Heftige Debatte über "Budget der Rekorde"

Ein Mann gestikuliert an einem Rednerpult während einer Sitzung, während andere Männer zuhören.
Spindeleggers erstes Zahlenwerk wurde im Nationalrat diskutiert - mit lauter Kritik am Finanzminister.

In unserem Land der Berge gibt es einen zu viel: den Schuldenberg." Ob Michael Spindelegger mit diesem Satz in die Geschichtsbücher eingehen wird, wird sich noch weisen - diskutiert wurde er jedoch, heute vielfach: Das erste Budget des Finanzministers birgt nämlich eine Staatsverschuldung in Rekordhöhe in sich, die Opposition teilte dazu und zum eigentlichen Grund des Schuldenstands – der Hypo – kräftig aus.

"Portugiesische Zustände"

Ein Mann im Anzug hält ein Dokument mit der Aufschrift „Budget 2014/2015“ hoch.
APA18118188 - 29042014 - WIEN - ÖSTERREICH: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache während der Budgetrede des Finanzministers im Nationalrat am Dienstag, 29. April 2014, im Parlament. APA-FOTO: ROBERT JAEGER
FP-Chef Heinz Christian Strache sprach in seiner ersten Rede vom "Budget der Rekorde", das hier vorgelegt würde: "Wir haben eine Rekordverschuldung. Wenn wir alle ausgelagerten Bereiche dazu zählen würden, hätten wir wahrscheinlich über 90 Prozent Schuldenquote. Da hätten wir portugiesische Zustände."

Grünen-Chefin Eva Glawischnig sprach im Anschluss davon, dass "von Trendwende überhaupt keine Rede sein kann" - "die Budgets enthalten keine Reformen. Wenn Sie sagen, 2016 fangen Sie mit der Entlastung an, dann streuen Sie der Bevölkerung Sand in die Augen." Kathrin Nachbaur vom Team Stronach fragte in ihrer Rede, ob sich SPÖ und ÖVP denn schon mal bei den Steuerzahlern dafür bedankt hätten, dass sie so viel leisten. Budgetsprecher Werner Kogler sprach von der "Fundamentalfadregierung", die keine Vorschläge habe. Sogar Spindeleggers Vorgänger Josef Pröll sei kreativer gewesen.

NEOS-Chef Matthias Strolz sprach indessen von seinen Visionen - er wünscht sich, dass für die junge Generation Wohlstand "und nicht Mittelmaß" herrschen soll. "Natürlich werden wir kein Entwicklungsland sein. Aber das ist ein kriechender Prozess."

Geplänkel um Millionärsabgabe

Zwei Männer in Anzügen sitzen an einem Tisch; einer lächelt, der andere liest Papiere.
APA18133868 - 30042014 - WIEN - ÖSTERREICH: Finanzminister Michael Spindelegger (l.) und BK Werner Faymann im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates am Mittwoch, 30. April 2014, im Parlament in Wien. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Die Regierungsparteien sahen dies naturgemäß anders. Kanzler Werner Faymann lobte vor allem den Schritt der Koalition, trotz Spardrucks in die Bildung zu investieren. "Es ist falsch, dass wir den Ausbau der Ganztagsschule stoppen! Die Mittel für den Ausbau werden erhöht." Dann zog er den Vergleich zu unseren nördlichen Nachbarn: Deutschland habe zwar die selbe Schuldenquote wie Österreich, aber weniger Belastung auf die Arbeit: "Eine Steuerreform ist notwendig - und eine Millionärsabgabe mit einer Gegenfinanzierung." Was die Finanztransaktionssteuer betrifft, ist er optimistisch, dass es heuer noch zu einer Umsetzung komme (siehe auch hier).

Die VP hat Gabriele Tamandl ans Rednerpult geschickt, um das Zahlenwerk zu verteidigen - sie griff vor allem die Opposition an: "Es ist nicht alles schlecht", sagte sie. Sie wünsche sich mehr Verantwortungsgefühl auf der Oppositionsbank. Und dem Kanzler lässt sie ausrichten, dass sie die "Millionärssteuer für Augenauswischerei" hält. Auch Vizekanzler Spindelegger ärgert sich über die Opposition: "Dieser Paarlauf der Klubobleute der Oppositionsparteien war beachtlich. Hier wurde kein Populismus ausgelassen."

