unrealistisch erachtet. "In einer Welt, in der de facto das gesamte Rechtssystem und Zusammenleben darauf ausgerichtet ist, dass es zwei Geschlechter gibt, ist die Forderung nach beliebig vielen, selbst von den Betroffenen zu entscheidenden Geschlechtern nicht realisierbar.“ Marchetti nimmt hier konkreten Bezug auf Systeme wie das Pensionssystem oder die Wehrpflicht, in denen unterschiedliche Regelungen für Männer und Frauen gelten.

Konversionstherapie

Beim Thema der „Konversionstherapie“ erinnert der ÖVP-Politiker daran, dass deren Verbot ohnehin im Sinne aller Parteien sei. „Hier besteht ein Allparteien-Konsens. Keine Parlamentspartei vertritt die Meinung, dass man Homosexualität durch fragwürdige Praktiken oder vermeintliche Therapien ,heilen‘ kann. Der kursierende Gesetzesvorschlag der SPÖ geht allerdings viel weiter und umfasst auch andere Themen, die damit nichts zu tun haben.“

Bleibt die Frage, ob sich Parteien oder insbesondere die Grünen von NGOs unter Druck setzen bzw. treiben lassen. 

Marchetti hält den Dialog für wichtig. "Man soll, ja muss mit NGOs und Interessenvertretern sprechen." Was dann aber politisch passiere oder in ein Gesetz gegossen werde, würden Parteien und die Politik entscheiden. "Dialog ja, aber wir dürfen uns von NGOs auch nicht treiben lassen.“

Die von El-Nagashis Kritik unmittelbar betroffenen Grünen wollten auf den Befund ihrer früheren Abgeordneten übrigens nicht eingehen. Auf Anfrage des KURIER hieß es am Montag, man wolle die Aussagen nicht weiter kommentieren.

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