Parlament: Schluss für Saudi-Zentrum, Rückenwind für Heeresschule

Kanzlerin Bierlein mit Vize-Kanzler Jabloner und Außenminister Schallenberg (v.r.n.l.)
Die Expertenregierung um Kanzlerin Brigitte Bierlein stellte sich am Mittwoch dem Nationalrat vor. Bierlein betonte die Verlässlichkeit ihres Kabinetts, aber auch die Menschlichkeit als "gute österreichische Tradition". Leise Kritik übte sie am Wahltermin Ende September.
Der Nationalrat hat am Mittwoch mit allen Stimmen - außer jenen der Liste Jetzt - vorgezogene Neuwahlen beschlossen. Weil SPÖ und FPÖ das Gesetz zum Ende der Legislaturperiode erst am 3. Juli in Kraft treten lassen, ist wegen der Fristen der 29. September so gut wie fix.
Eingebracht wurden in der Sitzung zahlreiche Anträge. Initiativen wie das lückenlose Rauchverbot in der Gastronomie oder die Finanzierung der Ganztagsschulplätze könnten so noch vor dem Sommer in der Juli-Plenarwoche beschlossen werden.
Fest steht: Nach dem Bruch zwischen ÖVP und FPÖ herrscht im Parlament das freie Spiel der Kräfte. Dies zeigte sich etwa bereits bei der Einigung von Rot und Blau auf einen Wahltermin.
ÖVP, FPÖ und SPÖ kämpfen wiederum gemeinsam für die neue Heeres-Sicherheitsschule in Wiener Neustadt. Die Parteien haben sich heute per Entschließungsantrag kundgetan, dass die Sicherheitsschule nach ihrem Wunsch nicht geschlossen werden soll. Ziehe der neue Verteidigungsminister Thomas Starlinger die Entscheidung, die Schule nicht zu eröffnen, durch, bringt die FPÖ wohl einen Misstrauensantrag gegen ihn ein.
Fix scheint auch ein Verbot des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat in Österreich. Hier gibt es Einigkeit zwischen SPÖ und FPÖ.
Und: Alle Parteien außer der ÖVP stimmten auf Initiative der Liste Jetzt für die Schließung des König-Abdullah-Zentrums in Wien, das großteils von Saudi-Arabien finanziert wird.
Abdullah-Zentrum wird geschlossen
Live-Ticker zum Nachlesen: Das freie Spiel der Kräfte
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Guten Morgen
Auf dem Programm stehen in der heutigen Nationalratssitzung u. a. Erklärungen von Kanzlerin Brigitte Bierlein und Vizekanzler Clemens Jabloner.
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Dieser Plenartag wird speziell
Zum ersten Mal tritt Brigitte Bierlein mit ihrem Experten-Kabinett im Nationalrat auf - und damit eine solcherart besetzte Regierung überhaupt zum ersten Mal in der Zweiten Republik.
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Drei Parteien einig bei Rauchverbot
Die APA berichtet, SPÖ, Neos und Jetzt haben sich auf einen gemeinsamen Antrag zum Rauchverbot geeinigt.
Fahrplan: Man wird einen Fristsetzungsantrag einbringen, damit die Gesetzesmaßnahme noch im Juli beschlossen werden kann.
Die drei Parteien sagen, man hoffe, dass sich auch die ÖVP dem Antrag anschließen wird.
Denn: Rot, Pink und Jetzt haben zu dritt noch keine Mehrheit im Parlament.
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Händeschütteln, Händeschütteln
Großes Wiedersehen im provisorischen Parlament in der Hofburg. Elisabeth Köstinger und Josef Moser kommen z.B. als Abgeordnete zurück.
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Apropos Köstinger
Ebenfalls per Initiativantrag will die Ex-Umweltministerin das Verbot von Plastiksackerln ab 1. Jänner 2020 noch umsetzen.
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Wasser-Privatisierung
Die SPÖ will heute ein Verfassungsgesetz auf den Weg bringen, das dem Bund, den Ländern und den Gemeinden untersagt, öffentliches Trinkwasser zu privatisieren.