VP-Klubobmann Reinhold Lopatka nahm die Kritik der Opposition gleich vorweg und tat sie als "same procedure as every year" ab. Denn das Budget sei ein ambitioniertes, das Reformen bringe, bei dem sorgsam gespart und klug investiert werde. Mehr wäre freilich schon drin gewesen, dann nämlich, wenn man nicht das "FPÖ-Erbe" der Hypo hätte: "Ohne Hypo hätte das Budget ein ganz anders Gesicht."

Defizit bei 2,7 Prozent

Beinahe der ganze Plenartag war für die so genannte "Erste Lesung" der Haushaltsentwürfe für heuer und 2015 reserviert. Im Anschluss an die Aussprache wandert das Budget in den zuständigen Ausschuss, von wo es im Mai zur eigentlichen Budgetdebatte zurückkehrt.

Laut Budgetentwurf wird das Defizit heuer bei 2,7 Prozent des BIP zu liegen kommen und damit deutlich höher sein als im Vorjahr (1,5). Eine neue Rekordhöhe erreicht die Staatsverschuldung mit 79,2 Prozent (2013: 74,5). 2015 soll das Defizit dann wieder auf 1,4 Prozent des BIP sinken, die Verschuldung auf 77,6 Prozent.

U-Ausschuss-Frage

Angekündigt ist außerdem wieder ein weiterer Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Hypo Alpe Adria. Auch diesmal wird das von der Opposition geschlossen getragene Begehr aller Wahrscheinlichkeit nach abgelehnt.

Die Nachlese zur Budgetrede gibt es hier.

Ein Kreisdiagramm zeigt die Verteilung der Ausgaben des Bundes im Jahr 2014.

Finanzminister Michael Spindelegger will mit dem Doppelbudget 2014/’15 die "Trendwende für Österreich" einleiten und nach dem angepeilten strukturellen Nulldefizit 2016 de facto keine neuen Schulden mehr machen.

Sein Zahlenwerk zeigt noch nicht, wie das gehen soll. Gespart wird bis auf wenige Ausnahmen (Landwirtschaft) nach der Rasenmähermethode. Investiert wird teils weniger, als schon für das Regierungsprogramm mühsam zusammengekratzt wurde (z. B. im Wohnbau). Und Reformen werden angeregt bis angestoßen, von einer Umsetzung (z. B. bei der Steuerentlastung) ist Rot-Schwarz oft weit entfernt.

Selbst in Bereichen, in denen größere Einschnitte längst beschlossen sind und zu wirken beginnen – vor allem im Pensionsbereich – sieht man noch zu wenig von den Einsparungen. Die Folge ist, dass die Ausgaben des Bundes für Pensionen bis 2018 um weitere 20 Prozent steigen. Hier geht es nicht um Peanuts, sondern um zusätzliche Milliarden.

Experten wie IHS-Chef Christian Keuschnigg fordern daher eine raschere Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters sowie eine schnellere Anpassung des Frauen-Pensionsantrittsalters an jenes von Männern. Die Regierung habe zwar "gewisse Schwerpunkte" gesetzt, "aber grundlegende Reformen im Prinzip weiter aufgeschoben", sagt der Wirtschaftsforscher.

Insgesamt lastet auf dem Doppelbudget natürlich die Hypo. Die notverstaatlichte Bank treibt das Defizit gewaltig in die Höhe und die Schulden des Staates auf einen Rekordstand. Spindelegger hat aber bewusst kein neues Sparpaket geschnürt, die Bevölkerung wäre ihm nicht (mehr) gefolgt. So wird das wirkliche Sparen auf die Jahre ab 2015/’16 verschoben.

Das zeigt sich auch im Bildungsbereich von Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Die jetzige Schul-Spardebatte ist nur ein Anfang, für die Folgejahre werden neue "Steuerungs- und Korrekturmaßnahmen" sowie das "Ausschöpfen von Effizienzpotenzialen" eingefordert. Rein an den Zahlen sieht man ein steigendes Bildungsbudget. Das ist aber nur den steigenden Personalkosten geschuldet.

WIFO-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller lobt den Versuch Spindeleggers, Konsolidierung und Zukunftsinvestitionen in Einklang zu bringen, Strukturreformen müssten aber folgen. Auch ihr geht es wie vielen anderen Fachleuten darum, dass die Regierung endlich Spielraum für eine Steuerentlastung schaffen muss. Schratzenstaller: "Umfassende Strukturreformen sind nur angedeutet. Die müssen jetzt folgen." Der Finanzausgleich, das teure Förderwesen oder der Gesundheitsbereich werden hier immer wieder zu Recht genannt.

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