Nationalfeiertag: So präsentierten sich Heer und Politik am Heldenplatz
Die Leistungsschau des Bundesheers auf dem Wiener Heldenplatz stand wieder im Mittelpunkt des Nationalfeiertags am Sonntag. Parallel dazu öffnteen auch wieder zahlreiche Institutionen der Republik die Türen, darunter Hofburg, Parlament und Bundeskanzleramt.
Heute wird ein Jubiläum gefeiert: Die Neutralität wurde vor 70 Jahren eingeführt, den Nationalfeiertag am 26. Oktober gibt es seit 60 Jahren.
Österreich feiert mit seinem Nationalfeiertag die "immerwährende Neutralität", die der Nationalrat am 26. Oktober 1955 beschlossen hat. Heuer jährt sich der Beschluss damit zum 70. Mal. Als Nationalfeiertag gilt der 26. Oktober seit 1965, seit 1967 ist er auch arbeitsfrei.
In Österreich hat es 1946 bis 1954 - zumindest in Wien - Feiern am 13. April gegeben, dem "Tag der Befreiung". Dieser Festtag verlor durch die andauernde Besatzung durch die Alliierten aber zunehmend an Akzeptanz. 1955 schließlich verordnete Unterrichtsminister Heinrich Drimmel, dass die Schulen am 25. Oktober den "Tag der Fahne" begehen sollten. Dieser Tag war laut den im Staatsvertrag vorgesehenen Fristen jener, an dem der letzte alliierte Soldat Österreich verlassen sollte.
Ein Jahr später, 1956, hat die Regierung erstmals den 26. Oktober zum "Tag der Fahne" erklärt. Am 26. Oktober 1955 sei Österreich "endgültig frei" gewesen, lautete die Begründung. 1965 folgte dann das "Bundesgesetz über den österreichischen Nationalfeiertag". Darin wird die Wahl des Termins 26. Oktober mit dem Beschluss des Neutralitätsgesetzes begründet. Zwei Jahre später wurde der Nationalfeiertag zum arbeitsfreien, gesetzlichen Feiertag.
Im Folgenden das "Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs" im Wortlaut:
"Artikel I.
(1) Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen.
(2) Österreich wird zur Sicherung dieser Zwecke in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiete nicht zulassen."
Begonnen haben die Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag am Sonntagvormittag traditionell mit Kranzniederlegungen von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und der Bundesregierung. Im Weiheraum des Äußeren Burgtors beim Wiener Heldenplatz gedachten sie der toten Soldaten und Opfer des Widerstandes.
Mini-Parade über den Heldenplatz
Gemeinsam schritten zunächst Van der Bellen und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) eine Ehrenformation der Garde ab. Danach richtete der Bundespräsident die Schleife am Kranz im Weiheraum, genauso wie später die Bundesregierung. Sie war zuvor zu einer Sondersitzung des Ministerrats zusammengekommen, Gesetzesbeschlüsse gab es dabei keine.
Mit den Klängen von "Make your own kind of music" (Cass Elliot), gespielt von der Militärmusik, begann dann um 11 Uhr dann die "Mini-Parade" über den Heldenplatz - inklusive Überflug Eurofighter. KURIER-Reporter Uwe Mauch ist vor Ort und berichtet von einer kleinen Panzer-Panne, die auf der Ringstraße noch behoben wurde:
Während der Darbietung der Garde marschierten die 1.025 Rekruten (darunter 20 Frauen), die heute angelobt werden, auf dem Heldenplatz ein. Mit der Bundeshymne begann um 11.35 Uhr dann die Angelobung, die nach einer strengen Zeremonienordnung abläuft:
Die Fahnen werden gesenkt, während der Bundespräsident und die Regierung die Formation abschreiten. Früher diente das Abschreiten einerseits dem Zweck, dass der Feldheer sich präsentieren und andererseits, dass er kontrollieren kann, ob sein Heer in bester Verfassung für die Schlacht ist. Heute ist es ein rein symbolischer Akt. Als nächstes wird die Fahne hochgezogen.
Das Treuegelöbnis, das die Rekruten am Heldenplatz geleistet haben, lautet wie folgt:
"Ich gelobe, mein Vaterland, die Republik Österreich, und sein Volk zu schützen und mit der Waffe zu verteidigen. Ich gelobe, den Gesetzen und den gesetzmäßigen Behörden Treue und Gehorsam zu leisten, alle Befehlen meiner Vorgesetzten pünktlich und genau zu befolgen und mit all meinen Kräften der Republik Österreich und dem österreichischen Volke zu dienen."
Medien als "geistige Landesverteidigung"
Dazwischen gab es einige Politiker-Ansprachen, Bürgermeister Michael Ludwig machte den Anfang. Wien sei ein "Ort der Begegnung, des Friedens und des Dialogs" - heute mehr denn je. Nicht umsonst befinde sich hier in der Hofburg auch das Hauptquartier der "Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa". 1995, als sich die OSZE hier angesiedelt hat, ist Österreich der EU beigetreten und damit Teil eines "großartigen Friedensprojekts" geworden.
