Ministerrat beschließt Steuerreform: Entlastung über Sozialversicherungs-Bonus
Die türkis-grüne Bundesregierung hat heute im Ministerrat das endgültige Gesetz zur ökosozialen Steuerreform beschlossen.
Es sei ein "gutes Produkt" herausgekommen, erklärte dazu Kanzler Karl Nehammer (ÖVP). Auch, weil der Herr Vizekanzler seine Leidenschaft für Finanzen ausleben konnte, scherzte er in Richtung Werner Kogler (Grüne). Dieser nannte die Steuerreform einen "Kraftakt zum Neubau der Maschine". Die Räder der Maschine könnten nun so schnell gedreht werden, wie nötig.
Kleine Änderungen und deutsches Interesse an Ökosozialer Steuerreform
Zentraler Punkt: Österreich führt erstmals eine CO2-Steuer ein, schüttet im Gegenzug aber einen regional gestaffelten Klimabonus an alle aus, die hierzulande ihren Lebensmittelpunkt haben.
"Klimafreundliches wir günstiger, -schädliches wird teurer", fasste Kogler die Grundidee zusammen. "Weniger Dreck in der Luft, mehr Geld in Börsel" und "Transformation statt Depression" - schleuderte er die Slogans heraus.
Die spannendste Frage, nämlich wie genau der Klimabonus ausbezahlt wird, bleibt offen. Dieses Detail soll dann per Verordnung geklärt werden – so schnell wie möglich. Das Klimaschutzministerium arbeite mit internen und externen Experten am "operativen Teil", heißt es auf KURIER-Anfrage. Doch auch im fertigen Gesetz zur Steuerreform wird es im Vergleich zum Begutachtungsentwurf noch Änderungen geben.
Ursprünglich wollte die Regierung niedrige und mittlere Einkommen entlasten, indem sie die Krankenversicherungsbeiträge senkt. Die Senkung sollte Monatseinkommen bis zu 2.500 brutto zugute kommen und bis zu diesem Betrag von 1,7 auf 0,2 Prozentpunkte eingeschliffen werden.
Niedrige Einkommen über SV-Bonus entlasten
Die Sozialversicherungen kritisierten diese Variante. Begründung: Die Lohnverrechnungsprogramme der ÖGK müssten bis 1. Jänner 2022 neu programmiert werden, um die neuen Beitragssätze überhaupt berechnen zu können. Es gab auch verfassungsrechtliche Bedenken.
Gegenvorschlag, den vor allem die ÖGK und die Arbeiterkammer ins Treffen führten: Niedrige Einkommen könnte man auch über den bereits bestehenden Sozialversicherungs-Bonus entlasten. Dieser ist an das Steuerkonto gebunden, das alle Einkommen einer Person kumuliert. "Das dürfte jetzt auch so kommen. Wir sind recht froh, das wir da gemeinsam erfolgreich auf die Parlamentsparteien eingewirkt haben", sagt ÖGK-Obmann Andreas Huss.
Bis zu 250 Euro Entlastung
Statt Einkommen über die KV-Beiträge zu entlasten, wird nun das Einkommensteuergesetz novelliert.
Demnach wird der SV-Bonus von bisher 400 auf maximal 650 Euro pro Jahr erhöht. Dabei kommt eine Einschleifregelung bei Einkommen von 16.000 bis 24.500 Euro zur Anwendung - diese lag bisher bei 15.500 bis 21.500 Euro. Für Arbeitnehmer wäre somit eine höhere Rückerstattung von SV-Beiträgen möglich, und zwar bis zu 55 Prozent bestimmter Werbungskosten. Bei der Steuererklärung bzw. Arbeitnehmerveranlagung kann so eine Entlastung bis zu 250 Euro erreicht werden.
Für Pensionisten werden der Pensionistenabsetzbetrag wie auch der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag angehoben. Sie sollen künftig 825 Euro beziehungsweise 1.214 Euro betragen. Dieser Betrag lag bisher bei 600 Euro bzw. 964 Euro.
Und: Künftig können sich Pensionisten demnach 80 Prozent bzw. maximal 550 Euro der SV-Beiträge rückerstatten lassen. Bisher waren 75 Prozent bzw. 300 Euro möglich. Auch das soll ab 2021 gelten.
