Neue und alte Minister: Faßmann steht vor Comeback
Die Zusammensetzung der neuen Bundesregierung ist noch nicht ganz fertig, aber weitgehend. Fix ist, dass die ÖVP neun Ressorts bekommt, die Grünen fünf. Im Wesentlichen steht die Aufteilung.
Demnach gehen Finanzen, Wirtschaft, Bildung, Inneres, Verteidigung, Außenpolitik, Europa und Landwirtschaft sowie das Kanzleramt an die ÖVP. Die Grünen bekommen Infrastruktur und Umwelt als vermutlich ein Großressort inklusive Energiekompetenzen, Soziales, Justiz sowie Sport, Kultur und Beamte.
Es wird mindestens zwei Staatssekretäre geben.
Die personelle Besetzung: Gernot Blümel ist als Finanzminister fix.
Karl Nehammer wird Innenminister, seine Landsfrau Klaudia Tanner hat beste Karten, als erste Frau die Landesverteidigung zu übernehmen. Tanner entstammt dem niederösterreichischen Bauernbund, Nehammer dem niederösterreichischen ÖAAB.
Gernot Blümel
... ist als Finanzminister fix gesetzt. Der langjährige Vertraute von ÖVP-Chef Sebastian Kurz war bisher Kanzleramtsminister mit den Zuständigkeiten Europa, Kunst und Medien, jetzt übernimmt er die finanziellen Geschicke der Republik. Der studierte Philosoph, der sich in sozialen Medien auch schon Ovid-lesend inszeniert hat, ist auch Chef der Wiener Landespartei. Als solcher wird der 38-Jährige im Herbst 2020 wohl auch in die Wien-Wahl ziehen.
Karl Nehammer
... wird Innenminister - das war der ÖVP nach der Ära Kickl ein Anliegen. Der Niederösterreicher führte den Wahlkampf von Kurz als dessen Parteimanager, als ÖVP-Generalsekretär hat er sich mit seinem polternden Stil einen Namen gemacht. Karriere machte er zuvor im ÖAAB. Geeignet wäre er auch für das Verteidigungsressort: Nach dem Präsenzdienst war er einige Jahre Berufssoldat und brachte es zum Leutnant.
Klaudia Tanner
... wird als erste Frau die Landesverteidigung übernehmen. Die niederösterreichische Landtagsabgeordnete und dortige Bauernbund-Chefin diente schon im Kabinett von Innenminister Ernst Strasser (ÖVP); schon 2017 galt sie als Anwärterin auf den Job, der dann aber der FPÖ zufiel. Mit ihrem neuen Ressort hatte die Juristin bisher nicht gerade viel Kontakt. Im Landtag befasste sie sich schwerpunktmäßig mit Themen wie Kultur, Verfassung und Gesundheit.
Karoline Edtstadler
... wird Kanzleramtsministerin und zuständig für Europa-Angelegenheiten. Die Juristin war unter Türkis-Blau Staatssekretärin im von Herbert Kickl (FPÖ) geführten Innenministerium, bevor sie für die Türkisen nach Brüssel zog - bei der EU-Wahl wurde sie Othmar Karas als Listenzweite an die Seite gestellt. Die Leitung der türkisen Delegation im EU-Parlament gibt die 38-Jährige jetzt wohl wieder ab.
Elisabeth Köstinger
... wird als Landwirtschaftsministerin verlängert. Auch sie zählt zum engsten Zirkel von Sebastian Kurz, die Materie kennt sie von Kind auf: Sie stammt aus einer Lavanttaler Landwirts-Familie, ist dementsprechend Bauernbündlerin. Neun Jahre saß die 41-Jährige für die ÖVP im EU-Parlament, bevor Kurz sie nach Wien zurückholte.
Margarete Schramböck
... wird wieder Wirtschaftsministerin. Die frühere A1-Chefin war schon 2017 als Überraschungskandidatin präsentiert worden, die gebürtige Tirolerin gilt zudem als Vertraute der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.
