Meinl-Reisinger über die Koalition: „Es war ein total wilder Ritt!“

Meinl-Reisinger über die Koalition: „Es war ein total wilder Ritt!“
Bei der Mitgliederversammlung zog die Parteichefin eine erste Regierungsbilanz und verteidigte ihre Haltung - und die Reisen.

Zusammenfassung

  • Meinl-Reisinger zieht bei der NEOS-Mitgliederversammlung eine selbstkritische Regierungsbilanz und betont die Verantwortung der Partei in der Koalition.
  • Sie verteidigt ihre aktive Außenpolitik und die Reisetätigkeit gegen Kritik und hebt die Bedeutung internationaler Präsenz hervor.
  • Die NEOS fordern Reformen bei Budget, Föderalismus und Integration und setzen sich für mehr Kompetenzen und finanzielle Eigenständigkeit der Gemeinden ein.

In der Politik zählt nicht nur was man tut, sondern mitunter auch, wo man es macht. So gesehen hat der Ort, an dem die Neos am Samstag ihre bundesweite Mitgliederversammlung abhalten, durchaus Bedeutung. Es war hier, in der Wiener Ballonhalle, wo die Partei vor 258 Tagen beschlossen hat, in eine Bundesregierung einzutreten. Und es ist hier, wo man zum ersten Mal aktiv Bilanz zieht über die erste Koalitionsbeteiligung.

„Ja, es ist schwierig und herausfordernd“, sagt Generalsekretär Douglas Hoyos gleich zum Auftakt. Und er umreißt die Grundthese, die sich die mittlerweile mehr als 4.000 Mitglieder zählende Partei selbst und allen außenstehenden Zuhörern erzählt – nämlich: Wir werden jetzt ernst genommen, und wir treiben Reformen voran. 

Meinl-Reisinger bei der Mitgliederversammlung

In ihrer knapp 40-minütigen Rede gab sich Parteichefin und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger an einigen Stellen selbstkritisch, teils gerührt - und bisweilen kämpferisch.

„Es war ein total wilder Ritt mit sehr wenig Vorbereitung!“, sagte sie am Beginn. 

Während die FPÖ und deren Parteichef Herbert Kickl nicht bereit gewesen seien, Verantwortung zu übernehmen („Kickl hat die Budgetzahlen gesehen, es war ihm zu heiß, er hat sich gedrückt - und das war gut so!“), hätten die Pinken sich der Verantwortung gestellt.

Kritik am Reisen 

Zu ihrer Reisetätigkeit, an der sich Kritiker insbesondere in den sozialen Medien abarbeiten, sagte die Außenministerin, sie halte „die rot-weiss-rote Fahne in der Welt mit Stolz in die Höhe“. Und an dieser Stelle wird sie auffallend emotional und etwas lauter: Ja, die Angriffe würden ihr bisweilen nahe gehen, aber das ändere nichts an ihrer Haltung. Und die beschreibt sie so: „Ich will eine aktive Außenpolitik machen! Wir müssen unsere Interessen ausserhalb Österreichs vertreten.“ Dann wartet sie kurz und sagt mit einem Lächeln. „Und das geht eben nicht im Homeoffice.“

Wie die meisten Spitzenfunktionäre beschreibt auch Meinl-Reisinger die Neos als die Koalitionspartei, die in der Regierung am stärksten auf die Reformen drängt - insbesondere bei Fragen des Budgets und der Neu-Ordnung des Staates. 

Koste-es-was-es-wolle

„Das ,Koste es, was es wolle' der Regierung unter Sebastian Kurz ist uns ganz schön auf den Schädel gefallen“, sagt die Parteichefin. Und ja, es sei „reichlich frustrierend“,  wenn man regelmäßig die Budgetzahlen bekomme, durchrechne - und dann Woche für Woche schlechtere Zahlen auf den Tisch erhalte. Gleichwohl sei man nun auf einem besseren Weg für ein saniertes Budget. „Die ersten Schritte sind gesetzt.“

Was sind nun die grossen Reformen, von denen die Neos gesprochen haben? Was haben sie erreicht? 

Meinl-Reisinger nennt Maßnahmen wie den gestrichenen Klimabonus und diverse Förderungen, die aufgrund der knappen Kassen nicht mehr ausbezahlt werden.  „Und das faktische Pensionsantrittsalter wird steigen.“ 

Integration und Bildung sind die beiden Themen, mit denen die Pinken besonders punkten wollen. 

„Es gibt kein gutes Leben ohne gutes Deutsch“, sagt die Parteichefin, die die politischen Gegner über weite Strecken außen vor lässt.

Beim Thema Europa und der Verteidigung von Grundwerten und Demokratie wird sie noch einmal emotional: „Wir müssen in unsere Verteidigungsfähigkeit investieren! Die offenen Demokratien müssen sich wehrhaft zeigen.“ Und dann bringt sie Karl Popper ins Spiel, den sie damit zitiert, dass Intoleranz nicht mit Toleranz begegnet werden dürfe.  

Neuer Föderalismus

Was die auf der Versammlung beschlossenen Inhalte angeht, redeten die Neos gemäß ihrem Leitantrag einem neuen Föderalismus das Wort. Vereinfacht gesagt ist für sie die Gemeinde ist der Dreh- und Angelpunkt. 

Das bedeutet konkret, dass die Neos gerne einen Teil der Einkommenssteuer direkt in den Kommunen belassen wollen. Und sie wünschen sich, dass es klare Schuldenregeln für alle Gemeinden und Kommunen gibt und Fusionen und die Zusammenarbeit dort, wo sie sinnvoll und möglich ist, unterstützt wird. 

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