Eine Reaktion auf die Wasser-"Gedankenspiele" von Heinz-Christian Strache im Ibiza-Video.
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Wolfgang Sobotka
begrüßt die neue Regierung ...
... und gratuliert der Mannschaft des Parlaments, man habe - im Fußball - die Parlaments-EM gewonnen. Im Finale gegen Deutschland mit 4:0.
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Angelobung der neuen Abgeordneten
Schriftführerin Michaela Steinacker liest ihnen das Gelöbnis vor.
Neue Abgeordnet (alle ÖVP):
Juliane Bogner-Strauß
Josef Moser
Elisabeth Köstinger
Christian Stocker
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Sobotka dankt der Regierung
(der ehemaligen) für ihre Arbeit.
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Sobotka liest die Namen der neuen Minister vor
Nach den Erklärungen von Bierlein und Jabloner werden zwei "Berichte des Verfassungsausschusses" folgen (der erste betrifft das Ende der Legislaturperiode und damit die Neuwahl).
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Sobotka erteilt Bierlein das Wort
Kanzlerin adressiert auch die Bürger -
Nichts ...
halte die Gesellschaft besser zusammen als die Verlässlichkeit, zitiert sie Seneca.
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"Einmalige Situation in der Zweiten Republik"
sagt Bierlein über ihre eigene Regierung.
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Bierlein lobt die Verfassung
Sie sei von dem Angebot, Kanzlerin zu werden, überrascht worden.
Sie dankt ihrem Team, das gleichermaßen aus Frauen und Männern besteht, dass dieses so schnell zugesagt hätte.
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Bierlein betont den Dialog
mit Zivilgesellschaft, Parteien und Religionsgesellschaften
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Nun spricht Vizekanzler Clemens Jabloner
Eine Staatskrise habe es nie gegeben, sagt der Vizekanzler. "Die Besonderheit besteht darin, dass diese neue Bundesregierung nicht auf eine Mehrheit im Hohen Haus zurückgreifen kann", erklärt Jabloner. Die Handlungsmöglichkeiten der Bundesregierung seien dadurch beschränkt, dass sie nicht durch die Wähler legitimiert sei. "Und das ist auch gut so."
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Vizekanzler Jabloner
Austausch mit Abgeordneten sei ihm besonders großes Anliegen.
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Verwaltung im Vordergrund
Die Regierung müsste aber dort initiativ werden, wo Schaden für Österreich entstehen könnte - etwa durch Änderungen von EU-Recht.
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Replik auf Kickl
Wenn das Recht der Politik folge, dann müssten Verfassung und internationales Recht eingehalten werden, nimmt Jabloner wohl Bezug auf eine Aussage von Ex-Innenminister Herbert Kickl vom Beginn dieses Jahres.
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Renommierter Jurist
Der 70-jährige Clemens Jabloner war u.a. Präsident des Verwaltungsgerichtshofs.
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Wöginger rüffelt SPÖ und FPÖ
"Rot-Blau hat eine Bundesregierung abgewählt, die vom Bundespräsidenten eingesetzt wurde". Das verstehe die Mehrheit der Bevölkerung nicht.
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Bierlein und Jabloner
mit kurzen, nüchternen - man könnte sagen, staatstragenden - Ansprachen.
Nun ÖVP-Klubchef August Wöginger. Es wird ruppiger. Da sind einige Gräben zwischen den Parteien in den vergangenen Wochen nach der Ibiza-Affäre entstanden.
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Wöginger: Es geht um Handlungsfähigkeit
Einmal mehr kritisiert der ÖVP-Klubchef den aus seiner Sicht zu späten Wahltermin, den SPÖ und FPÖ forciert haben.
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Kein "Casino-Parlamentarismus"
Wöginger ist gegen teure "Wahlzuckerl", sinnvolle bzw. bereits vorbereitete Maßnahmen könnten aber in den kommenden Wochen kommen, sagt er.