Es gelte, entschlossen gegen Strömungen und Geisteshaltungen aufzutreten, die diese Errungenschaft gefährden oder sogar mutwillig zerstören wollen, so Ludwig. Und wehrhaft zu sein, wenn offen dazu aufgerufen werde, diese Demokratie, diesen Staat und diese Gesellschaft radikal umzubauen.
Der Wiener Bürgermeister sprach auch den Sparzwang an, dem die Regierung derzeit und wohl auch noch für längere Zeit unterliegt: Er warnte vor einem "zu überzogenen Sparkurs - im Bereich der Landesverteidigung genauso wie in anderen Bereichen". Ein klares Nein gebe es von ihm zu "unüberlegten Kürzungen, die mehr Schaden anrichten, als sie kurzfristigen Nutzen bringen".
Auch dürfe man nicht "tatenlos zusehen, wie die österreichische Medienlandschaft immer tiefer in die Krise schlittert" - die heimischen Medien seien die beste Versicherung gegen Desinformation und Propaganda, sie seien "kritische Infrastruktur unserer Demokratie", quasi die "geistige Landesverteidigung".
Drei Aufträge der Verteidigungsministerin
"Die Welt ist im Umbruch", begann dann Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) ihre Rede. Die gute Nachricht: "Wir können und müssen den Frieden weiter sichern." Sie habe drei Aufträge:
Der erste gehe an sie selbst, nämlich: "Weiter alles zu tun, um das Bundesheer zur einsatzfähigsten Armee der Europäischen Union zu machen." Dazu seien Investitionen notwendig. Der zweite an die Bevölkerung, denn "etwas Sorgen" mache sie sich, wenn versucht werde, einen Keil hineinzutreiben und die Sicherheit zu unterteilen in eine soziale und eine militärische Sicherheit. "Wir brauchen beides", so Tanner.
Der dritte Auftrag gehe an die Rekruten, die heute angelobt werden: Tanner bedankt sich für die Einsatzbereitschaft und wünscht ihnen, die Zeit als eine sinnvolle zu empfinden - "für die Verteidigung der Republik und unserer Werte".
Kanzler: "Mutig in die neuen Zeiten"
Bundeskanzler Christian Stocker will den heutigen 26. Oktober als "Tag des Innehaltens und der Dankbarkeit" feiern, aber auch als "Tag des Nachdenkens und der Reflexion", wie er in seiner Rede sagte.
Österreich habe in Zeiten der Unsicherheit und des Zweifels schon immer den "Weg des Mutes" gewählt, Herausforderungen bewältigt - "nicht gegeneinander, sondern miteinander". So sei es gelungen, das Land nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufzubauen. Solche Kraftanstrengungen würden auch in Zukunft notwendig sein.
Die Welt sei rauer geworden, so der Bundeskanzler, die westliche Demokratie stehe massiv unter Druck: Er nannte Cyberattacken, Spionage, Desinformation und Versuche der Destabilisierung als Beispiele. Die Regierung investiere in die Sicherheit des Landes - etwa in ein "starkes, modernes Bundesheer, einen effektiven Katastrophenschutz" und in "Resilienz" gegen die genannten Bedrohungen.
Stocker: "Sicherheit bedeutet aber auch wirtschaftliche Stärke." Kriege würden heute nicht mehr nur mit Waffen geführt, sondern auch mit Energie, Handel und wirtschaftlicher Abhängigkeit. "Wehrhaft ist ein Land daher nicht nur durch seine Armee, sondern durch stabile Lieferketten, verlässliche Energieversorgung und eine starke heimische Produktion."
Sicherheit bedeute auch, die eigenen Werte zu bedeuten, in der Gesellschaft fest zusammenzustehen. "Das beginnt in der Familie, setzt sich am Arbeitsplatz fort, in den Vereinen, am Stammtisch, im Wirtshaus."
Zum Schluss zitierte der Kanzler die Bundeshymne, in der es heißt: "Mutig in die neuen Zeiten, frei und gläubig sieh uns schreiten, arbeitsfroh und hoffnungsreich." Diese Worte seien keine historische Phrase, sie seien ein Versprechen. "Glauben wir an unser Land, glauben wir an die Menschen, die es stark machen und arbeiten wir gemeinsam – mit Mut und Zuversicht – für Österreich."
Van der Bellen: "Bitte abrücken lassen"
Bevor dann die eigentliche Angelobung stattfand, richtete Bundespräsident Alexander Van der Bellen noch einige Worte an die Rekruten - sie würden einen bedeutenden Beitrag zum wichtigsten Gut der Österreicherinnen und Österreicher leisten: der Freiheit.
