Kocher: "Kann mir nicht vorstellen, dass Kurz bewusst die Unwahrheit gesagt hat"
Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) hält es für "viel zu früh", über Konsequenzen der Ermittlungen gegen Kanzler Sebastian Kurz zu spekulieren. "Wir warten jetzt einmal ab was passiert", sagte er Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Er könne sich "beim besten Willen nicht vorstellen, dass er bewusst die Unwahrheit gesagt hat im U-Ausschuss". Eine Neuwahl hält er für "sehr unwahrscheinlich". Leise Kritik übte er an der Opposition ("starke Polarisierung") und den ÖBAG-Chats.
"Der Bundeskanzler hat schon sehr klar Stellung genommen, ich sehe das sehr ähnlich wie er das sieht", machte der Anfang Jänner von Kurz in die Regierung geholte frühere Leiter des Instituts für Höhere Studien (IHS) gleich zu Beginn klar, dass er die ÖVP-Linie mitträgt, auch wenn er kein Parteimitglied ist. Nicht festlegen wollte er sich, ob er im Fall einer Verurteilung einen Rücktritt des Kanzlers für angebracht hielte: Noch gebe es nicht einmal eine Anklage und es gelte die Unschuldsvermutung.
Kocher: Polarisierung zwischen Regierung und Opposition
Etwas zurückhaltender als andere aus der ÖVP-Regierungsriege formulierte Kocher die Kritik an der Opposition: Er glaube "tatsächlich", dass es derzeit eine starke Polarisierung gebe zwischen Regierung und Opposition, "das ist nicht sehr angenehm", man sollte zur Sachpolitik zurückkehren. Diese Polarisierung entstehe auch "mit Anzeigen", konstatierte Kocher "schon ein gewisses System dahinter" - merkte aber auch an, dass wohl in Folge der Corona-Krise derzeit weltweit starke Polarisierung festzustellen sei.
Was die Justiz betrifft, bekannte er sich unumwunden zur Unabhängigkeit. Sie müsse ermitteln wenn Anzeigen - und derzeit kämen da viele aus der Politik - erstattet werden. "Aber die Justiz ermittelt unabhängig. Das ist gut so und soll auch so bleiben." U-Ausschüsse erachte er als "ganz ganz wichtiges demokratisches Instrument", es sei aber wichtig, dass es "sachorientierte Aufklärung" gebe. Er könne aber nicht viel dazu sagen, weil er noch nie bei einem U-Ausschuss gewesen sei.
Schmid-Chats: "Nichts Verwerfliches"
An den Chats rund um die Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Chef sieht Kocher "persönlich nichts Verwerfliches", zum Teil seien sie "nicht ganz elegant", vieles "locker formuliert". Ob sie strafrechtliche Relevanz haben, prüfe die Staatsanwaltschaft.
Gedanken darüber, ob er nach einer allfälligen - von ihm aber nicht erwarteten - Neuwahl Minister bliebe, hat sich Kocher, wie er sagte, noch nicht gemacht. Sein Planungshorizont sei die Legislaturperiode, also 2024 - und er gehe davon aus, dass sie bis zum Ende dauert.
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