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Rendi-Wagner
SPÖ-Chefin (und Medizinerin) Pamela Rendi-Wagner sagt, in der Medizin komme es in kritischen Situationen auf die richtigen Entscheidungen von Menschen an.
Die Parallele sieht sie in der Regierungskrise vor wenigen Wochen.
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Dank an VdB und Bierlein
Rendi-Wagner: "Frau Dr. Bierlein, Frau Bundeskanzlerin, eine Anrede, die mir übrigens sehr gut gefällt..."
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"Unabhängige Expertenregierung ...
... der beste Weg für Stabilität". Rendi-Wagner sagt, sie fühle sich in Entscheidung für Misstrauensantrag gegen gesamte Regierung bestätigt.
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Trinkwasser
Rendi-Wagner: "Unser Wasser darf nicht verkauft werden", sagt die SPÖ-Chefin mit Blick auf Aussagen von Heinz-Christian Strache in dessen Ibiza-Video.
Darum wolle man ein Verfassungsgesetz.
Außerdem wolle man den Nichtraucherschutz noch im Sommer in trockene Tücher bringen.
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Bierlein will Parlament als Dialogpartner
und fing offenbar schon vor ihrer Erklärung damit an.
© APA/HANS PUNZSobotka, Bierlein, Rendi-Wagner.
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"Lassen Sie uns beweisen, dass Politik anders ist,
als wir es in Ibiza gesehen haben", sagt Rendi-Wagner zum Abschluss.
Dann noch mal Vorschusslorbeeren für Kanzlerin Bierlein.
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Hofer-Lob
Auch der neue FPÖ-Chef und -Klubchef überschüttet Brigitte Bierlein mit Lob. "Kompetenz" und "große Zielorientierung".
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Weniger Machivelli, mehr Hermann Hesse
empfiehlt Norbert Hofer allen Parteien, also mehr Inhalte und weniger Machtstreben.
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Anwalt der Wirte
Dann redet Hofer einmal mehr der Raucher-Lobby das Wort.
Die baulichen Investitionen seien den Wirten nicht zuzumuten.
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Nachgereicht
Neo-Kanzlerin Bierlein auf ihrem Weg ins Parlament (derzeit untergebracht in der Hofburg).
© KURIER -
Kritik an ÖVP
Es gebe keine "Koalition" von SPÖ und FPÖ, sondern nur ein freies Spiel der Kräfte, sagt Hofer.
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Hofer wiederholt Kickl
"Es ging längst nicht um das Video, es ging um das Innenministerium": Hofer sagt wie bereits Co-Klubchef Kickl die vergangenen Tage, die Regierung sei nicht am Strache-Video gescheitert, sondern an der Forderung der ÖVP, das BMI dürfe nicht freiheitlich geführt bleiben.
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"Es ist nur eine einzige Partei in den Wahlkampf gestartet",
das sei die ÖVP, sagt Hofer.
Anmerkung: Natürlich sind alle Parteien bereits voll im Wahlkampf-(Vorbereitungs-)Modus.
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Hofer warnt
vor Koalitionen ÖVP-Grüne oder ÖVP-Neos.
Der Weg habe nicht erst jetzt begonnen, sagt Hofer in Anspielung auf ein neues Kurz-Plakat, sondern 2017 mit der türkis-blauen Regierung.
Er warnt also vor einem inhaltlichen Abdriften des ehemaligen Koalitionspartners.
© KURIERHofer trägt am Mittwoch Sneakers.
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Meinl-Reisinger
gratuliert wie zuvor Hofer und Rendi-Wagner schon Bierlein und Jabloner zu ihren neuen Ämtern.
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Was Wöginger nicht im Parlament gesagt hat,
aber heute früh im Ö1-"Morgenjournal": Der Wunsch seines Parteifreundes, des steirischen LH Hermann Schützenhöfer, die umstrittene Karfreitags-Regelung zu reformieren, wird vorläufig nicht erfüllt.
