"Gift für die Demokratie": Debatte zur Mietpreisbremse

Von Johanna Worel
In der ZIB 2 vom Mittwochabend trafen mit Helene Schuberth, Chefökonomin und Bundesgeschäftsführerin des ÖGB, und Jan Kluge, Ökonom und Immobilienexperte, zwei völlig gegensätzliche Positionen aufeinander. Unter der Leitung von Armin Wolf drehte sich das Gespräch um die geplante Mietpreisbremse, steigende Energiekosten – und die Frage, ob Wohnen in Österreich noch leistbar bleiben kann.
"Keine Alternative zur Mietpreisbremse"
Schuberth machte klar, dass die geplante Mietpreisbremse nicht ausreiche. „Ich finde, es gibt keine Alternative zu dieser Mietpreisbremse, die jetzt geplant ist.“ Doch sie warnte: „Diese drei Prozent, plus halbe Inflationsrate, sind viel zu hoch. Das ist eine schwierige Lage. Wir müssen für einige Jahre wirklich einen Mietpreis-Stopp machen.“
Besonders kritisierte sie die Befristungen im privaten Mietbereich: „Bei den Neuverträgen ist es so, dass drei von vier Verträgen befristet sind. (…) Das bedeutet letztlich, dass die Menschen ihren Vermietern ausgeliefert sind.“ Der Effekt seien enorme Mietsteigerungen: „Das ist auch mit ein Grund, warum wir eklatante Mietpreisanstiege in den letzten 15 bis18 Jahren gesehen haben – nämlich um ganze 70 Prozent.“
Gesamtes Gespräch in der ZIB 2:
Ökonomin Schuberth: "Gibt keine Alternative zu Mietpreisbremse"
"Aus Knappheit Mangel machen"
Ganz anders argumentierte Kluge. Für ihn untergräbt die Mietpreisbremse Investitionsbereitschaft: „Das Problem ist ja das Risiko, das der Investor heute nimmt. (…) Sie haben keine Wertsicherung mehr. Sie können nicht vernünftig kalkulieren über 30 oder 35 Jahre.“
Kluge warnte davor, dass die geplante Mietpreisbremse Investitionen ausbremsen könnte. Besonders betroffen sei der private Wohnungsmarkt: „Gerade das freie Segment, das das Einzige war, das überhaupt noch gebaut hat, wird jetzt wahrscheinlich große Probleme haben.“ Neubau könnte damit weiter zurückgehen.
Auch bei den zuletzt stark gestiegenen Wohnkosten zweifelte Kluge an der Wirkung staatlicher Eingriffe. Die Ursachen lägen seiner Ansicht nach im Wohnungsmangel: „Die Mietpreissteigerungen im freien Bereich kommen daher, dass die Nachfrage höher war als das Angebot. (…) Da wird jetzt die Mietpreisbegrenzung natürlich wenig ändern. Sie wird aus Knappheit Mangel machen.“ Gemeint ist: Nicht die Regulierung, sondern der Wohnungsmangel treibe die Preise – solange zu wenig gebaut werde, bleibe Wohnen teuer.
Streitpunkt: Energiekrise
Ein weiterer Schwerpunkt im Gespräch war die Energiekrise. Schuberth forderte eine Verlängerung der Strompreisbremse: „Im Idealfall hätte man das verlängern müssen. Aber wir kennen alle die budgetäre Situation.“ Stattdessen müsse die Politik stärker bei den Versorgern ansetzen: „Die Energieversorger zahlen ungefähr sechs Prozent dieser gigantischen Netzausbaukosten. (…) Hier muss man auch die Energieversorger stärker in die Verantwortung nehmen.“
Als großen Fortschritt wertete Schuberth den eingeführten Sozialtarif für rund 250.000 Menschen. Dieser sei aber noch zu eng gefasst: „Das wären dann etwa 400.000 Menschen, dass die zu uns abgesichert sind.“ Besonders im Bereich Energie brauche es zusätzliche Unterstützung, betonte sie, da steigende Kosten direkt den Alltag der Menschen träfen. Wenn Grundbedürfnisse wie Wohnen, Energie und Lebensmittel unbezahlbar würden, drohe ein Vertrauensverlust in die Politik: „Wenn man hier nicht eingreift, das ist Gift für die Demokratie.“
Kluge wiederum kritisierte, dass die öffentlichen Versorger zu wenig Verantwortung übernommen hätten: „Die Landesversorger gehören zum Großteil der öffentlichen Hand. (…) Die Dividenden, die bei den Landesversorgern entstehen, fließen in die Landesbudgets. Und das ist natürlich eine angenehme Sache für die Landeshauptleute.“
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