Heinz Faßmann
... ist als Bildungsminister zurückgeholt worden. Der 64-Jährige war schon unter Türkis-Blau für diese Bereiche zuständig, davor war er einer der liebsten Bildungs- und Migrationsexperten von Sebastian Kurz. Fassmann, ein gebürtiger Deutscher, hat Geografie und Wirtschafts- und Sozialkunde studiert und war vor seinem politischen Engagement Vizerektor der Uni Wien.
Susanne Raab
... wird Chefin eines neu geschaffenen Integrationsministeriums und außerdem für Frauenagenden zuständig sein. Die 34-jährige Oberösterreicherin ist derzeit Leiterin der Integrationssektion im Außenministerium, bei den Regierungsverhandlungen saß sie mit am Tisch für die ÖVP. Mit ihrem Chef ist sie inhaltlich konform: Sie war etwa für die Ausarbeitung des Islamgesetzes mitverantwortlich, arbeitete beim Burkaverbot und an der Integrationsinitiative "Integration durch Leistung" mit.
Christine Aschbacher
Neu im Kabinett Kurz: Christine Aschbacher wird Arbeits- und Familienministerin. Die 36 Jahre alte Unternehmerin aus der Steiermark war schon von 2012 bis 2015 im Finanz- und Wirtschaftsministerium tätig, sie gilt als Expertin für die Themen Fach- und Schlüsselarbeitskräfte, Standortpolitik und Innovationsmanagement.Sie bekommt Agenden, die dem grünen Sozialministerium entzogen werden - etwa den wichtigen Bereich des Arbeitsmarkts, also das AMS.
Alexander Schallenberg
Alexander Schallenberg bleibt auf dem ÖVP-Ticket Außenminister. Er ist damit der einzige, der den Weg von der Übergangsregierung in das Kabinett Kurz gefunden hat. Schallenberg, ein Karrierediplomat, kam schon vor 20 Jahren ins Außenamt, war Pressesprecher mehrere Minister. Internationalität liegt ihm im Blut: 1969 in Bern als Sohn des Botschafters geboren, wuchs er in Indien, Spanien und Frankreich auf.
Werner Kogler
Vizekanzler Werner Kogler bekommt dieselben Aufgaben übernimmt wie sein Vorgänger Heinz-Christian Strache - und zwar Sport und die Beamten. Hinzu kommt Kunst und Kultur. Kogler, ein gebürtiger Steirer, ist ein grünes Urgestein; der 58-Jährige hat die Partei nach dem Rauswurf aus dem Nationalrat wieder in lichte Höhen geführt. Seine Leidenschaft sind aber die Zahlen: Er ist Volkswirt und war lange Budgetsprecher der Grünen.
Leonore Gewessler
Bereits bestätigt: Ex-Global 2000-Geschäftsführerin Leonore Gewessler ist als Umwelt-, Verkehrs- und Energieministerin gesetzt. Die Politikwissenschafterin und Umweltaktivistin war lange Zeit Geschäftsführerin bei Global 2000, bevor sie für die Grünen auf dem zweiten Listenplatz hinter Kogler kandidierte. Die 42-Jährige, die aus Graz stammt, war auch eine der zentralen Regierungsverhandlerinnen der Ökopartei.
Alma Zadic
Ebenfalls fix: Das Justizministerium wird die Wirtschaftsanwältin Alma Zadic für die Grünen übernehmen. Die gebürtige Bosnierin saß in der letzten Periode noch für die Liste Pilz im Nationalrat, da machte sie im BVT-U-Ausschuss eine gute Figur. Jetzt zu den Grünen gewechselt, hat Zadic jedenfalls gute Qualifikationen für das Amt: Die 35-Jährige hat eine Musterkarriere hinter sich - nach der Schule im 10. Wiener Gemeindebezirk studierte sie in New York und Mailand bis hin zum Doktortitel Jus, war später bei der International Organisation of Migration und beim Haager Kriegsverbrecher-Tribunal aktiv.
Rudolf Anschober
Der Oberösterreicher Rudolf Anschober wird Sozialminister. Der 59-Jährige hat Erfahrung im Regieren mit der ÖVP: In seinem Heimatland währte die schwarz-grüne Partnerschaft zwölf Jahre lang. Seit den 1980ern ist der gelernte Volksschullehrer politisch aktiv, zuletzt machte er sich mit seinem Engagement für ein Bleiberecht für Asylwerber in Lehre einen Namen.
