"Krass genug": Bericht über BVT-Versagen bei Terrorbekämpfung liegt vor

Gedenkstätte zum Terroranschlag am 2. November in Wien
Endbericht über das Versagen des BVT im Vorfeld des Terroranschlags wurde an die Minister übergeben. Versäumnisse wurden "noch deutlicher".

Am  Mittwoch hat die von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadic (Grüne) eingesetzte Untersuchungskommission zur Klärung von allfälligem Behördenversagen im Vorfeld des Terror-Anschlags in der Wiener Innenstadt ihren Endbericht übergeben. Vorsitzende der Kommission ist Ingeborg Zerbes.

Man habe bei der Aufarbeitung zwar nicht „die Smoking Gun gefunden“, die gewonnenen Erkenntnisse wären aber „krass genug“, meint Zerbes.
Einen ersten Zwischenbericht hatte die Kommission kurz vor Weihnachten öffentlich gemacht. Er zeigte schwere Pannen aufseiten des Verfassungsschutzes auf. Die Kommunikation zwischen dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und dem Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) war mangelhaft.

Terrorismusbekämpfer "zu gemächlich"

Weder wurden von den Behörden eine Gefährdungseinschätzung des späteren Attentäters noch allfällige Gegenmaßnahmen besprochen, so dass der 20-Jährige nach seiner vorzeitig bedingten Entlassung aus einer Haftstrafe wegen terroristischer Vereinigung vom Radar der Verfassungsschützer, aber auch der Justiz verschwand. Ein zu gemächliches Agieren, was das Risikopotenzial des jungen IS-Anhängers betrifft und fehlende Informationsweitergabe, speziell an die Staatsanwaltschaft und übergeordnete Stellen wurden bemängelt.

Versäumnisse "noch deutlicher"

Die festgestellten Versäumnisse dürften im Endbericht noch deutlicher hervorkommen, deutete Zerbes im Gespräch mit der APA an. Es hätten sich in personeller, technischer, organisatorischer und struktureller Hinsicht „Fehlleistungen von BVT und LVT“ gezeigt, sagte die Wiener Strafrechtlerin. Bei ihrer Ursachenforschung habe man der Kommission in ihrem Bemühen, die offensichtlich verbesserungswürdige behördeninterne „Meldekultur“ zu beleuchten, durchaus „Hindernisse in den Weg gelegt“, hielt Zerbes fest. So habe sich der genaue Informationsablauf vom BVT zur Generaldirektion für die Öffentliche Sicherheit nicht klären lassen.

Ministerium weist Gerüchte zurück

Unterdessen berichtete das Onlinemedium „zackzack.at“ am Dienstagnachmittag unter Berufung auf ein Mitglied der Kommission, diese habe die Terrorismus-Berichte des BVT an die übergeordneten Stellen nicht erhalten, weil deren Existenz geleugnet würde. Das ließ das Innenministerium nicht gelten. „Alle Berichte, die in diesem Zusammenhang vorlagen, wurden der Kommission selbstverständlich übermittelt. Zu konkreten Ermittlungsschritten gibt es keine Berichte an die Weisungsspitze“, wurde auf APA-Anfrage klargestellt.
Überdies behauptet „zackzack.at“, der kurz vor Weihnachten vorgelegte Zwischenbericht der Kommission sei in Teilen geschwärzt worden, um zu vertuschen, dass Innenminister Nehammer lange vor dem Anschlag wissen hätte müssen, dass der spätere Attentäter Mitglied einer Terror-Zelle war, die in Verbindung mit einer Al-Kaida-Gruppierung im Kosovo Anschläge in Österreich plante. „Wie bereits im Zwischenbericht festgehalten, wird der Innenminister im Vorfeld über konkrete strafprozessuale Ermittlungen nicht informiert. Auch Gefährderlisten werden ihm in diesem Zusammenhang nicht zur Kenntnis gebracht“, hielt dem eine Sprecherin Nehammers entgegen.

Schwärzungen "notwendig"

Zu den vorgenommenen Schwärzungen hatte das Ministerium schon am 23. Dezember erklärt, diese wären notwendigerweise aus datenschutzrechtlichen und nachrichtendienstlichen Gründen erfolgt.

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