"Wir haben vereinbart, dass wir keine Gesetzesbeschlüsse zurücknehmen werden. Das hat die FPÖ klargestellt, das haben wir klargestellt", sagte Wöginger im Radio.
Die Regierung hatte das Ende des freien Karfreitags für Evangelische damals mit einem "persönlichen Feiertag" für alle schmackhaft machen wollen.
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"Rosenkrieg"
der Vorredner sei dem Anlass nicht würdig, meint Meinl-Reisinger.
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"Ibiza darf nie wieder passieren",
sagt Meinl-Reisinger.
Sie wirbt für eine Selbstbeschränkung von Macht durch die Politik. Und einmal mehr für eine Reform - sprich mehr Transparenz - der Parteienfinanzierung.
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Gegen teure "Wahlzuckerl"
Da ist Meinl-Reisinger ungefähr auf Linie mit Wöginger.
Replik auf Hofer: Den Neos gehe es keinesfalls darum, Pensionen zu kürzen, sondern das Pensionssystem nachhaltig zu gestalten.
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Zinggl von der Liste Jetzt
Er sieht ein Zeitfenster, etwa für Gesetze zum Tier- und Klimaschutz, die nicht unbedingt viel kosten würden, aber nun bis zur Neuwahl machbar seien.
Wenn die FPÖ nun plötzlich ihre Liebe zum Klimaschutz entdecken würde, könne er nur sagen: "Machen wir's."
Das Plastiksackerl-Verbot sei zu wenig, sagt Zinggl in Richtung ÖVP.
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Neues vom Langzeit-Parlamentarier Strache
Während der Nationalratssitzung erreicht die Mandatare die Meldung, FPÖ-Generalsekretär Hafenecker schließe ein Comeback von Strache an der Spitze der FPÖ Wien schon bei der nächsten Gemeinderatswahl (2020) nicht aus.
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Nachtrag Bierlein 1
Was die Kanzlerin noch gesagt hat: Diese Bundesregierung sei weder direkt noch indirekt gewählt, entsprechend anders als die bisherigen Regierungen definiere sie ihre Aufgaben.
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Nachtrag Bierlein 2
Leise Kritik am Wahltermin Ende September: Wie der Bundespräsident hätte sie sich einen früheren Wahltermin gewünscht, sagte sie angesichts des von SPÖ und FPÖ angestrebten 29. September, "aber wir respektieren natürlich die Entscheidungen der Abgeordneten".
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Nachtrag Jabloner
Der Vizekanzler sprach zwar von einer zuletzt "heiklen Zeit", aber von einer Verfassungs- oder Staatskrise habe nie die Rede sein können.
Die Regierung habe sich das Vertrauen des Nationalrats täglich zu erwerben, der Austausch mit dem Parlament sei ihm ein großes Anliegen.
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Nachtrag Angelobung
Fünf ÖVP-Abgeordnete wurden zu Beginn der Sitzung angelobt, darunter drei Ex-Minister:
Juliane Bogner-Strauß, Elisabeth Köstinger, Josef Moser sowie Christian Stocker und - vorher vergessen - Lukas Brandweiner.
Ausgeschieden sind damit: Angela Fichtinger, Franz Hörl, Angelika Kuss-Bergner, Johann Rädler und Josef Smolle.
Elisabeth Köstinger wird übrigens auch Klubobmann-Stellvertreterin von August Wöginger.
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Peschorn
Der neue Innenminister betont die vielen loyalen Beamten, die er im Laufe seiner Karriere kennengelernt habe.
Peschorn, der zuvor Präsident der Finanzprokuratur der Republik war, hat schon in der Vorwoche ein paar Rufzeichen gesetzt. Die türkis-blaue Linie - etwa bei der Abschiebung von Lehrlingen ohne Asylgrund - werde er fortschreiben. Zuvor entzog er allerdings Sri Lanka den Status als sicheres Herkunftsland (d. h. nach Sri Lanka darf nicht mehr abgeschoben werden.)
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