Landeshauptmann Stelzer: „Wir müssen uns selber emporarbeiten“

Thomas Stelzer, ÖVP
Thomas Stelzer, der oberösterreichische Landeshauptmann, über die aktuelle Wirtschaftskrise, die Leistung der Sozialpartnerschaft und die Wahlansage von FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl.

Oberösterreich wählt im Jahr 2027. Beim FPÖ-Bundesparteitag hat Obmann Herbert Kickl dieses Bundesland genannt, wenn es darum geht, wo die FPÖ in nächster Zeit Nummer eins werden will. Was haben Sie sich gedacht, als Sie das gehört haben?

Ich kann nur sagen: Wir haben als ÖVP in Oberösterreich die Hauptverantwortung. Ich bin der Landeshauptmann, und die Menschen erwarten von mir bzw. von uns, dass wir arbeiten. Ich glaube nicht, dass es da viel Verständnis dafür gibt, dass zwei Jahre vor einer Wahl schon herumgedeutelt und philosophiert wird. Die Menschen orientieren sich vielmehr daran, wer immer da ist, wer nicht nur große Sprüche klopft, wer hilft und wer auch entscheidet. Da haben wir als ÖVP Oberösterreich beste Voraussetzungen, dass wir wieder den Hauptzuspruch bekommen.

Beeinflussen solche Ansagen die Zusammenarbeit mit der FPÖ im Land?

Wir haben eine funktionierende Arbeitspartnerschaft, die wichtig ist und große Themen erledigt. Das andere ist ein parteipolitisches Geplänkel auf Bundesebene, dem ich keine allzu große Bedeutung zumesse.

Thomas Stelzer, ÖVP

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) ist in seinem Bundesland von der Krise der Industrie besonders betroffen. Er gibt sich dennoch zuversichtlich und setzt dabei auch auf seinen ehemaligen Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP).

KURIER: Herr Stelzer, die Wirtschaftszahlen wollen nicht so richtig nach oben gehen. Fast jede Woche müssen Unternehmen verkünden, dass Mitarbeiter abgebaut werden. Das trifft speziell auch das Bundesland Oberösterreich. Wie gehen Sie als Landeshauptmann damit um?

Thomas Stelzer: Mit einem nüchternen, aber zuversichtlichen Blick. Es stimmt, es ist derzeit sehr herausfordernd, und aufgrund der industriellen Prägung ist Oberösterreich ganz besonders betroffen, auch weil das internationale Geschäft sehr schwierig ist. Aber es hilft nichts, wir müssen schauen, wie wir uns wieder selber emporarbeiten. Da haben wir schon einige Stärken. Das ist die große Forschungslandschaft, das ist auch unser Schwerpunkt bei der Künstlichen Intelligenz. Wir sind auch in die Wasserstoff-Forschung eingestiegen. Wir haben also Möglichkeiten, beizutragen, dass wir wieder nach oben kommen. Es muss sich allerdings auch die EU wieder stärker darauf besinnen, Standort sein zu wollen.

Sie haben ja immer wieder vor der Gefahr der Deindustrialisierung in Europa gewarnt. Hat sich dazu zuletzt etwas bewegt?

Europa war wegen vieler Fehlentscheidungen auf dem Weg der Deindustrialisierung. Da hat sich durch die neue EU-Kommission etwas bewegt. Man sieht nun Dinge realistischer. Wenn man gesellschaftliche Ziele erreichen will, dann muss man das vorher auch verdienen. Da hat man jetzt das Tempo aus einigen Verordnungen herausgenommen und wieder mehr an die Industrie gedacht.

Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung, wenn es um die Industrie in Österreich geht?

Dass die Balance gefunden wird zwischen dem notwendigen Sparen und den Anreizen für Investments. Dass man genau jetzt wieder zu einer Stärkung beiträgt und hoffentlich auch ein sanftes Wirtschaftswachstum erzeugen kann. Da gibt es auch schon erste Schritte, etwa den Strompreisausgleich für produzierende Bereiche. Es müssen aber noch weitere Punkte folgen. Investitionsanreize sind sicherlich ein großes Thema.

Zum ausführlichen KURIER TV-Interview mit Landeshauptmann Stelzer

Ein Thema in der Industrie waren zuletzt die hohen Lohnstückkosten wegen der hohen Gehaltsabschlüsse. Jetzt haben bereits die Metaller niedrig abgeschlossen, auch die Beamten haben zurückgesteckt. Wie bewerten Sie das?

Ich halte das für einen wirklich bedeutsamen Schritt, den die Sozialpartner hier gesetzt haben. Ich habe großen Respekt davor und hoffe, dass noch andere solche Schritte folgen werden.

Für die Wirtschaft und die Industrie ist Ihr ehemaliger Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer zuständig. Wie beurteilen Sie seine Arbeit in der Regierung?

Ich halte ihn für einen Aktivposten, weil er auf der einen Seite zur Meinungsbildung beiträgt und öffentlich Themen anspricht, auf die es ankommt.