Ulrike Lunacek
Die ehemalige EU-Parlamentarierin Ulrike Lunacek zog für die Grünen als Spitzenkandidatin in den Nationaratswahlkampf 2017. Dabei flogen die Grünen kurzzeitig aus dem Parlament, Lunacek zog sich aus der Politik zurück. Nun feiert sie ihr Comeback: In der neuen Regierung wird sie Staatssekretärin für Kunst und Kultur im Ministerium von Werner Kogler.
Magnus Brunner
Fix ist auch, dass Magnus Brunner (ÖVP) aus Vorarlberg Umwelt-Staatssekretär der künftigen Regierung wird. Der 47-Jährige ist seit 2009 Mitglied des Bundesrats, seit 2018 ist er Vizepräsident des Gremiums. Seine erste politische Erfahrung sammelte er als Büroleiter von Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber. Der promovierte Jurist ist Experte im Energiesektor und hat in den vergangenen Jahren etwa am neuen Ökostromgesetz, mitgewirkt.
Sebastian Kurz
Wer fehlt? Der Kanzler natürlich. Sebastian Kurz beschreitet mit seiner Koalition mit den Grünen neue Wege. Neu im Kabinett Kurz II ist, dass die Medienagenden nunmehr direkt im Kanzleramt angesiedelt sind. Kurz' langjähriger Sprecher Gerald Fleischmann wird "Kanzlerbeauftragter für Medienfragen".
Zählt man die Waldviertler Wahlheimat von Kanzler Sebastian Kurz dazu, wird Niederösterreich in der neuen Bundesregierung ziemlich stark vertreten sein.
Für das Verteidigungsressort ist auch noch Karoline Edtstadler im Rennen, aber wahrscheinlich übernimmt die europäisch versierte Juristin die Koordinierung und die Europa-Agenden als Kanzleramtsministerin.
Europa- und Außenministerium bleiben getrennt, das Außenamt wird ein Diplomat leiten. Infrage kommen: Alexander Schallenberg, Peter Launsky-Tieffenthal oder ein dritter ÖVP-naher Diplomat aus dem Außenamt.
Margarete Schramböck bleibt Wirtschaftsministerin.
Elisabeth Köstinger dürfte als Landwirtschaftsministerin verlängert werden, muss aber die Umweltagenden an die Grünen abtreten.
Der Bildungsbereich bleibt bei der ÖVP, Sebastian Kurz will Heinz Faßmann zurückholen. Der Wissenschafter hatte sich mit der FPÖ schwer getan und war inzwischen in seinen Brotberuf an die Universität Wien zurück gekehrt. Nun soll er, so heißt es in der ÖVP, wieder das Bildungsressort leiten.
Die grünen Ministerinnen
Ex-Global 2000-Geschäftsführerin Leonore Gewessler ist als Umwelt-, Verkehrs- und Energieministerin gesetzt.
Unklar ist noch, welche Kompetenzen Vizekanzler Werner Kogler bekommt. Die Grünen haben für ihren Vormann stets eine Art Zukunftsressort lanciert, nun scheint er aber keinerlei Bildungszuständigkeiten zu bekommen. Möglicherweise formt er aus dem Technologiebereich, der derzeit bei der Infrastruktur dranhängt, sowie der Kultur ein Ministerium. Auch der Sport soll zu Kogler kommen.
Für das Justizministerium gilt die Wirtschaftsanwältin Alma Zadic als gesetzt, genannt wird auch der pensionierte Staatsanwalt Walter Geyer.
Das Mammutministerium Soziales könnte an die Salzburgerin Astrid Rössler gehen, aber auch der Oberösterreicher Rudolf Anschober wird genannt.
Ob und wer für die Grünen Koordinierungsminister wird, ist offen.
Fix ist, dass der Kogler-Vertraute Josef Meichenitsch Finanzstaatssekretär wird.
Welchen Staatssekretär die ÖVP stellt, ist offen, ein Sozialstaatssekretär war im Gespräch, wird es aber nun doch nicht.
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