Neues Rauchergesetz: Versprochener Jugendschutz greift noch lange nicht
Die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ haben am Donnerstag im Nationalrat das blaue Wahlversprechen umgesetzt: Das totale Rauchverbot in der Gastronomie, das ab 1. Mai hätte gelten sollen, wurde gekippt und durch ein neues „Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz“ ersetzt.
Der KURIER sprach mit Experten darüber, was das in der Praxis bedeutet.
Dürfen Jugendliche in Lokalen noch rauchen?
Unter dem Schlagwort „Wahlfreiheit“ gilt die bisherige Regelung mit den getrennten Raucherbereichen. Ursprünglich hatte die Regierung geplant, dass sich Unter-18-Jährige dort nicht aufhalten dürfen. Auf Drängen der Gastronomen wurde das aber doch nicht ins Gesetz genommen. Zusätzliche Schutzmaßnahmen im Nichtraucherbereich – etwa bessere Abgrenzung oder Filteranlagen – sind nicht vorgesehen.
Wo darf ich ab 1. Mai nicht mehr rauchen?
In Fahrzeugen, sofern sich darin „eine Person befindet, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat“, heißt es im Gesetzestext. Bei Verstößen wird eine Geldstrafe von 100 Euro fällig, im Wiederholungsfall bis zu 1000 Euro.
Verkehrsexperten sehen aber Schwierigkeiten, dieses Gesetz zu exekutieren: Erstens sieht man einem Jugendlichen im Vorbeifahren ja nicht an, wie alt er ist. Zudem sei der Polizei nicht zuzumuten, Autos bei Rauch-Verdacht anzuhalten.
Darf ich mit 16 noch Zigaretten kaufen?
Ja, und das obwohl das neue Gesetz vorsieht, dass Zigaretten – dazu gehören auch die unter Jugendlichen beliebten E-Zigaretten – nur mehr an Volljährige verkauft werden dürfen. Das Verkaufsverbot für Unter-18-Jährige gilt aber erst ab 1. Jänner 2019 . „Wir haben eine Übergangsfrist, weil die Zigarettenautomaten der Trafikanten erst umgerüstet werden müssen“, sagt Josef Prirschl, Bundesgremialobmann der Tabaktrafikanten.
Bei den Automaten wird derzeit mittels Chip in der Bankomatkarte abgefragt, ob der Kartenbesitzer 16 Jahre alt ist. Jetzt muss bei jedem Automaten ein neues Software-Modul (Kostenpunkt ca. 2000 Euro) installiert werden, um die Altersabfrage via Bankinstitut zu klären.
Wie werden Trafikanten sanktioniert?
Einerseits durch die Landesbehörde, andererseits durch die Tabakmonopolverwaltung, erklärt deren Geschäftsführer Hannes Hofer: „Wir haben dreistufige Sanktionsmaßnahmen: Verwarnung, entgeltliche Nachschulung und zuletzt eine umsatzabhängige Geldstrafe. Diese beträgt ein Prozent des Tabakumsatzes eines Monats.“
Ab welchem Alter darf man rauchen?
Derzeit ist Rauchen ab 16 Jahren erlaubt, die Landes-Jugendreferenten haben sich aber darauf geeinigt, die Grenze auf 18 Jahre anzuheben. In den meisten Ländern, etwa Wien, Oberösterreich und Niederösterreich, soll ein entsprechendes Jugendschutzgesetz noch vor dem Sommer den Landtag passieren, damit es spätestens Anfang 2019 in Kraft treten kann. Im Burgenland ist man schon weiter: Da soll das neue Schutzalter schon ab 1. Juli gelten.
In weiterer Folge sollen die neun verschiedenen Jugendschutzgesetze auch in Hinblick auf Alkohol und Ausgehzeiten harmonisiert werden. Dazu ist ein Paket geplant, das im April von den Landes-Jugendreferenten abgesegnet werden soll.
Rauchverbot gekippt
De facto dürfen Minderjährige also vorerst überall rauchen – nur im Auto nicht?
Ja. Das Tabakgesetz ist Bundessache, beim Jugendschutz sind die Länder am Zug. Bis das Raucheralter österreichweit einheitlich angehoben ist, wird es zur kuriosen Situation kommen, dass Jugendliche im Burgenland nicht mehr rauchen dürfen, über der Grenze in Niederösterreich aber schon noch.
Werden Wirte gestraft, wenn ein Jugendlicher in seinem Lokal raucht?
Aus Sicht der Wirtschaftskammer: Nein. „Der Wirt wird dann einem Minderjährigen keine Zigaretten mehr verkaufen, so wie er ihm jetzt keinen Schnaps verkauft. Zu kontrollieren, ob derjenige mit einer Zigarette dasitzt, ist uns nicht zuzumuten“, sagt Thomas Wolf von der Sparte Gastronomie zum KURIER. Es sei aber abzuwarten, wie die einzelnen Länder bis Jahresende ihre Jugendschutzgesetze in Hinblick auf Sanktionen formulieren.
Wie werden Lehrlinge geschützt?
Laut einer Änderung im Gastronomie-Kollektivvertrag von 2008 müssen Minderjährige „wenn möglich“ im Nichtraucherbereich beschäftigt werden. Laut Mario Pulker, Bundesobmann Gastronomie, kann sich ein Kellner weigern, im Raucherbereich zu servieren. Der Vorwurf, dass sich das praktisch niemand traut, lässt er nicht gelten: „Bei uns herrscht Personalmangel. Ein Kellner kann sich aussuchen, wo er arbeitet.“ Neu ist, dass die Gesundheitsministerin per Verordnung zusätzliche Schutzbestimmungen erlassen kann.
Wie sieht es mit der Raucher-Prävention aus?
Mager. Die Regierung hatte sich zwar verpflichtet, mehr für die Prävention zu tun, bis dato vermissen die Länder aber entsprechende Pläne und Mittel. Aus dem Büro der burgenländischen SPÖ-Landesrätin Astrid Eisenkopf heißt es etwa: „Wir erledigen unseren Teil, indem wir das Schutzalter hinaufsetzen, aber wer das Thema ernst nimmt, braucht mehr als ein Verbot. Die Länder können das nicht alleine stemmen.“ Auch aus dem Büro von Stadtrat Jürgen Czernohorszky kommt Kritik: „Das zuständige Ministerium hat sich in der Frage bis dato nicht eingebracht, wir fordern eine gemeinsame Vorgehensweise von Ländern und Bund.“
Kommentare