Wie konnte es zum Terror in Wien kommen? Viele offene Fragen an Regierung

Wie konnte es zum Terror in Wien kommen? Viele offene Fragen an Regierung
Warum ist die Deradikalisierung des Täters gescheitert? Was wusste die Polizei? Im Nationalen Sicherheitsrat soll die Regierung Antworten liefern. Neos fordern Untersuchung

Der Terroranschlag in Wien ist auch am Tag zwei danach das beherrschende Thema der Innenpolitik. Dabei geht es vor allem um die Frage nach der Verantwortung.

Spannungen gibt es schon jetzt zwischen Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Nehammer hatte die Justiz kritisiert, weil der Täter bereits einmal in Haft war und vorzeitig entlassen wurde. Zadic verteidigte daraufhin die Vorgehensweise als gesetzeskonform. Der Täter war nach seiner bedingten Entlassung noch in der Probezeit, wurde von den Vereinen Neustart und Derad betreut.

Irgendwo aber muss etwas schief glaufen sein, heißt es nun auch seitens der Opposition. Wie konnte es überhaupt so weit kommen?  

Sicherheitsgremium tagt

Türkis-Grün berät heute bei einer Videokonferenz über die Sicherheitslage und den aktuellen Kenntnisstand rund um den Anschlag - das dient auch als Vorbereitung für die Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats. Das ist das zentrale Gremium in Angelegenheiten der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik tagt am Mittwoch ab 16 Uhr. Vertreten sind dort der Bundeskanzler, der Vizekanzler sowie die zuständigen Ministerinnen und Minister, dazu noch Abgeordnete jeder Partei im Nationalrat.

Die Regierung wird sich dabei auch den Fragen der Opposition stelllen müssen.

SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried und Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner zeigen sich vorab fassungslos über Berichte, laut denen das Innenministerium über den versuchten Munitionskauf des späteren Attentäters in der Slowakei informiert gewesen sei "Da muss es doch irgendwo rot aufleuchten", sagt Einwallner im Gespräch mit dem KURIER. Immerhin sei die Zahl der IS-Rückkehrer ja auch "eine überschaubare Größe".

Außerdem müsse man sich den Informationsaustausch zwischen Justiz und Innenministerium bzw. Verfassungsschutz nach der Haftentlassung anschauen. „In welcher Form ist das BVT involviert bzw. wie läuft der Informationsaustausch ab, wenn sich ein entlassener Täter in einem Deradikalisierungsprogramm befindet? Auch dazu erwarten wir uns von Innenminister Nehammer und Justizministerin Zadic Antworten“, sagt Einwallner. Natürlich könne man nicht alle frühzeitig Entlassenen observieren, dennoch brauche es Schnittstellen, "um zu schauen, wer sich in welchem Umfeld befindet."

Neos fordern U-Kommission

Neos-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos erklärte vorab, er halte die gegenseitigen Schuldzuweisungen zwischen Justiz- und Innenministerium für "letztklassig" und könne nicht verstehen, warum nun jedes der Ministerien "reflexartig die Schuld von sich weist und mit dem Finger auf die anderen zeigt." Hoyos erwarte sich Lösungen und Antworten statt Schuldzuweisungen. Denn: "Natürlich gibt es in solchen Situationen meistens Dinge, die falsch gelaufen sind."

Die Neos fordern in jedem Fall eine lückenlose Aufklärung des Sachverhalts, man müsse Sorge tragen, dass "so etwas wie am Montagabend nie wieder vorkommt". Wenn es nach den Pinken geht, soll eine unabhängige parlamentarische Untersuchungskommission installiert werden, die Georg Krakow von Transparency International leiten soll.

Ex-Innenminister Kickl prescht vor

Die FPÖ war am Dienstag bereits mit ihren Forderungen vorgeprescht: Klubchef Herbert Kickl will die Rolle des Verfassungsschutzes hinterfragen. Er ist überzeugt, dass die Behörde den Attentäter bereits länger im Auge hatte. „Es spricht vieles dafür, dass sich dieser Terrorist und sein Umfeld bereits seit längerem am Radar des Verfassungsschutzes befunden haben. Und wenn dem so war, warum ist dieser Terrorist dann nicht aus dem Verkehr gezogen worden?", fragt Kickl in einer Aussendung. Und weiter: "Worauf hat man gewartet? Hat man vielleicht sogar gewusst, dass dieser Terrorist mit Langwaffen ausgestattet gewesen ist, dass er entsprechende Munition gehortet hat? Und wenn das so ist, warum hat man nicht eingegriffen und ihn aus dem Verkehr gezogen?“ Auf all diese Fragen möchte er nun Antworten von Innenminister Nehammer.

Am heutigen Mittwoch um 10 Uhr fand eine Sondersitzung des Wiener Stadtsenats statt, um 11 Uhr startete der Ministerrat der Bundesregierung.

Vorgelegt wurde dabei unter anderem ein Antrag auf Assistenzeinsatz des Bundesheeres beim Objektschutz. Diese Maßnahme wurde bereits in der Nacht des Anschlags verfügt, nun wird sie nachträglich formell beschlossen. Soldaten bewachen unter anderem von Botschaften und anderen "schutzwürdigen Einrichtungen" in der gesamten Bundeshauptstadt, um die Polizei zu entlasten.

Morgen, Donnerstag, ist dann eine Sondersitzung im Nationalrat geplant. 

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