Neuer Finanzminister: Wer ist Markus Marterbauer?

Zusammenfassung
- Markus Marterbauer, neuer Finanzminister, ist bekannt für seine linke Wirtschaftspolitik und steht in einem schwierigen Verhältnis zur Industrie.
- Er hat eine beeindruckende akademische Laufbahn und ist prominent als Konjunkturreferent des Wifo und Leiter der Abteilung für Wirtschaftswissenschaft an der AK Wien.
- Marterbauer unterstützt Investitionen in Krisenzeiten und befürwortet Reichensteuern, was zu Spannungen in der Koalition führen könnte.
Die Ernennung von Markus Marterbauer zum Finanzminister kann durchaus als Kampfansage von SPÖ-Chef Andreas Babler an die Industrie verstanden werden. Der prominente Ökonom, dessen Karriere durch verschiedene Universitäten und das Wifo in Arbeiterkammer und Fiskalrat führte, ist erklärter Wirtschaftsliebling der Linken in Österreich. Ihn in einer Koalition mit zwei liberal- bis konservativen Wirtschaftsparteien an zentraler Stelle zu positionieren, ist ein kühnes Experiment.
Dass der in Schweden geborene 60-Jährige genug Expertise mitbringt, steht außer Frage. Nach seinem Studium, das er mit einem Doktorat abschloss, diente er als Assistent am Institut für Volkswirtschaftstheorie und -politik der Wirtschaftsuniversität Wien.
Wifo als Basis für weitere Karriere
Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde er dann als Konjunkturreferent des Wirtschaftsforschungsinstituts. Seit rund eineinhalb Jahrzehnten leitet er die Abteilung für Wirtschaftswissenschaft an der AK Wien. Dazu dient Marterbauer als Vizechef des Fiskalrats. Nebenbei verfasste er Kolumnen für die Wiener Stadtzeitung "Falter" und schrieb mehrer Bücher, zuletzt das 2022 erschienene "Angst und Angstmacherei". Darin warnt er wie so oft vor neoliberaler Wirtschaftspolitik und plädiert für einen starken Sozialstaat.
Marterbauer ist das, was heutzutage gerne als meinungsstark bezeichnet wird. Insofern wird er auch medial gerne gesucht, wenn es um einen Vertreter linker Wirtschafts- und Finanzpolitik geht. Er formuliert präzise und eingehend und gilt - und hier könnte das Problem in der Regierungszusammenarbeit beginnen - als Ideologe.
Markus Marterbauer, geboren am 26. Februar 1965 in Uppsala (Schweden), aufgewachsen in Oberösterreich, verheiratet, zwei Kinder. Berufliche Laufbahn: Assistent am Institut für Volkswirtschaftstheorie und -politik der Wirtschaftsuniversität Wien, 1994-2011 Konjunkturreferent Wifo, seit 2011 Leiter der Abteilung Wirtschaftswissenschaften und Statistik an der AK Wien. Zusätzlich Vizepräsident des Fiskalrats.
Marterbauer war Babler-Unterstützer
Damit entspricht er genau jener Gruppe an Persönlichkeiten, mit denen sich SPÖ-Chef Andreas Babler gerne umgibt. Marterbauer fand sich folgerichtig im Personenkomitee für den Spitzenkandidaten bei der Nationalratswahl. Auch im parteiinternen Dreikampf um den SPÖ-Vorsitz baute Babler auf die Expertise Marterbauers.
Als Freund großer Sparpakete mitten in der Krise wäre der neue Finanzminister nicht bekannt. Im Gegenteil meint Marterbauer, dass man gerade da investieren sollte. Gespart werden sollte in guten Zeiten. Viel anfangen kann er hingegen in Sachen Budget-Konsolidierung mit Reichensteuern. Die Körperschaftssteuer würde er dann auch gleich gerne anheben. Im Regierungsprogramm steht beides freilich nicht.
An Selbstbewusstsein mangelt es dem neuen Finanzminister, der in Oberösterreich aufwuchs und verheirateter Vater von zwei Kindern ist, auch nicht gerade. Einschüchtern wird er sich von Wirtschaft und Industrie also kaum lassen. Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer nannte ihn erst vor wenigen Monaten etwas despektierlich "volkswirtschaftliche Diva". Erste inoffizielle Reaktionen der ÖVP auf seine Ernennung waren dann auch eher reserviert. Wenn ihm der ein oder andere Konflikt zu viel sein sollte, wird der Berg- und Seen-Liebhaber wohl ein wenig Ruhe in der Natur suchen.
Kommentare