Was geht zu langsam?
Zum Beispiel die Frage der Daten-Verwertung. Seit Monaten monieren Experten, dass wir auf sehr wertvollen Informationen und Daten sitzen, diese aber nicht verwenden beziehungsweise verknüpfen. Bis heute gibt es keine Freigabe des Ministeriums.
Was könnten Sie denn konkret auswerten?
Mit den vorhandenen Daten könnten wir zum Beispiel untersuchen, ob beziehungsweise welche Zusammenhänge es zwischen dem Alter eines Patienten, Vor-Erkrankungen, Medikamenten und schweren Covid-19-Verläufen gibt. Wir könnten untersuchen, welche Impfungen bei bestimmten Patienten-Gruppen zu schwereren oder weniger schweren Verläufen führen. All das und vieles mehr wäre möglich – aber wir tun es nicht. Man könnte vermutlich auch der Impfskepsis begegnen.
Wie das?
Ich könnte den Versicherten mit harten Daten zeigen, dass zugelassene Impfungen ihre Gesundheit schützen. Wir sind in Österreich bei Impfungen wie Tetanus, Hepatitis und FSME europaweit sehr schlecht unterwegs. Man muss den Menschen klar machen, dass ich als Krankenversicherung kein Interesse habe, für Impfungen zu bezahlen oder sie zu propagieren, wenn sie nicht funktionieren. Bei wirksamen Impfungen gehen wir als SVS im Unterschied dazu aber so weit, dass wir den Versicherten einmalig 100 Euro bezahlen, wenn sie sich impfen lassen – weil es klug ist. Und: Eine kluge Verschneidung von Daten könnte auch bei der Debatte um die Impfschäden viel verbessern. Viele sogenannte Impfschäden wie Schlaganfälle haben nichts mit der kurz davor erledigten Impfung zu tun, sondern sind schlicht das Ergebnis von jahrzehntelang unbehandelten Erkrankungen wie Bluthochdruck.
Bluthochdruck ist ein gutes Stichwort: Der Gesundheitszustand der Österreicher ist im OECD-Vergleich nach wie vor bescheiden…
Und genau deshalb müssen wir uns als Gesellschaft verändern und weg von der Reparatur- und hin zur Präventionsmedizin kommen. In der SVS leben wir seit Jahren das Prinzip, dass der Versuch, ein gesünderes Leben zu leben, monetär belohnt wird. Wer Gesundheitsziele erreicht, bezahlt weniger Selbstbehalte.
Manche bezeichnen das als unfair – nicht jeder hat die gleichen körperlichen Voraussetzungen.
Völlig richtig. Aber es geht nicht darum, dass jeder topfit ist, sondern dass man sich bemüht, gesünder zu leben – das sollte das Gesundheitssystem insgesamt fördern. Der Mutter-Kind-Pass zum Beispiel ist ein gutes Instrument, das man nutzen könnte.
Was schwebt Ihnen vor?
Derzeit laufen die Vorbereitungen, den Mutter-Kind-Pass zu digitalisieren. Ich hoffe, dass das schnellstmöglich kommt – aber man könnte weiter gehen und den Pass ausweiten. Im Unterschied zu den Burschen, die mit der Stellungsuntersuchung immerhin noch einmal durchgecheckt werden, haben wir bei den Mädchen und Frauen nach den Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen keine flächendeckenden Gesundheitsuntersuchungen. Das sollte man ändern.
… und die Familienbeihilfe an Untersuchungen und Impfungen knüpfen?
Das ginge vermutlich zu weit. Anreize wie das Schulstart-Geld könnte man aber wunderbar mit den Vorsorge-Untersuchungen verbinden.
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