Angesichts der multiplen Angriffe unserer Zeit (die schon Kanzler Stocker ansprach) seien alle gefordert, das Land zu verteidigen. Wann damit beginnen? "Am besten heute."
Nach der Angelobung erbat der Kommandant beim Bundespräsidenten weitere Befehle. Van der Bellen hatte keine. "Bitte abrücken lassen."
Offene Türen
Zum Nationalfeiertag gab es auch offene Türen u. a. in Hofburg, Parlament und Bundeskanzleramt. Van der Bellen begrüßte gemeinsam mit Ehefrau Doris Schmidauer die Wartenden vor dem Tor, plauderte mit ihnen und schüttelte Hände. Verteidigungsministerin Tanner, die Van der Bellen mit einem Tross nach der Kranzniederlegung zur Hofburg begleitet hatte, stand mit offensichtlicher Begeisterung für Fotos und Selfies bereit.
Schon eine Stunde vor dem Einlass standen auch etliche Menschen vor dem Parlament Schlange. Begrüßt wurden sie im Hohen Haus durch das Nationalratspräsidium, bestehend aus Walter Rosenkranz (FPÖ), Peter Haubner (ÖVP) und Doris Bures (SPÖ), Bundesratspräsident Peter Samt (FPÖ) sowie den Klubspitzen.
Neben Führungen durchs Haus erwarteten die Besucherinnen und Besucher auch Stände der Fraktionen in der Säulenhalle mit Infos und Goodies. Erwartet wurden an die 10.000 Personen. Der FPÖ-Klub feierte zusätzlich sein eigenes "Neutralitätsfest" hinter dem Parlament.
Um 19.48 Uhr wird Bundespräsident Van der Bellen seine TV-Ansprache auf ORF1 und ORF2 halten, im Laufe des Vormittags meldeten sich bereits die Parteichefs zu Wort.
Babler: "Sozialer Ausgleich schützt"
SPÖ-Chef und Vizekanzler Andreas Babler betonte den Zusammenhalt und den Interessensausgleich als Grundwerte. "Durch sozialen Ausgleich schützen wir die Republik, die wir heute feiern", wird er in einer Aussendung zitiert. "Wir haben unsere Neutralität nie als Gleichgültigkeit gelebt, sondern immer als Auftrag, Partei für den Frieden zu ergreifen."
"Eine aktive Neutralitätspolitik, ein starker Rechtsstaat, eine gut ausgestattete Polizei und unser Bundesheer schützen unsere Demokratie und machen sie widerstandsfähig", so Babler, der betont, dass sich die Bundesregierung zu einer wehrhaften Republik mit einem starken Bundesheer bekennt.
Kickl: "Tag des Aufbruchs"
FPÖ-Chef Herbert Kickl erinnert via Aussendung an den "Grundstein und das Fundament der Republik", das am 26. Oktober 1955 mit dem Neutralitätsgesetz gelegt worden sei. Das "Versprechen für Frieden Selbstbestimmung und einen eigenen Weg" habe Österreich zu einer "Insel der Seligen" gemacht, Wohlstand und Sicherheit gebracht.
Dieses Erbe sieht Kickl in Gefahr - die "Systemparteien" würden sich zu "Handlangern fremder Interessen" und Österreich zu einer "Kriegspartei" machen. Auch ein Wirtschaftskrieg sei ein Krieg. Der FPÖ-Obmann äußert damit seine Besorgnis über die geopolitischen Entwicklungen und die Rolle Österreichs darin. Und er ruft die Bevölkerung auf, Sorge und Ärger in "positive Energie und politischen Widerstand" umzuwandeln.
Abschließend sagt er: "Dieser Nationalfeiertag soll für uns ein Tag des Aufbruchs sein. Ein Tag, an dem wir uns daran erinnern, was unser Land stark gemacht hat, und an dem wir die Kraft schöpfen, für seine Zukunft, für gute Jahre in Frieden, Freiheit und Wohlstand zu kämpfen."
Gewessler: "Glaube an eine bessere Welt"
Grünen-Chefin Leonore Gewessler wandte sich mit einer Videobotschaft an die Österreicherinnen und Österreicher - und will darin "auch in schwierigen Zeiten der Hoffnung Raum geben": Nur, wenn man eine bessere Welt glaube, könne es sie geben.
Für den zuversichtlichen Blick nach vorn helfe der Blick zurück in die Geschichte, sagt Gewessler und erinnert an den Aufbau des Landes nach dem Naziterror, die Angst vor der nuklearen Katastrophe und die Gründung der Europäischen Union.
Als Grünen-Chefin sagt sie: "Ich mache meinen Job, weil ich für ein Österreich arbeiten will, in dem unsere Kinder wieder gerne aufwachsen. In der es Unabhängigkeit gibt. Und Frieden. Und Sicherheit."
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