Kurz konkretisiert sein Konzept

Sebastian Kurz startet seine Programmphase im Wahlkampf
Was will Sebastian Kurz? Vor seinem ersten großen TV-Auftritt in diesem Wahlkampf im heutigen ORF-Sommergespräch gibt der ÖVP-Chef weitere Einblicke in sein noch nicht präsentiertes Wahlprogramm.

Pünktlich zum Tag seines ersten großen TV-Wahlkampfauftritts im heutigen ORF-Sommergespräch setzt der bisher mit konkreten Inhalten eher geizende ÖVP-Chef Sebastian Kurz einige thematische Duftmarken: In mehreren Zeitungen erschienen Details seines 250-seitigen Wahlkampfpapiers, das Kurz Anfang September präsentieren möchte. Der KURIER verschafft einen Überblick der heute veröffentlichten sowie bereits bekannten ÖVP-Ideen.

Steuerflucht

So kündigte Kurz nun an, die Steuerflucht eindämmen zu wollen und bessere Rahmenbedingungen für Betrugsbekämpfung zu schaffen. "Auch wenn wir Steuern senken wollen, sprechen wir uns ganz klar gegen jede Art von Steuervermeidung oder Steuerbetrug aus", heißt es im Programm. Vor allem das Umsatzsteuersystem in der EU bietet laut Kurz viele Möglichkeiten für Steuerbetrüger. Bekämpfen will der Außenminister sogenannte "Karussell-Geschäfte" - konkret bedeutet dies, dass Kurz das Mehrwertsteuersystem bei geschäftlichen Vorgängen zwischen Unternehmen abschaffen möchte. Ebenfalls legt Kurz ein Konzept zur Besteuerung internationaler Konzerne wie Facebook oder Amazon vor: Um Abgabenverschiebungen in Steuerparadiese zu vermeiden, schlägt der Volkspartei-Chef die Einführung "digitaler Betriebsstätten" vor.

Schuldenquote und Zinspolitik

Ein weiterer heute präsentierter Punkt: die Senkung der Schuldenquote. Diese soll mittelfristig auf 60 Prozent reduziert werden, zudem wünscht sich Kurz die Schuldenbremse in der Verfassung. Derzeit liegt sie bei rund 85 Prozent. Mit der Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) ist der ÖVP-Chef offenbar nicht zufrieden: Geht es nach Kurz, müsse sich diese von der Nullzinspolitik, die günstige Kredite ermöglichen und damit die WIrtschaft ankurbeln soll, abwenden. Keinen Gefallen findet Kurz auch am seit Jahren praktizierten massiven Ankaufen von Anleihen. Außerdem brachte Kurz eine zuletzt vor allem von der FPÖ eingemahnte Maßnahme aufs Tapet: Er wolle aufgrund der zunehmenden Bedeutung elektronischer Zahlungsflüsse Schritte setzen, um das Bargeld langfristig zu erhalten. Ebenfalls populär dürfte die neue Kurz-Forderung sein, die Erhöhung von Gebühren mit der Höhe der Inflation zu begrenzen.

Arbeiter und Angestellte

Ein weiterer brisanter Punkt des Wirtschaftskapitels im ÖVP-Programm: die Gleichstellung von Angestellten und Arbeitern. Derzeit, so Kurz zur Krone, gebe es zwischen diesen beiden Arbeitnehmergruppen erhebliche Unterschiede, die zu viel Bürokratieaufwand führten. Durch einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff könnten diese Unterschiede ausgeräumt werden, behauptet Kurz. Als Beispiele nennt der ÖVP-Chef derzeit vorherrschende Unterschiede bei Kündigungsfristen und Formen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall der 1,4 Millionen Arbeiter und zwei Millionen Angestellten in Österreich. Um das zu ändern, wird Kurz allerdings in die Kollektivverträge eingreifen müssen.

Bisher bekannt

Nebst dieser ersten Inhaltsoffensive hat Kurz auch in den vergangenen Wochen immer wieder kleinere Einblicke in sein Wahlprogramm gegeben. Das 250-seitige Papier soll in drei Kapitel gegliedert sein: "Neue Gerechtigkeit", Wirtschaftsstandort sowie Sicherheit und Migration. Eine der ÖVP-Kernforderungen ist die Senkung der Steuer- und Abgabenquote auf unter 40 Prozent bis zum Jahr 2022 - derzeit liegt sie bei rund 44 Prozent. Dies würde eine Steuersenkung vorn rund 14 Milliarden Euro bedeuten, kündigte Kurz bereits vor mehreren Wochen an. Wie genau diese finanziert wird, ist noch nicht klar - soll aber im Programm vorgerechnet werden, heißt es. Als Schwerpunkte bei der Gegenfinanzierung nannte Kurz bisher Einsparungen bei Förderungen, Bürokratie und Sozialleistungen für Ausländer. Beim Punkt Subventionen verwies Kurz darauf, dass es schon diverse Konzepte dazu gebe, laut denen Einsparungen von bis fünf Milliarden Euro möglich wären. Ebenfalls bereits bekannt ist, dass Kurz die "Zuwanderung ins Sozialsystem" bremsen möchte. Das Credo: "Wer Leistung beziehen will, der muss zuerst Leistung erbringen", so Kurz. Für das Kapitel Wirtschaftsstandort kündigte der kürzlich 31 Jahre alt gewordene ÖVP-Chef Vorschläge zur Deregulierung sowie zur Ankurbelung des Wachstums an. Für Aufsehen sorgte Kurz auch damit, höhere Strafen für Gewaltdelikte einführen zu wollen.

Einblicke gab Kurz bisher auch in seine Pläne zum Gesundheitssystem: So schlug der Außenminister etwa den Ausbau der Hausarztversorgung durch Anreize für Landärzte, Missbrauchsbekämpfung durch verpflichtende Fotos auf E-Cards und Einsparungen bei den Sozialversicherungen vor. Konkret schwebt Kurz hier auch eine Reduktion der 21 Krankenkassen durch eine größer angelegte Fusion vor. Kritik übte Kurz vergangene Woche an den SPÖ-Plänen anlässlich der Präsentation der Sozialversicherungsstudie der "London School of Economics", vorerst keine Kassenfusion durchzuführen.

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