Er holt sich da politisch aber auch blaue Augen, wenn man etwa seine Kritik an der Teilzeit ansieht.

Wenn man eine Meinung hat, dann steht man immer im Mittelpunkt der Diskussion. Aber das ist mutig. Auf der anderen Seite geht er Dinge an und bringt Lösungen. Ich habe schon den Stromkostenausgleich für die Industrie angesprochen. Es sind jetzt auch weitere Gesetze im Energiebereich dem Parlament vorgelegt worden. Ich glaube, er zeigt einfach, dass er Politik kann. Das ist jetzt auch dringend nötig.

In Zeiten der Krise geht es auch darum, dass Entscheidungen rasch fallen.

Grundsätzlich bin ich jemand, dem manchmal vieles zu schleppend geht. Aber wenn es um den Einsatz von viel Geld geht, muss man schon gut überlegen, weil es auch um Folgewirkungen geht. Aber in Summe ist mehr Tempo in der Politik in Österreich sicher vernünftig.

In der Wirtschaft geht es nicht nur um Zahlen, sondern auch um Stimmung. Kann der angekündigte Bürokratieabbau die Stimmung heben?

Es stimmt, es ist auch ein Stimmungsthema. Wir müssen einfach die aktuelle Abwartehaltung durchbrechen, die wir sowohl bei den Unternehmern im Hinblick auf Investitionen haben, als auch im privaten Bereich, wo viel Geld auf den Sparkonten liegt. Da müssen die positiven Beispiele aufgezeigt werden. Gerade wir im Bundesland haben doch einige Unternehmen, die jetzt investieren und Werke eröffnen. Zweitens geht es um die Beschleunigung der Verwaltungsabläufe. Das ist ein Dauerauftrag an die Politik. Wir im Land sind da sehr konsequent und durchforsten alles, um zu schauen, welche Paragrafen nicht mehr notwendig sind. Wir haben es im Energiebereich, im Baurecht und im Naturschutzrecht gemacht. Es sollte aber auf allen Ebenen so sein.

In der Bundesregierung ist Sepp Schellhorn von den Neos für die Entbürokratisierung zuständig. Wie sehen Sie seine Arbeit?

Wir haben gemeinsam – Bundesregierung, Länder, Städte und Gemeinden – vereinbart, dass wir in Reformen gehen. Und zwar nicht in einem verkopften Prozess, sondern einfach mit dem Blick darauf: wo können welche Aufgaben am zügigsten erledigt werden? Wir als Länder haben von Beginn an klar gemacht, dass wir zu größeren Schritten bereit sind.

ZUR PERSON

Thomas Stelzer (58)  
Seit dem 6. April 2017 ist Thomas Stelzer amtierender Landeshauptmann von Oberösterreich. Die ÖVP  koaliert  seit dem Jahr 2015 mit der FPÖ. Die nächste Landtagswahl findet 2027 statt.

Diese Reformpartnerschaft ist ein großes Projekt. Bisher sind all diese Versuche von grundlegenden Strukturreformen gescheitert. Kann diesmal wirklich ein großer Schritt gelingen?

Ich glaube schon, weil der Wille aller besteht und weil die Finanzlage so ist, dass etwas gelingen muss. Wir leiden ja nicht darunter, dass wir zu wenig Steuern und Abgaben haben. Es geht eher darum, wie das Geld besser eingesetzt werden kann.

Kompetenzen sollen verschoben werden. So könnte etwa der Wunsch des Bundes an die Länder herangetragen werden, die Spitäler in Zukunft bundesweit mit einer Hand zu verwalten. Ist so etwas möglich?

Ob der Bund wirklich Interesse hat, die Kliniken zu übernehmen, sei dahingestellt. Aber grundsätzlich sind wir natürlich bereit, auch über große Neuverteilungen zu reden, indem man sagt: der eine nimmt zur Gänze diese Kompetenz, eine andere Ebene jene. Aber immer mit Blickrichtung, dass es für die Menschen besser, möglicherweise auch schneller und einfacher wird. Es darf kein Verschieben am Schachbrett sein, man muss im Auge haben, dass es für die Bevölkerung besser wird. Wenn man sich an dem orientiert, kann auch viel gelingen.

Ein Thema, das auch zwischen Bund und Ländern verhandelt wird, ist eine österreichweit einheitliche Sozialhilfe. Wien ist da derzeit viel großzügiger als etwa Oberösterreich. Wie ist da Ihre Position?

Wir gehen in Oberösterreich den Weg, dass wir sagen: Hilfe ja, aber nur dort, wo sie nötig ist, und nur so lange, wie sie nötig ist. Und wer sich nicht an Regeln hält und diese bricht, muss Konsequenzen spüren. Wir sehen einfach, dass das wirkt. Ich glaube, dass ist nur fair all jenen gegenüber, die das Geld aufbringen müssen, indem sie arbeiten und Steuern zahlen. Ich habe kein Interesse daran, dass die Sozialhilfe wieder angehoben wird, weil wir dann alle positiven Effekte in der Gesellschaft wieder aufgeben würden.

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