"Gewessler-Trauma": ÖVP-Minister Totschnig will zu Klimaschutz motivieren

Die "Pressestunde" im ORF startete heute, Sonntag, mit den aktuellen Ereignissen im Nahen Osten: Die USA hat in der Nacht Atomanlagen im Iran angegriffen. Als Vertreter der Bundesregierung sagte ÖVP-Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, man beobachte die Entwicklung "mit großer Sorge". Es sei nun nötig, zur Deeskalation beizutragen, man müsse vor allem an die Zivilbevölkerung in den betroffenen Staaten denken.
In der Regierung ist Totschnig für Landwirtschaft und Klima zuständig - letzteres Ressort hat der Osttiroler in der aktuellen Legislaturperiode von der Grünen Leonore Gewessler übernommen, mit der er zuvor in der türkis-grünen Koalition zusammengearbeitet hat.
"Das geht nur gemeinsam"
Wenn er im Land unterwegs sei und mit den Leuten spreche, habe er den Eindruck, der eine oder andere habe ein "Gewessler-Trauma" erlitten, sagte Totschnig. Sein Zugang: "Wir brauchen die Bewegung aus der Bevölkerung heraus, wir müssen die Leute motivieren, mitzumachen. Man kann Klimapolitik nicht von oben diktieren. Das geht nur gemeinsam."
Dass er als Kritiker des "Green Deal" der EU gilt, weist er auf Nachfrage aber zurück. "Wir stehen zu grünem Wachstum und dazu, dass man niemanden zurücklassen soll. Was wir kritisieren, ist die Bürokratie und dieses Regelwerk, das da geschaffen wurde."
Seine Vision: "Klimaschutz durch Wachstum", nur mit einer starken Wirtschaft könne man die nötige Neuausrichtung stemmen.
"Da kann man ein noch so großes Ministerium haben ..."
Die Klimaagenden, die vorher alle bei Gewessler lagen, wurden nun auf drei Ressorts aufgeteilt: Klima ist bei Totschnig, Energie im Wirtschaftsministerium bei Staatssekretärin Elisabeth Zehetner (ÖVP), Infrastruktur kam mit Mobilität und Innovation zu Minister Peter Hanke (SPÖ).
Totschnig weist darauf hin, dass sogar noch mehr Ministerien mit dem Klima-Thema befasst seien, ebenso wie die Länder. Was er damit sagen will? "Da kann man ein noch so großes Ministerium haben. Man braucht eine Geschlossenheit in der Regierung, eine gemeinsame Arbeitsweise und eine gemeinsame Ausrichtung mit den Ländern."
Gescheitert ist die vorige Regierung - weil es eben keine Geschlossenheit gab - beispielsweise am Klimagesetz. Totschnig hat zuletzt angekündigt, noch vor dem Sommer einen Entwurf vorlegen zu wollen. In der "Pressestunde" kann er auch keinen genaueren Termin sagen. "Es ist ein sehr wichtiges Gesetz, die Eckpunkte sind im Regierungsprogramm sehr gut beschrieben, aber am Ende brauchen wir die Unterstützung aller, die am Tisch sitzen." In den nächsten Wochen soll es soweit sein.
Geplant ist, einen "Klimafahrplan" vorzulegen, eine Steuerungsgruppe für die Maßnahmen einzurichten, und die Einbindung von Experten und öffentliche Beteiligung zu definieren. "Viele, viele Elemente, die entscheidend sind, damit wir die Klimaziele erreichen."
Die EU-Vorgabe lautet, die Emissionen um 48 Prozent zu reduzieren - "das ist eine enorme Herausforderung, und da brauchen wir wirklich jeden und jede, die mithilft".
Auf die Frage, ob Sanktionen geplant sind, verweist er auf die Kontrolle aus Brüssel: 2027 muss Österreich gegenüber der EU-Kommission Zahlen vorlegen.
Ob es Sanktionen innerhalb Österreichs gibt, wenn sich jemand nicht an die Vorgaben im Klimagesetz hält, bleibt damit offen.
"Nette Worte bringen kein Milligrad weniger Hitze"
Enttäuscht vom Auftritt Totschnigs zeigten sich die Grünen: "Ein freundliches Auftreten und viele nette Worte bringen den Österreichern kein Milligrad weniger Hitze in die Wohnung", so die grüne Klimaschutzsprecherin und Ex-Umweltministerin Gewessler in einer Aussendung.
Im Gegenteil: "Die heiße Luft, die Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig heute produziert hat, zeigt, dass Österreich jede Ambition im Umwelt- und Klimaschutz verloren hat."
Position zu Mercosur unverändert
Als Landwirtschaftsminister war Totschnig schon in der vorigen türkis-grünen Regierung tätig - und sprach sich schon da klar gegen Mercosur, ein Handelsabkommen mit südamerikanischen Staaten, aus. Zuletzt sagte Parteikollege und Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer, dass Österreich und Europa angesichts der volatilen Lage mit den USA neue, zuverlässige Handelspartner brauchen.
Dafür hat Totschnig Verständnis - Österreich sei schließlich eine exportorientierte Volkswirtschaft. An seiner Position habe sich aber nichts geändert.
Die Kommission hat angekündigt, demnächst einen Entwurf vorzulegen, den müsse man nun abwarten. Frankreich hat etwa gefordert, dass es Abfederungen gibt für den Fall, dass es zu Verwerfungen am Markt kommt. "Das werden wir uns genau anschauen."
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