Hans Peter Doskozil, Karl-Heinz Grasser, Benita Ferrero-Waldner, Sebastian Kurz, Werner Faymann
Seit 2003 stellen OGM und APA die Vertrauensfrage. Welcher Kanzler seither das höchste Vertrauen genoss, wer aus den ÖVP- und SPÖ-Ministerriegen am unbeliebtesten war, und welcher FPÖ-Minister am populärsten.
Parteichefs wie Regierungen tun es – allerdings nur in Ausnahmefällen: Sie stellen die Vertrauensfrage, deren Antwort existenzentscheidend ist.
Gradmesser für Politiker ist auch eine Vertrauensfrage ganz anderer Art: Seit mehr als zwei Jahrzehnten stellt das Meinungsforschungsinstitut OGM in Kooperation mit der Austria Presse Agentur (APA) in repräsentativen Stichproben Wahlberechtigten die Frage, ob sie einem Politiker vertrauen oder nicht, und ob sie ihn oder sie kennen oder nicht.
„Das Vertrauenssaldo ergibt sich aus der Differenz der Prozentwerte ,vertraue‘ minus ,vertraue nicht‘“, erklärt Johannes Klotz, Daten-Experte bei OGM, den Vertrauensindex, der quartalsweise erhoben wird. Traditionell, so Klotz in Anbetracht der Daten der letzten 22 Jahre, „weisen Bundespräsidenten hohe Spitzenwerte auf. Ein Außenminister ist traditionell immer auch viel beliebter als ein Verteidigungsminister“.
Doch wer war in den vergangenen Regierungen am vertrauenswürdigsten?
OGM hat die besten und schlechtesten je erreichten Werte in ausgewählten Ressorts ermittelt und analysiert. „Aktuelle Regierungsmitglieder wurden nicht miteinbezogen, da sich deren Werte noch ändern können“, schickt Klotz voraus.
Nummer eins als Kanzler ist Sebastian Kurz (ÖVP). Sein Allzeithoch: 51 Plus-Punkte im März 2020. Von der ersten Pandemie-Phase profitierten auch andere Mitglieder des „virologischen Quartetts“ wie der grüne Gesundheits- und Sozialminister Rudolf Anschober (49 Plus-Punkte). „Auch wenn Anschobers Amtszeit nur ein Jahr dauerte und seine Reformvorhaben auf der Strecke blieben, hatte er einen Popularitätsschub“, so Klotz.
Das genaue Gegenteil zeigt sich in der Kanzlerschaft von Alfred Gusenbauer (SPÖ). Im Juli 2008 fährt er mit 41 Minus-Punkten den Tiefstwert aller Regierungschefs ein. „Die breite Bevölkerung wurde mit Gusenbauer nie so recht warm.“ Selbiges gilt auch für Anschobers Pendant auf der Negativseite: Im September 2003 weist der Vertrauensindex bei FPÖ-Sozialminister Herbert Haupt 27 Minus-Punkte auf.
Bemerkenswert beliebt – gemessen an den Plus-Punkten per se – ist ÖVP-Außenministerin Benita Ferrero-Waldner. Im März 2003 liegt sie mit 49 Punkten im Plus. Am anderen Ende der Skala steht im März 2022 ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg mit 23 Minus-Punkten. „Die während seiner Kurz-Kanzlerschaft verkündete Impfpflicht wurde ihm im öffentlichen Ansehen zum Verhängnis, später ging es mit dem Vertrauen wieder aufwärts“, erklärt Klotz.
Das eingangs erwähnt schwierige Amt des Verteidigungsministers führt nach Dafürhalten der Befragten ein burgenländischer SPÖ-Politiker besonders gut, ein anderer besonders schlecht.
Im September 2012 kommt Norbert Darabos auf 42 Minus-Punkte. („Ein Zivildiener als Verteidigungsminister erschien nicht nur hohen Offizieren wenig vertrauenserweckend.“) Ganz anders die Gemengelage im Mai 2017 bei Hans-Peter Doskozil, der 23 Plus-Punkte hat. „In der Flüchtlingskrise legte der Spitzenpolizist einen steilen Aufstieg hin – der Einstieg in die Bundespolitik war die logische Folge“, so Klotz.
Auf den besten jemals gemessenen Wert eines Verkehrsministers kann Werner Faymann (SPÖ) im Juni 2008 mit 24 Plus-Punkten verweisen. Mit der Einführung der CO2-Steuer und dem Stopp des Lobautunnels hat die baldige Grünen-Chefin Leonore Gewessler nicht nur polarisiert, sondern auch einen Tiefstwert an Vertrauen produziert – und zwar im November 2022 mit 30 Minus-Punkten.
„Maximales Misstrauen aus allen politischen Lagern außer der eigenen FPÖ-Wählerschaft“ wird Herbert Kickl als Innenminister entgegengebracht, analysiert der OGM-Experte die 32 Minus-Punkte aus dem April 2019. Auf 36 Plus-Punkte bringt es Kickls ÖVP-Pendant Ernst Strasser im März 2003. („Zu Beginn von Schwarz-Blau galt Strasser noch als Strahlemann. Postenschacher-Vorwürfe ließen ihn später an Vertrauen verlieren, der Tiefpunkt war der Rücktritt als EU-Abgeordneter samt Verurteilung wegen Korruption.“)
Noch höheres Ansehen genießt zur selben Zeit Karl-Heinz Grasser als Finanzminister (Plus 45 Punkte). „In den frühen Nullerjahren war KHG einer der beliebtesten Politiker Österreichs“, erinnert Klotz. Der einzigen Frau, die je dem Finanzressort vorstand, wird im Juli 2013 mit 34 Minus-Punkten das geringste Vertrauen entgegengebracht: Maria Fekter. („Die Schottermitzi vermochte als Finanzministerin nicht zu überzeugen, dafür war ihr Image als Innenministerin schon zu sehr angekratzt.“) Bemerkenswert unbeliebt ist im Dezember 2006 auch ÖVP-Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (43 Minus-Punkte) – Heinz Faßmann genießt im März 2020 indes mit 34 Plus-Punkten das meiste Vertrauen in diesem Amt.
Noch positiver das Image von Josef Pröll (ÖVP) als Landwirtschaftsminister im Jänner 2007 mit 46 Plus-Punkten. Für Klotz hat „kaum jemand den Archetypus des Landwirtschaftsministers so sehr verkörpert wie der Agrarökonom. Glücklos im Amt agierte hingegen Parteikollege Nikolaus Berlakovich mit 42 Minus-Punkten im Juli 2013“.
Glücklos – Stichwort Kaufhaus Österreich – verläuft auch die Amtszeit von ÖVP-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck. Im März 2022 weist der Vertrauensindex 16 Minus-Punkte bei ihr auf. Am anderen Ende steht im März 2003 Parteikollege Martin Bartenstein (40 Plus).
Und das sind die Ergebnisse des aktuellen Vertrauensindex:
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