Mutter-Kind-Pass: Aufregung um neuerliche Kündigungs-Drohung der Ärztekammer
Die Drohung der Ärztekammer mit einem Ausstieg aus dem Mutter-Kind-Pass lässt weiter die Wogen hochgehen. Die Opposition rief am Donnerstag alle Verantwortlichen zu einer Verhandlungslösung auf und bekräftigte, dass die Leistungen erhalten bleiben müssen. Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) versicherte unterdessen, dass die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen kostenfrei bleiben werden.
Die Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer hatte am Mittwoch einen Beschluss gefasst, wonach die Kündigung des Mutter-Kind-Passes als Kassenleistung mit Jahresende ausgesprochen werde, wenn es bis dahin keine Einigung geben sollte. Damit würde ein vertragsloser Zustand eintreten und die Mediziner würden die im Pass angeführten Untersuchungen nicht mehr als Kassenleistung anbieten. Die Leistungen müssten dann ab März privat bezahlt werden und könnten nur teilweise von der Krankenversicherung rückvergütet werden.
SPÖ ortet Versagen der Regierung
SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher zeigte sich am Donnerstag über diese Entwicklung fassungslos. "Der Mutter-Kind-Pass hat die Kinder- und Müttersterblichkeit massiv verringert. Anstatt die versprochene Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes endlich umzusetzen, steht nun sogar die kostenlose Gesundheitsversorgung von Müttern und Kindern am Spiel. Das ist das traurige Ergebnis des Stillstands in der türkis-grünen Gesundheitspolitik", kritisierte Kucher in einer Aussendung. Der SPÖ-Abgeordnete forderte alle Beteiligten auf, sofort an den Verhandlungstisch zu kommen und eine Lösung zu finden.
In die gleiche Kerbe schlugen auch die NEOS. Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler forderte ebenfalls alle Beteiligten auf, rasche Lösungen zu finden. "Ein Ende des Mutter-Kind-Passes ist keine Option. Die ärztliche Versorgung muss auch weiterhin sichergestellt sein", betonte Fiedler, die auch eine Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes forderte. Sie zeigte zwar "vollstes Verständnis", dass die Ärztekammer eine Erhöhung der seit 1994 nicht mehr angehobenen Honorare fordere. Dennoch dürfe die Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung "nicht an Kompromissunfähigkeit und Blockadehaltungen einzelner scheitern", betonte Fiedler. "Plötzlich eine Erhöhung um 170 Prozent zu fordern, ist doch einigermaßen realitätsfremd. Beide Seiten, Kammer wie Gesundheitsministerium, müssen sich mit Forderungen einander annähern, die auch umsetzbar sind. Drohgebärden helfen niemandem weiter", so die NEOS-Abgeordnete.
Risiko für Armutsbetroffene
Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger warnte, dass ein Ende des Mutter-Kind-Passes vor allem für Armutsbetroffene ein erhöhtes Gesundheitsrisiko bedeuten würde. Für viele wären diese Untersuchungen privat nicht leistbar. Fenninger forderte stattdessen eine Ausweitung der Leistungen. Es brauche eine Ausweitung des Mutter-Kind-Passes bis zum 18. Lebensjahr und die Aufnahme von Mund-/Zahngesundheit in den Mutter-Kind-Pass.
Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) versuchte hingegen zu beruhigen. Die Untersuchungen des Mutter-Kind-Passes bleiben weiterhin kostenfrei, versicherte sie am Mittwochabend bei den Beratungen zum Familienbudget im Budgetausschuss des Parlaments. Die Verhandlungen befänden sich in der finalen Phase, bekräftigte Raab frühere Angaben des Gesundheitsministeriums.
Auch die Familien- und Gesundheitssprecher der Grünen, Barbara Neßler und Ralph Schallmeiner, versicherten in einer Aussendung, dass der Mutter-Kind-Pass keineswegs vor dem Aus stehe. Ganz im Gegenteil - man befinde sich in intensiven Gespräche, an deren Ende Verbesserungen der Leistungen stehen sollen, betonten die beiden Grün-Politiker, die sich gegen derartige Spekulationen wandten, die nur zu unnötiger Verunsicherung führen würden.
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