Gleichzeitig sollen die Beträge der Pensionseinkünfte für die die Einschleifregelungen anzuwenden sind, erhöht werden.
Bei der Senkung der Lohnsteuer ist nun ein Mischsteuersatz ab Jahresbeginn anstelle mehrerer Stufen vorgesehen. Die Gesamtentlastung durch die Reform bis 2025 soll rund 18 Mrd. Euro betragen, 3,8 Millionen Lohnsteuerzahler profitierten davon, wie Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nach der Regierungssitzung sagte.
Sozialversicherungsbeiträge:
Diese Maßnahme ersetzt nun die ursprünglich geplante Senkung der Krankenversicherungsbeiträge. Nun wird der Sozialversicherungs-Bonus von bisher 400 auf maximal 650 Euro pro Jahr erhöht. Für Pensionisten wird der Pensionistenabsetzbetrag auf künftig 825 Euro bzw. 1.214 Euro (bisher 600 Euro bzw. 964 Euro) angehoben. Die Entlastung gilt für das ganze Jahr 2021.
Lohn- und Einkommensteuer:
Mit 1. Juli 2022 soll zuerst die zweite Tarifstufe von 35 Prozent auf 30 Prozent gesenkt werden. Umgesetzt wird dies - anstelle wie ursprünglich geplant über mehrere Stufen - mit einem Mischsteuersatz von 32,5 Prozent ab Jahresbeginn.
Familien:
Der "Familienbonus Plus" wird ab 1. Juli 2022 von 1.500 auf 2.000 Euro pro Kind erhöht. Für Kinder ab dem 18. Geburtstag soll er von derzeit 500 auf 650 Euro pro Jahr erhöht werden. Der Kindermehrbetrag wird von 250 auf 450 Euro pro Kind und Jahr erhöht. Zudem soll er auf alle niedrigverdienenden Erwerbstätigen (bisher nur Alleinerzieher bzw. Alleinverdiener) mit Kindern ausgeweitet und als Negativsteuer ausbezahlt werden. Der Anspruch auf Kindermehrbetrag gilt auch bei ganzjährigem Bezug von Kinderbetreuungsgeld und Pflegekarenzgeld.
CO2-Bepreisung:
Die Einführung der CO2-Bepreisung erfolgt in mehreren Phasen, die Einführungsphase erfolgt mit Juli 2022 bis Dezember 2023. Zuständige Behörde ist das Zollamt. Als Ausgleichsmaßnahme ist ein regionaler Klimabonus vorgesehen: Die durch die CO2-Bepreisung entstehenden Mehrkosten sollen damit pauschal ausgeglichen werden. Der Bonus hierfür beträgt je nach Region zwischen 100 und 200 Euro pro Kopf. Für familienbeihilfeberechtigte Kinder ist ein Zuschlag in Höhe von 50 Prozent vorgesehen.
Körperschaftsteuer:
Der Körperschaftsteuersatz wird stufenweise von 25 auf 24 Prozent im Jahr 2023 bzw. auf 23 Prozent ab dem Jahr 2024 gesenkt.
Unternehmen:
Die Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter wird ab 2023 von derzeit 800 Euro auf 1.000 Euro erhöht. Als weitere Entlastungsmaßnahme für Unternehmer soll ab 2022 der investitionsunabhängige Grundfreibetrag beim Gewinnfreibetrag von derzeit 13 auf 15 Prozent angehoben werden. Mit dem neuen Investitionsfreibetrag sollen ab 2023 10 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Betriebsausgabe geltend gemacht werden können. Für Investitionen in dem Bereich Ökologisierung erhöht sich der Freibetrag auf 15 Prozent. Gewinnbeteiligungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bis zu 3.000 Euro werden im Kalenderjahr von der Einkommensteuer befreit.
Thermische Sanierung:
Private Kosten für die "energetische Sanierung" von Gebäuden und ein Heizkesseltausch werden im Wege eines Sonderausgaben-Pauschalbetrages steuerlich berücksichtigt. Die Eigenstromsteuerbefreiung wird für aus erneuerbaren Energieträgern selbst hergestellte und genutzte elektrische Energie ausgeweitet.
Auch, dass man das Budget zum Ausbau der psychosozialen Gesundheit ausbauen werde, hat der Ministerrat beschlossen, wie Nehammer mitteilte.
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