Budgetloch doppelt so groß: Dramatischer Anstieg des Konsolidierungsbedarfs

Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ)
Laut Fiskalrat-Chef Christoph Badelt soll sich die Summe, die man einsparen muss, auf zwölf Milliarden erhöhen. Finanzminister Marterbauer warnt vor Teufelskreis.

Zusammenfassung

  • Das Budgetloch im österreichischen Bundeshaushalt wird auf bis zu 12 Milliarden Euro geschätzt, doppelt so hoch wie zuvor angenommen.
  • Die schwächelnde Konjunktur führt zu geringeren Steuereinnahmen und höheren Ausgaben, was das Risiko eines EU-Defizitverfahrens erhöht.
  • Finanzminister Marterbauer warnt vor einem Teufelskreis durch Sparmaßnahmen, die die Konjunktur weiter dämpfen könnten.

Schon seit Wochen wurde daran gezweifelt, dass der Einsparungsbedarf im heimischen Bundeshaushalt bei 6,3 Milliarden Euro eine ausreichende Größe sein wird. Seit Montagabend steht fest: Damit wird es nicht getan sein.

Denn sowohl Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) als auch der Chef des Staatsschuldenausschusses, Christoph Badelt, haben im Budgetausschuss des Nationalrats ihre neuen Berechnungen präsentiert. Und die haben es in sich. Denn das Budgetloch verdoppelt sich nahezu. Entsprechende Berichte von Standard und ORF bestätigte die Parlamentsdirektion.

Drittes Rezessionsjahr in Folge droht

Badelt rechnet mit vier bis fünf Milliarden an weiterem Konsolidierungsbedarf, Marterbauer sogar mit sechs Milliarden. Das macht in Summe alleine heuer bis zu rund 12 Milliarden Euro

Hauptgrund ist die nach wie vor schwächelnde Konjunktur.  Die Österreichische Nationalbank (OeNB) legt dazu heute, Dienstag, ihre neue Prognose vor, die Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS sind dann am Donnerstag dran. Allgemein wird damit gerechnet, dass sie ihre Erwartungen deutlich nach unten schrauben werden.  Im Dezember des Vorjahres sagte die OeNB noch für heuer 0,8 Prozent Wachstum voraus, Wifo und IHS 0,6 bzw. 0,7 Prozent. Nun droht jedoch das dritte Rezessionsjahr in Folge. Im Vorjahr ging das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Österreich laut Statistik Austria um 1,2 Prozent zurück, 2023 war es ein Rückgang von einem Prozent.

Badelt: "Gar nichts ist gut"

Ein Prozentpunkt weniger Wachstum bedeutet laut Badelt und Marterbauer, dass das Defizit um etwa 0,5 Prozentpunkte nach oben schnellt. Das wären 2,5 Milliarden Euro. Auf das BIP umgemünzt wäre das ein neuerlicher Rückgang von zumindest 0,5 Prozent.

Die schwache Konjunktur führt zu deutlich geringeren Steuereinnahmen auf der einen Seite und zugleich höheren Ausgaben (etwa für Arbeitslosigkeit) auf der anderen Seite.

Marterbauer warnt vor "Teufelskreis"

Badelt geht davon aus, dass die Maastricht-Defizitgrenze von 3 Prozent nicht erreicht wird, das Defizit werde wahrscheinlich über 3,5 Prozent liegen. „Es könnte auch sein, dass sich das Defizit mehr den 4 Prozent nähert“, sagte er im Budgetausschuss.  Um dem gegenzusteuern, bräuchte es laut Marterbauer ein weiteres Konsolidierungspaket im Ausmaß des schon beschlossenen. Jedoch warnte der Finanzminister davor. „Wenn wir diesen Effekt behalten, wird die Konjunktur weiter gedämpft und wir haben einen Teufelskreis.“

Es gelte zu überlegen, welche Maßnahmen welche dämpfenden Effekte haben. Die beschlossenen Maßnahmen wie Bankenabgabe, Energiekrisenbeitrag und die Abschaffung der Umsatzsteuerbefreiung für Photovoltaikanlagen hätten geringe bis keine Auswirkungen auf die Konjunktur. Ziel sei, möglichst rasch unter die 3-Prozent-Grenze zu kommen. Dabei bedürfe es einer glaubwürdigen Konsolidierungsstrategie. „Österreich muss demonstrieren, dass wir das Defizit deutlich abbauen wollen“, so Marterbauer. 

Unklar sei die konkrete budgetäre Situation von Bundesländern und Gemeinden.  Mehrere Bundesländer würden  hohe Defizite erwarten, so Marterbauer. Neos-Finanzsprecherin Karin Doppelbauer sprach sich für einen Konsolidierungsbeitrag von Ländern und Gemeinden aus.

Angesichts der prekären finanziellen Lage des Bundes rückt ein EU-Defizitverfahren in greifbare Nähe. Badelt rechnet mit einem solchen für zumindest die nächsten zwei Jahre.  Marterbauer erwartet in diesem Fall keinen Risikoaufschlag auf Zinssätze, solange glaubhaft demonstriert werde, dass das Defizit abgebaut wird. Auch bei einem Defizitverfahren seien alle Entscheidungen weiterhin „in unserer Hand“. Es gelte lediglich, sich mit Brüssel abzustimmen.

Kommentare