Mindestsicherung und Pensionen: Heiße Debatten um Sozialpolitik
Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hat am Mittwoch im Nationalrat versichert, ein verfassungskonformes Modell bei der Reform der Mindestsicherung vorzulegen. Das geplante Grundsatzgesetz werde jedenfalls nicht zwischen befristeten und unbefristeten Asylberechtigten unterscheiden, wie das bei der oberösterreichischen Regelung der Fall war, die gestern vom EuGH gekippt wurde.
Betont wurde von der Ministerin auch, dass Menschen nicht aus der Notstandshilfe in die Mindestsicherung fallen und damit Pensionsansprüche verlieren werden. Ferner unterstrich sie, dass nicht daran gedacht sei, das Pensionsalter zu erhöhen.
"Hartz IV, mit mir nicht"
Pensionserhöhung stark umstritten
Die Pensionserhöhung für das kommende Jahr hat am Donnerstag den Nationalrat gespalten. Während die Koalition einen Abschluss über der Inflationsrate bejubelte, bezweifelten SPÖ und "Jetzt" genau das. Die NEOS wiederum sehen falsche Gruppen begünstigt.
In Zahlen sieht die Anpassung für 2019 folgendermaßen aus. Bezüge bis 1.115 Euro werden um 2,6 Prozent angehoben. Danach sinkt der Anpassungsfaktor bis zu einer Pension von 1.500 Euro auf zwei Prozent ab. Wer zwischen 1.500 und 3.402 Euro bezieht, erhält exakt die Teuerung von zwei Prozent abgegolten. Für Pensionen über der ASVG-Höchstpension, in der Regel Beamte, ist ein Pauschalbetrag von 68 Euro vorgesehen.
Für SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch handelt es sich trotzdem um einen "schwarzen Tag für die Pensionisten", denn es werde von der Koalition das Blaue vom Himmel versprochen. Seiner Ansicht nach ist nämlich die Inflation gesamt nicht der maßgebliche Wert sondern etwa der tägliche Einkauf, bei dem die Teuerung sogar 4,4 Prozent betragen habe.
"Jetzt"-Sozialsprecherin Daniela Holzinger-Vogtenhuber konnte nur in der sozialen Staffelung der Anpassung positives erkennen. Insgesamt fällt auch ihrer Meinung nach die Erhöhung zu gering aus, vor allem für die Pensionen in mittlerer Höhe, da eben auch aus ihrer Sicht die zwei Prozent nicht die reale Teuerung im Alltag abbildeten.
"Es ist nicht daran gedacht das Pensionsantrittsalter zu erhöhen"
Von NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker kam Kritik anderer Art. Er verwies darauf, dass jene im Ausland lebenden Personen, die nur einen Teil ihrer Pension aus Österreich beziehen, jetzt auf den Maximalwert von 2,6 Prozent kommen. Jemand, der durchgehend hierzulande gearbeitet hat, müsse sich dagegen mit zwei Prozent zufrieden geben. Zudem bedauerte er, dass es keinen Deckel für Bezieher von Normal- und Sonderpensionen gibt, diese also stärker von der Anpassung profitieren können.
Die Koalition focht diese Kritik nicht im geringsten an. FPÖ-Seniorenvertreter Werner Neubauer betonte, dass die Erhöhung insgesamt weit höher als die Inflation sei. VP-Klubchef August Wöginger warf der Opposition Populismus vor. Nach Meinung der Volkspartei ist die Anpassung sogar höher als zuletzt unter SPÖ-Sozialministern.
Abgestimmt wird über die Pensionserhöhung erst am Donnerstagabend. Wegen eines umfassenden Abänderungsantrags der Koalition, der die Sozialversicherungsträger zur Meldung gewisser Daten an das Sozialministerium verpflichtet, und dem folgender Empörung der Opposition verlegte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) das Votum ans Ende der Tagesordnung.
Regierung will Maßnahmen vor Gesetzwerdung umsetzen
Auch ein Abänderungsantrag der Regierung in Sachen Kassenreform hat im Nationalrat die Gemüter hoch gehen lassen. Die SPÖ sieht die Koalition nun rechts vom ungarischen Premier Viktor Orban und will den Verfassungsgerichtshof bemühen, da das Parlament von der Regierung ausgeschaltet werde.
Worum es geht: In dem kurzfristig eingebrachten Antrag wird die Sozialministerin ermächtigt, "Vorbereitungshandlungen" auf noch gar nicht beschlossene Gesetze im Bereich der Sozialversicherung, die allerdings bereits in parlamentarischer Behandlung sind, eigenständig vorzunehmen. Als Voraussetzung ist bloß angegeben, dass andernfalls keine fristgerechte Umsetzung der Gesetze möglich wäre.
"Wichtig ist dass jeder Cent der gespart werden kann dem Versicherten zugutekommt"
Abgestellt ist der Antrag auf die Sozialversicherungsreform. Die Träger werden direkt verpflichtet, auf Verlangen der Aufsichtsbehörde innerhalb von zwei Wochen die Zahl der pflichtversicherten Dienstnehmer zu einem bestimmten Stichtag in der vom Sozialministerium geforderten Form zur Verfügung zu stellen. VP-Klubchef August Wöginger begründete in der Debatte die Initiative damit, dass einzelne Träger die Kassen-Strukturreform nicht unterstützen würden.
SPÖ spricht von "Selbstermächtigungsgesetz"
Die SPÖ sieht hingegen mit dem Gesetz einen Schritt zu einer autoritären Demokratie, wie der stellvertretende Klubobmann Jörg Leichtfried in einem Pressegespräch ausführte. Das letzte Mal sei solch ein Selbstermächtigungsgesetz 1933 beschlossen worden. Leichtfried ist sicher, dass das Gesetz illegal ist und will daher auch den VfGH bemühen. SP-Verfassungssprecher Peter Wittmann glaubt, dass über das Gesetz, das ja den gesamten Bereich der Sozialversicherung umfasst, beispielsweise auch Pensionskürzungen ohne parlamentarischen Beschluss verfügt werden könnten.
Beschlossen werden soll die umstrittene Neuregelung gemeinsam mit der Pensionserhöhung am Ende der heutigen Tagesordnung.
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